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Erstmals entschieden: auch ein fingiertes Arbeitsverhältnis kann verwirken!

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Das LAG Baden-Württemberg musste sich mit dem in der Praxis nicht seltenen Fall befassen, dass sich ein Mitarbeiter darauf beruft, dass aufgrund einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis zwischen diesem und dem Einsatzunternehmen zu Stande gekommen sein soll.

Die Besonderheit des vorliegenden Verfahrens bestand darin, dass sich das Gericht auch damit auseinandersetzen musste, ob der Arbeitnehmer ein solches überhaupt noch geltend machen konnte oder ob das Recht, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, nicht verwirken kann.

Dies bejahte das LAG Baden-Württemberg ausdrücklich für ein Kraft einer gesetzlichen Fiktion zustande gekommenes Arbeitsverhältnis (Urteil v. 4. Juli 2017 – 15 Sa 73/16).

Arbeitnehmerüberlassung in die Automobilbauindustrie

Der Kläger stand in einem Arbeitsverhältnis zu der K GmbH. Vom 1. Januar 2008 wurde der Mitarbeiter bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilbauindustrie, tägig. Die K GmbH verfügt erst seit September 2014 über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Sämtliche vom Kläger während seines Einsatzes bei der Beklagten genutzten Betriebsmittel standen in deren Eigentum. Die Tätigkeit des Mitarbeiters im Hause der Beklagten endete mit Ablauf des 31. März 2014. Ab dem 1. April 2014 wurde er auf Anweisung seines Arbeitgebers wieder im Hause der K GmbH beschäftigt. Dort arbeitete er in der Folgezeit, bis es zu der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die K GmbH mit Schreiben im November 2016 zum 28. Februar 2017 kam.

Keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis

Nachdem der Kläger im Jahr 2014 wieder zur K GmbH zurückbeordert worden war, dachte er längere Zeit darüber nach, ob er das aus seiner Sicht mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis gegenüber dieser geltend machen solle. Zusammen mit einem Kollegen, der in ähnlicher Lage war, fragte er zunächst erfolglos bei der Bundesagentur für Arbeit nach, ob die K GmbH eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis besessen habe.

Nach weiterer Korrespondenz teilte die Bundesagentur für Arbeit mit, dass die Firma K seit dem 5. September 2014 im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung sei, für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 1. April 2014 habe jedoch keine Erlaubnis der Firma festgestellt werden können. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten machte der Kläger gegenüber dieser erstmals mit Zustellung der Klage an diese am 11. Januar 2016 geltend.

Arbeitsvertrag unwirksam

Das LAG Baden-Württemberg stellte fest, dass vom 1. Januar 2008 bis zum 31. März 2014 zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis gem. § 10 Abs. 1 S. 1 AÜG bestanden habe. Denn der Arbeitsvertrag zwischen der K GmbH und dem Kläger sei nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam. Dieser sei bei der Beklagten seit dem 1. Januar 2008 im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung tätig gewesen, ohne dass die K GmbH über eine Erlaubnis nach § 1 AÜG verfügt habe.

Recht zur Berufung auf Arbeitsverhältnis verwirkt?

Für die Zeit vom Januar 2008 bis April 2014 sei das Recht des Klägers, sich auf ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu berufen, nicht durch Verwirkung untergegangen; für die Zeit ab April 2014 bis zum aktuellen Zeitpunkt hingegen schon.

Die Verwirkung sei dabei ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und solle dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Es sei nicht Zweck der Verwirkung, einem Schuldner, der gegenüber einem Gläubiger seine Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht habe, von dessen Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb könne allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen.

Es müssten vielmehr zu dem Zeitmoment besondere Umstände im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigten, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Durch die Verwirkung werde die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Diese diene dabei dem Vertrauensschutz (vgl. BAG v. 13. August 2008 – 7 AZR 269/07).

Verwirkung grundsätzlich möglich

Nach Ansicht des LAG Baden-Württemberg könne das Recht einer Partei, sich darauf zu berufen, zwischen ihr und einer anderen Partei bestehe ein Arbeitsverhältnis oder es habe ein solches bestanden, grundsätzlich verwirken. Soweit der 3. Senat des BAG meine, es könnten nur Rechte aus einem fingierten Arbeitsverhältnis verwirken, nicht aber das Recht selbst, sich auf die gesetzlich angeordnete Fiktion zu berufen, werde dem nicht gefolgt. Denn anderenfalls würden gesetzliche Festlegungen aus zwingendem Recht umgangen werden.

Auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) sei ein gesetzlich geltendes Recht. Die Gründe, aus denen der Gesetzgeber im konkreten Fall den Eintritt einer Fiktion angeordnet habe, könnten ohne weiteres im Rahmen der Prüfung, ob ein Umstandsmoment gegeben sei, berücksichtigt werden. So könne verhindert werden, dass eine vom Gesetzgeber angeordnete Fiktion nicht diejenige Effektivität entfalte, die gesetzlich, ggf. sogar verfassungs- oder europarechtlich geboten sei.

Zeitmoment als Voraussetzung erfüllt

Vorliegend habe sich der Kläger längere Zeit, nämlich seit dem 1. Januar 2008, nicht darauf berufen, in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu stehen. Das Zeitmoment sei damit erfüllt. Dieses sei ebenso gegeben, wenn erst an den 1. April 2014 als das Ende der tatsächlichen Arbeitsleistung des Klägers für die Beklagte angeknüpft werden sollte. Auch dieser Zeitpunkt liege weit, nämlich ein Jahr und neun Monate, vor der erstmaligen Geltendmachung eines Arbeitsverhältnisses gegenüber der Beklagten, nämlich durch Zustellung der hiesigen Klage im Januar 2016.

Umstandsmoment erst später hinzugetreten

Bzgl. des für die Verwirkung gleichsam erforderlichen Umstandsmoments differenziert das LAG Baden-Württemberg hingegen: dieses solle erst für die Zeit ab April 2014 erfüllt sein. Ab diesem Zeitpunkt sei der Kläger unter Umständen untätig geblieben, die bei der Beklagten den Eindruck erweckten, er wolle sein Recht nicht mehr wahrnehmen. Die Beklagte habe sich ab diesem Zeitpunkt darauf einstellen dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Diese Umstände lägen darin, dass sich der Kläger ab diesem Zeitpunkt den arbeitstechnischen Weisungen seiner Vertragsarbeitgeberin, nämlich der K GmbH, unterworfen und sich von dieser in deren Betrieb eingliedern lassen habe.

Fehlende Kenntnis von nicht vorhandener Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis irrelevant

Auf die in diesem Zeitraum fehlende Kenntnis des Klägers von der nicht vorhandenen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis der K GmbH komme es unter diesen Umständen nicht mehr entscheidend an.

Hier liege die schutzwürdige Vertrauensgrundlage der Beklagten nicht allein in der längeren Untätigkeit des Klägers, sondern vielmehr darin, dass angesichts der Abberufung des Klägers eine Veranlassung zur alsbaldigen Geltendmachung seines Rechts bestanden hätte, weil wesentlicher Inhalt eines mit der Beklagten (vermeintlich) bestehenden Arbeitsverhältnisses gewesen sei, in deren Betrieb beschäftigt zu werden, dies dem Kläger ab dem 1. April 2014 aber nicht mehr ermöglicht worden und die Beschäftigung auch nicht nachholbar sei. Dass der Gesichtspunkt, inwieweit eine Veranlassung zur alsbaldigen Geltendmachung bestehe, erheblich sein könne, sei vom BAG grundsätzlich anerkannt (vgl. BAG v. 10.10.2007 – 7 AZR 448/06). Vorliegend war dieser Gesichtspunkt für das LAG Baden-Württemberg sogar ausschlaggebend. Die protestlose Wiedereingliederung des Klägers in den Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin sei geeignet gewesen, ein Vertrauen der Beklagten dahingehend zu begründen, der Kläger akzeptiere, ab diesem Zeitpunkt nicht (mehr) in einem Arbeitsverhältnis mit ihr zu stehen.

Hingegen habe die Beklagte weder aus diesem Verhalten des Klägers noch aus sonstigen Umständen darauf schließen können, er werde hinsichtlich des Zeitraums seines tatsächlichen Einsatzes bei ihr nicht das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend machen. Dass er sich bei der Frage, ob während seiner tatsächlich für sie geleisteten Arbeit ein fingiertes Arbeitsverhältnis bestanden habe, für eine entsprechende Geltendmachung entscheiden würde, sei für sie nicht zu erwarten gewesen.

Keine aktuell erfüllbare, nicht nachholbare Vertragsverpflichtung

Insoweit habe es keine aktuell zu erfüllenden, nicht nachholbaren Vertragspflichten gegeben. Auch der Umstand, dass der Kläger sich nunmehr gegen die Kündigung der K GmbH zur Wehr setze, begründe ein solches Vertrauen nicht. Denn schließlich habe dieser Umstand nichts mit dem abgeschlossenen Zeitraum von Januar 2008 bis Ende März 2014 zu tun.

Die Kammer folgt deshalb der Auffassung, dass die Beklagte nicht davon habe ausgehen dürfen, dass der Kläger sich nicht – jedenfalls für die Zeit seines tatsächlichen Einsatzes – auf eine Fiktion nach dem AÜG berufen werde. Es sei weder von der Beklagten vorgetragen worden oder sonst erkennbar, dass diese im Hinblick auf diesen (abgeschlossenen) Zeitraum schutzwürdige Maßnahmen in der Erwartung getroffen habe, für diesen nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

Auch insoweit bestehe ein Unterschied zu der Zeit danach. Sobald der Kläger nicht mehr in ihrem Betrieb arbeitete, habe die Beklagte ein deutlich höheres Interesse daran, von seinem Anliegen, mit ihr in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, zu erfahren. Denn bei einer entsprechenden Kenntnis hätte die Beklagten den laufenden Sachverhalt beeinflussen können. Insbesondere hätte sie entscheiden können, ob sie ihn tatsächlich weiterbeschäftigen wolle, z.B. statt Einstellung eines anderen Arbeitnehmers oder nach einer Umorganisation der Arbeit. Sie habe ein Interesse daran besessen, nicht mit zusätzlichen Kosten belastet zu werden, ohne wenigstens die Chance zu haben, eine Arbeitsleistung zu erhalten.

Spannende Entscheidung des LAG Baden-Württemberg

Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg ist spannungsgeladen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich das BAG zuletzt eher kritisch geäußert und angedeutet hat, nur eine materiell-rechtliche Verwirkung der Ansprüche aus dem fingierten Arbeitsverhältnis im Einzelfall annehmen zu wollen (vgl. BAG v. 18. Februar 2003 – 3 AZR 160/02; offengelassen: BAG v. 24. Mai 2006 – 7 AZR 365/05; BAG v. 17. Januar 2007 – 7 AZR 23/06; BAG v. 10. Oktober 2007 – 7 AZR 487/06; dazu: Urban-Crell/Germakowski/Bissels/Hurst, § 10 AÜG Rn. 65 ff.).

In diesem Punkt kann dem BAG – mit dem LAG Baden-Württemberg – allerdings nicht gefolgt werden. Der 3. Senat begründet seine Auffassung damit, dass zwar Ansprüche, nicht aber Rechtsverhältnisse verwirken können (vgl. BAG v. 18.02.2003 – 3 AZR 160/02). Dies gelte insbesondere im Hinblick auf Kraft gesetzlicher Anordnung begründete Vertragsverhältnisse. Bei dieser Betrachtungsweise verkennt das BAG jedoch, dass der Bestand des fingierten Arbeitsverhältnisses und die daraus resultierenden Ansprüche eine untrennbare Einheit darstellen.

Dogmatisch begründet sich das Institut der Verwirkung aus dem Vertrauensschutz. Das Vertrauen des illegalen Entleihers kann sich dabei – wie auch sonst – nicht nur auf die Durchsetzbarkeit einzelner Ansprüche, sondern auch auf das Bestehen der Rechtsbeziehung selbst beziehen. Allenfalls kann in derartigen Fällen an die Tatbestandsvoraussetzungen der Verwirkung ein strengerer Maßstab angelegt werden. Hier gilt im Übrigen nichts Anderes als im Zusammenhang mit dem kraft Gesetzes im Fall eines Betriebsüberganges begründeten Arbeitsverhältnisses. Auch im Anwendungsbereich des § 613a BGB ist das Rechtsinstitut der Verwirkung grundsätzlich anerkannt (Urban-Crell/Germakowski/Bissels/Hurst, § 10 AÜG Rn. 66).

Reiner Zeitablauf führt nicht zur Verwirkung

Reiner Zeitablauf führt dabei nicht zur Verwirkung. Welcher Zeitraum für die Annahme des Zeitmoments verstrichen sein muss, ist eine Frage des Einzelfalls. Nach der Instanzrechtsprechung bedarf es einer längeren Untätigkeit des Arbeitnehmers nach Beendigung des Fremdfirmeneinsatzes, durch welche beim Entleiher ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Je nach Einzelfall wurden Zeiträume von 3 und 4 Monaten sowie von einem Jahr als ausreichend erachtet (vgl. Urban-Crell/Germakowski/Bissels/Hurst, § 10 AÜG Rn. 68).

Das Umstandsmoment kann bspw. erfüllt sein, wenn der Zeitarbeitnehmer sein Vertragsverhältnis zum illegalen Verleiher – in Unkenntnis der bereits eingetretenen Unwirksamkeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, 1a oder 1b AÜG – formal beendet. Damit bringt er auch gegenüber dem illegalen Entleiher zum Ausdruck, das Beschäftigungsverhältnis nicht fortführen zu wollen. Letzteres gilt insbesondere dann, wenn der ehemalige Zeitarbeitnehmer eine Arbeitsvertragsbeziehung zu einem unbeteiligten Dritten eingeht.

Keine Verwirkung – weder des Rechts auf Feststellung des Bestandes eines fingierten Arbeitsverhältnisses noch der aus diesem Rechtsverhältnis resultierenden Ansprüche – kommt hingegen in Betracht, solange der Arbeitnehmer an den illegalen Entleiher überlassen ist. Während seiner Einsatzzeit kann beim Kunden kein Vertrauenstatbestand geschaffen werden. Der Einwand der Verwirkung greift auch dann nicht ein, wenn der Arbeitnehmer angesichts der unklaren Rechtslage Ansprüche sowohl gegen den Verleiher als auch gegen den Entleiher geltend macht.

Entsprechendes gilt im Fall des Abschlusses eines Prozessvergleichs über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Verleiher. Einem solchen Vergleich ist nicht die Aussage zu entnehmen, Ansprüche gegen den illegalen Entleiher nicht mehr geltend machen zu wollen (vgl. Urban-Crell/Germakowski/Bissels/Hurst, § 10 AÜG Rn. 70).

Revision zugelassen und eingelegt

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Fragen in Zusammenhang mit der Verwirkung hat das Gericht die Revision zum BAG zugelassen. Diese ist inzwischen eingelegt worden und wird dort unter dem Aktenzeichen 9 AZR 508/17 geführt. Insoweit bleibt es spannend, wie sich das BAG zu der Ansicht des LAG Baden-Württemberg mit dessen differenzierter Auffassung einer Verwirkung nach bestimmten Zeiträumen positionieren wird.

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Vom Pflanzen und Pflücken: Warum Äpfel und Birnen vergleichbar sind

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Das Sozialgericht (SG) Heilbronn hat mit seinem Urteil vom 20.12.2017 (Az.: S 1 R 219/17 – noch nicht rechtskräftig) entschieden, dass ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, wenn eine Erntehelferin abwechselnd geringfügig (für das Pflanzen und Pflegen von Beerensträuchern) und kurzfristig (u.a. für das Pflücken der Beeren) beschäftigt wird. Aus der am 10.01.2018 veröffentlichten Pressemitteilung ergibt sich, dass das Gericht seine Entscheidung maßgeblich darauf stützt, dass diese Tätigkeiten nicht völlig verschiedenartig seien. Daher müsse eine Zusammenrechnung beider Beschäftigungsverhältnisse erfolgen – mit der Folge, dass die Privilegierungen und Vorschriften für „Mini-Jobs“ insgesamt nicht greifen.

Geringfügige Beschäftigung – mehr als nur der „Mini-Job″

Bei dem Stichwort „Geringfügige Beschäftigung“ denken die meisten regelmäßig an den „450-Euro“- bzw. „Mini-Job“. Neben der weithin bekannten Fallgruppe der sog. Entgeltgeringfügigkeit kennt das Gesetz (vgl. § 8 Abs. 1 SGB IV) jedoch auch die sog. Zeitgeringfügigkeit. Dies bedeutet, dass eine geringfügige Beschäftigung – mit den entsprechenden sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Konsequenzen/Vorteilen – auch dann vorliegt, wenn die Tätigkeit nach ihrer Eigenart auf längstens zwei Monate oder aber 50 Arbeitstage innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt zu sein pflegt bzw. im Voraus vertraglich begrenzt ist. Die zeitlichen Grenzen wurden gesetzlich (vgl. § 115 SGB IV) bis jedenfalls 31.12.2018 nach oben gesetzt (3 Monate bzw. 70 Tage binnen eines Kalenderjahres). Eine Zeitgeringfügigkeit liegt jedoch – auch wenn diese zeitlichen Grenzen eingehalten werden – nicht vor, wenn die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und dafür ein Entgelt von mehr als 450 Euro im Monat gewährt wird.

Kompliziert wird es dann, wenn ein Arbeitnehmer mehrere zeit- oder entgeltgeringfügige Beschäftigungen ausübt. Grundsätzlich kann stets nur ein Beschäftigungsverhältnis den Privilegierungen der geringfügigen Beschäftigung unterliegen. Sofern jemand zwei oder mehr (geringfügige) Beschäftigungsverhältnisse begründet hat, ist stets zu prüfen, ob diese gem. § 8 Abs. 2 SGB IVzusammengerechnet werden oder nicht. Dies ist für die Frage der Versicherungspflicht entscheidend. Im Grundsatz erfolgt eine Zusammenrechnung, wenn es sich um gleichartige geringfügige Beschäftigungen handelt, d.h.

  • eine Entgeltgeringfügigkeit wird mit einer weiteren Entgeltgeringfügigkeit zusammengerechnet,
  • eine Zeitgeringfügigkeit wird mit einer weiteren Zeitgeringfügigkeit zusammengerechnet.

Wenn durch die Zusammenrechnung die Grenzen des § 8 Abs. 1 SGB IV überschritten werden, tritt für das gesamte Beschäftigungsverhältnis die Versicherungspflicht ein. Dieses unterliegt dann insgesamt den „normalen“ gesetzlichen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften.

Bei ungleichartigen geringfügigen Beschäftigungen (Zeit- und Entgeltgeringfügigkeit) erfolgt grundsätzlich keine Zusammenrechnung. In diesem Fall ist allerdings nur eines der beiden Beschäftigungsverhältnisse versicherungsfrei. Das jeweils andere unterliegt der Versicherungspflicht. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (vgl. Urteil vom 23.05.1995 – 12 RK 60/93) erfolgt aber auch bei ungleichartigen geringfügigen Beschäftigungen jedoch ausnahmsweise eine Zusammenrechnung, wenn die kurzfristige Beschäftigung (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV) zugleich die Voraussetzungen der entgeltgeringfügigen Beschäftigung (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) erfüllt. Im Zweifel dürfte wiederum eine Gleichartigkeit (zwei entgeltgeringfügige Beschäftigungsverhältnisse) vorliegen. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG darauf abzustellen, ob die Tätigkeit regelmäßig (dann § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) oder nur gelegentlich erfolgt (dann § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).

SG Heilbronn stellt auf die Verschiedenartigkeit der Tätigkeiten ab

Bislang liegt zu der o.g. Entscheidung lediglich die Pressemitteilung des SG Heilbronn vor. Danach geht das Gericht von einer Zusammenrechnung einer entgeltgeringfügigen mit einer zeitgeringfügigen Beschäftigung aus. Hierbei stellt es jedoch – insofern verwunderlich – darauf ab, dass die von der betroffenen Erntehelferin erbrachten Tätigkeiten nicht „völlig verschiedenartig″ gewesen seien. Vielmehr hingen das Pflanzen und das Pflücken der Beeren „notwendigerweise miteinander zusammen“. Da es sich um „einfache Tätigkeiten im Obstanbau“ handle, könnten diese nicht in mehrere Beschäftigungsverhältnisse unterteilt werden.

Soweit sich dies der Pressemitteilung entnehmen lässt, prüft das Gericht nicht, ob die vorliegend auf Basis einer Zeitgeringfügigkeit (Pflücken der Beeren) erbrachten Tätigkeiten gleichsam die Voraussetzungen der Entgeltgeringfügigkeit erfüllt haben oder nicht. Auch gibt die Pressemitteilung keine Hinweise darauf, ob sich das SG Heilbronn der Rechtsprechung des BSG angeschlossen hat oder nicht.

Inhaltliche Abgrenzbarkeit der Tätigkeiten von Relevanz

Soweit ersichtlich, scheint das SG Heilbronn vielmehr danach zu fragen, ob sich die von der Erntehelferin auszuübenden Tätigkeiten inhaltlich, d.h. hinsichtlich der konkret ausgeübten Arbeitsschritte, hinreichend voneinander abgrenzen lassen, um von zwei getrennt zu beurteilenden Beschäftigungsverhältnissen auszugehen.

Die Frage, wie eng zwei Tätigkeiten bzw. Arbeitsschritte miteinander verbunden sind, ist jedoch – soweit ersichtlich – im Rahmen des § 8 Abs. 2 SGB IV irrelevant. Auch ist rein tatsächlich nicht erkennbar, dass es sich um zwei zwingend miteinander verknüpfte Tätigkeiten handelt. Schließlich könnte das Pflücken der Beeren auch von einer anderen Person übernommen werden als das Pflanzen der Sträucher. Zudem dürfte der Zeitpunkt der Ernte (= Pflücken) nicht genau vorhersehbar und damit grundsätzlich nicht regelmäßig i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sein, was wiederum den vom BSG zur Zusammenrechnung entwickelten Grundsätzen entgegenstehen dürfte.

„Verschiedenartigkeit“ der Tätigkeiten als grundsätzlich relevantes Kriterium?

Wie das SG Heilbronn seine Entscheidung im Einzelnen begründet, bleibt bis zur Veröffentlichung der vollständig abgesetzten Gründe abzuwarten. Bis dahin sollten Arbeitgeber, die Mitarbeiter sowohl auf Basis einer Zeit- als auch einer Entgeltgeringfügigkeit beschäftigen, prüfen, inwieweit die Tätigkeiten „verschiedenartig sind“. Die Frage dürfte sich dabei nicht nur im landwirtschaftlichen Bereich, z.B. bei Spargelstechern und Pflanzen des Spargels, stellen. Vielmehr dürften sämtliche Tätigkeitsfelder erfasst sein. Insoweit bleiben die Urteilsgründe der – auf Grundlage der Pressemitteilung jedenfalls als „neuartig″ einzuschätzenden – Entscheidung des SG Heilbronn abzuwarten.

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Equal pay: Aufwendungsersatz als zu berücksichtigendes Entgelt?

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In der Praxis wird überlassenen Zeitarbeitnehmern oftmals ein Aufwendungsersatz, z.B. Fahrgeld oder Verpflegungsmehraufwand (VMA), gewährt. Im Zusammenhang mit den „CGZP-Fällen“ stellt sich die Frage, ob diese Zahlungen im Rahmen der Bestimmung von equal pay als „echtes Entgelt“ zu qualifizieren sind.

Bejahendenfalls hätte dies zur Folge, dass der Aufwendungsersatz im Rahmen der Vergleichsrechnung, ob eine Differenz zwischen der dem überlassenen Arbeitnehmer und der dem Stammbeschäftigten gewährten Vergütung besteht, zugunsten des Zeitarbeitsunternehmens zu berücksichtigen wäre. Eine etwaig bestehende Entgeltdifferenz könnte so folglich verringert werden.

DRV: „Echter“ Aufwendungsersatz ist herauszurechnen 

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat dazu eine klare Meinung: „echter“ Aufwendungsersatz ist „herauszurechnen“ und folglich nicht anspruchserhöhend zu beachten. Rückendeckung bekam die Behörde vom BAG (Urt. v. 13. März 2013 – 5 AZR 294/12). Das LSG Niedersachsen-Bremen folgte dieser Ansicht hingegen nicht und rechnete den Aufwendungsersatz als Entgelt an (Urt. v. 15. Juni 2016 – L 2 R 148/15; dazu: Bissels, jurisPR-ArbR 34/2016 Anm. 5).

Hiergegen legte die DRV Revision ein, so dass der Fall nun beim Bundessozialgericht (BSG) lag (Az. B 12 R 3/16 R). Das Gericht hat die Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen am 18. Januar 2017 aufgehoben und die Berufung des Personaldienstleisters gegen das klageabweisende Urteil des SG Hannover zurückgewiesen.

„Echter Aufwendungsersatz″ ist nicht als weiteres Arbeitsentgelt erhöhend anzurechnen

Dabei stützt sich das BSG nach dem inzwischen veröffentlichten Terminbericht auf folgende Erwägungen:

Die Beitragsbemessung ist weder formal noch in der Sache zu beanstanden. Nach dem seit 01.01.2003 geltenden Recht der Arbeitnehmerüberlassung sind Verleiher im Grundsatz verpflichtet, Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (sog. Grundsatz des equal pay). Beitragspflichtig im Sinne des Entstehungsprinzips ist damit das von der Klägerin den beigeladenen Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung geschuldete, im Betrieb des jeweiligen Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer vorgesehene Arbeitsentgelt von 10,50 € bzw. 13,91 € je Stunde anstatt der gezahlten 10,00 € bzw. 10,50 €. Ein zur Abweichung von dieser Gleichstellung berechtigender Tarifvertrag besteht angesichts der arbeitsgerichtlich festgestellten Tarifunfähigkeit der CGZP und der damit einhergehenden Unwirksamkeit der den Arbeitsverhältnissen zwischen der Klägerin und den beigeladenen Leiharbeitnehmern zugrunde gelegten Tarifverträge nicht. Die von der Klägerin darüber hinaus geleisteten Zuschüsse für Verpflegungsmehr- und Übernachtungsaufwendungen sowie Fahrtkosten sind nicht als weiteres Arbeitsentgelt auf den tatsächlich geleisteten Lohn erhöhend anzurechnen. Hierbei handelt es sich nicht um Gegenleistungen des Arbeitgebers für erbrachte Arbeit, die beim Arbeitnehmer zu einem Vermögenszuwachs geführt haben. Die Zuschüsse kompensieren vielmehr als echter Aufwendungsersatz im Interesse des Verleihers getätigte Aufwendungen, die (nur) dadurch entstanden sind, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung nicht in dessen, sondern auswärts im Betrieb der Entleiher verrichten mussten. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei dem Aufwendungsersatz um verschleiertes Arbeitsentgelt gehandelt haben könnte, sind nicht erkennbar. Auch die festgesetzte Beitragshöhe verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Im Ergebnis hat das BSG damit die bisher herrschende Meinung bestätigt, dass ein „echter Aufwendungsersatz“ im Rahmen der Vergleichsberechnung von equal pay nicht zu berücksichtigen ist. Folglich ist der Betrag auch nicht zugunsten des Personaldienstleisters auf der „Habenseite“ bei der Bestimmung des von ihm an den Zeitarbeitnehmer gewährten Entgelts „gutzuschreiben“.

Auswirkungen über „CGZP-Fälle“ hinaus

Das Urteil des BSG hat dabei nicht nur Auswirkungen auf die „CGZP-Fälle“ und damit die Zeitarbeitsunternehmen, die in der Vergangenheit die entsprechenden Tarifverträge angewendet haben. Vielmehr hat die Entscheidung aus Kassel mit Blick auf die nach der AÜG-Reform 2017 zwingende Geltung des equal pay-Grundsatzes nach dem 9. Einsatzmonat auch höchst aktuelle Konsequenzen – und zwar auf die gesamte Branche bei der richtigen Bestimmung der in die Vergleichsberechnung einzustellenden Größen.

Die weiteren Einzelheiten der Entscheidung entnehmen Sie unserer Januar-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com oder kira.falter@cms-hs.com) oder Nachricht über Xing.

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Fußball: Der Fall Heinz Müller vor dem BAG

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Der befürchtete Präzedenzfall ist ausgeblieben und die Fußballwelt dürfte erleichtert sein: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in dem lang erwarteten Grundsatzurteil die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge im Profifußball bestätigt (Urteil v 16. Januar 2018 – 7 AZR 312/16). Warum dies nicht überraschend kam und welche Auswirkungen die Entscheidung für Befristungen über den Fußball hinaus hat, erläutern wir im Folgenden.

Fußballprofi bei Mainz für 5 Jahre befristet beschäftigt

Der ehemalige Fußballprofi Heinz Müller war bei dem Bundesligaverein 1. FSV Mainz 05 seit 2009 beschäftigt. Die Parteien schlossen zunächst einen auf drei Jahre befristeten Arbeitsvertrag und anschließend einen weiteren, bis zum 30.06.2014 befristeten Arbeitsvertrag. Der letzte Arbeitsvertrag enthielt für beide Seiten die Option, das Arbeitsverhältnis um ein weiteres Jahr zu verlängern. Allerdings nur, sofern Heinz Müller in der Bundesligasaison 2013/2014 auf mindestens 23 Bundesligaeinsätze kommt.

Nach einer Verletzung im Laufe der Bundesligasaison 2013/2014 wurde der Torwart von dem damaligen Mainzer Trainer Thomas Tuchel zu Beginn der Rückrunde vom Trainings- und Spielbetrieb der Profimannschaft ausgeschlossen. Heinz Müller erreichte dadurch nicht die erforderlichen Bundesligaeinsätze für die Verlängerungsoption.

Fußballprofi geht gegen Ausmusterung und Befristung gerichtlich vor

Der Fußballprofi ging ursprünglich lediglich gegen die Ausmusterung vor und begehrte die Weiterbeschäftigung bis zum 30.06.2015 auf Grundlage der Verlängerungsoption sowie entgangene Prämien für die Saison 2013/2014. Erst auf Grund eines Hinweises des Arbeitsgerichts Mainz zur möglichen Unzulässigkeit der Befristung klagte Heinz Müller auch auf Entfristung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht Mainz (Urteil v. 19. März 2015 – 3 Ca 1197/14) befand die Befristung für unwirksam, den Antrag auf Zahlung der entgangenen Prämien wies es jedoch zurück.

LAG erachtet befristete Arbeitsverträge im Profifußball als branchenüblich und zulässig

Das LAG Rheinland-Pfalz sah dies anders und hielt die im Profifußball branchenübliche Befristung von Arbeitsverhältnissen wegen des Sachgrundes der Eigenart der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG) für zulässig (Urteil v. 17. Februar 2016 – 4 Sa 202/15).

Das LAG begründete dies im Wesentlichen mit der bei Vertragsabschluss ungewissen Dauer der Leistungs- und Einsatzfähigkeit von Profisportlern. Weiterhin erfordere es der sportliche Wettbewerb, dass jede Profimannschaft über eine ausgewogene Altersstruktur verfüge. Ferner habe das Publikum ein Bedürfnis nach Abwechslung bei der Besetzung des Profikaders und verlange regelmäßig neue Leistungsträger. Auch die weiteren Anträge (Weiterbeschäftigung bis 30.06.2015 und entgangene Prämien) wies das Gericht ab. Das LAG war sich indes der Tragweite der Entscheidung bewusst und ließ daher die Revision zum BAG zu.

Die Entscheidung des BAG – Bestätigung der Entscheidung des LAG

Die vom Kläger eingelegte Revision zum BAG hatte keinen Erfolg. Ebenso wie das LAG Rheinland-Pfalz kam der Siebte Senat des BAG zu dem Ergebnis, dass die im Arbeitsvertrag des ehemaligen Fußballprofis enthaltene Befristung wirksam ist. Denn die Befristung sei wegen der „Eigenart der Arbeitsleistung″ nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.

Zur Begründung führte das BAG in der vorliegenden Pressemitteilung aus, dass im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet würden. Und eben diese könne ein Profifußballer nur für eine begrenzte Zeit erbringen. Dies sei eine Besonderheit des Profisports, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründe.

Da der Kläger zudem nur in zehn Bundesligaspielen der Hinrunde der Saison 2013/2014 eingesetzt wurde, seien die Voraussetzungen der Verlängerungsoption und des geltend gemachten Prämienanspruchs für die Spiele der Rückrunde nicht erfüllt. Der Beklagte habe die Erfüllung dieser Voraussetzungen auch nicht treuwidrig vereitelt.

Mit seiner Entscheidung folgt das BAG damit dem LAG nicht nur im Ergebnis, sondern wohl auch in den Gründen.

Urteil des BAG unter dem Gesichtspunkt der Verschleißgefahr nicht überraschend

Das Urteil ist alles andere als überraschend und auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BAG zur „Verschleißgefahr″ im Profisport. Denn das BAG hatte bereits im Jahr 1998 entschieden, dass die Befristung des Arbeitsvertrages eines Sporttrainers sachlich gerechtfertigt sein kann, wenn mit der Aufgabe, Spitzensportler oder besonders talentierte Nachwuchssportler zu betreuen, die Gefahr verbunden ist, dass die Fähigkeit des Trainers zur weiteren Motivation der anvertrauten Sportler regelmäßig nachlässt (Urteil v. 29. Oktober 1998 – 7 AZR 436/97).

Präzedenzfall blieb aus

Der von der Fußballwelt befürchtete Präzedenzfall blieb letztlich aus. Ein Ende der gängigen Praxis der Befristung von Lizenzspielerverträgen wird es auf absehbare Zeit daher nicht geben.

Welche Reichweite das Urteil hat, ob es beispielsweise nur für die Lizenzspieler der 1. und 2. Bundesliga oder auch für unterklassige Ligen oder andere Sportarten gilt, ist bislang allerdings noch nicht geklärt. Möglicherweise werden die bis jetzt noch nicht veröffentlichten Entscheidungsgründe des BAG hierzu noch Hinweise liefern.

Für die Praxis interessant dürften die Entscheidungsgründe des BAG darüber hinaus vor allem deshalb sein, weil bislang eine Befristung aufgrund der „Eigenart der Arbeitsleistung″ nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG vornehmlich bei künstlerischen oder gestalterischen Tätigkeiten im Rundfunk anerkannt wurde. Die in der Pressemitteilung des BAG zusammengefassten Urteilsgründe deuten zumindest an, dass das BAG den Anwendungsbereich des Befristungsgrundes „Eigenart der Arbeitsleistung″ in Zukunft auch außerhalb der genannten Branchen etwas großzügiger zur Anwendung bringen könnte.

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Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz

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Das „Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen″ (kurz: „Entgelttransparenzgesetz″), ist am 06. Juli 2017 in Kraft getreten. Es bündelt einige Regelungen und Vorgaben, die ohnehin bereits im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, dem Grundgesetz und im europäischen Recht (u. a. in Art. 157 AEUV) geregelt waren.

Es soll ausweislich der Gesetzesbegründung insbesondere die sog. „bereinigte Entgeltlücke″ zwischen Männern und Frauen (= Lohnunterschied trotz vergleichbarer Qualifikation und Tätigkeit) schließen. Im Jahre 2016 lag diese nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes noch bei 6 bis 7%.

Bisher nur geringfügige Relevanz in betrieblicher Praxis

Das Gesetz ist zwar bereits Mitte letzten Jahres in Kraft getreten, hat allerdings in der betrieblichen Praxis bislang kaum eine Rolle gespielt. Das verwundert, weil es insbesondere in § 4 Abs. 4 (Anforderung zur benachteiligungsfreien Ausgestaltung von Entgeltsystemen), § 10 Abs. 1 (Auskunftsanspruch für Arbeitnehmer/innen) und § 21 Abs. 1 (Berichtspflicht im Lagebericht) Vorgaben macht, die vor allem für tarifungebundene Arbeitgeber hohe bürokratische Hürden darstellen.

Die bisher eher geringe praktische Relevanz des Gesetzes lässt sich sicherlich auch damit erklären, dass der Auskunftsanspruch gemäß § 10 ff EntgTranspG erst seit dem 06. Januar 2018 geltend gemacht werden kann.

Entgelttransparenzgesetz sorgt für hohen bürokratischen Aufwand

Der Gesetzgeber schätzt den wirtschaftlichen Aufwand für die Gesamtwirtschaft auf ca. 3 Millionen Euro. Der bürokratische Aufwand dürfte aber deutlich höher liegen. So geht der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung davon aus, dass alleine vom Auskunftsanspruch mehr als 14 Millionen Beschäftigte betroffen sind. Er rechnet pauschal damit, dass etwa ein Prozent der Mitarbeiter auch tatsächlich eine Auskunft verlangt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dies grundsätzlich nur alle zwei Jahre möglich ist, ergäben sich dabei ca. 70.000 Anfragen pro Jahr.

Gerade nicht tarifgebundenen Arbeitgebern mit Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten ist daher anzuraten, sich spätestens jetzt mit den Anforderungen des Gesetzes zu befassen. Denn ab dem 06. Januar 2018 müssen diese Arbeitgeber Beschäftigten Auskunft über den Median des Bruttomonatsentgelts und bis zu zwei weiteren Entgeltbestandteilen geben, sofern mindestens sechs Arbeitnehmer des anderen Geschlechts eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit ausführen. Auf entsprechende Auskunftsverlangen sollten sich Unternehmen vorbereiten, denn die Rechtsfolgen unterlassener Auskünfte sind bislang noch nicht abschließend geklärt.

Für tarifgebundene und tarifanwendende Unternehmen gibt es insoweit jedoch vereinfachte Verfahren: Sie müssen lediglich die tarifvertraglichen Entgeltregelungen nennen und mitteilen, wo diese einzusehen sind.

Ansprechpartner für das Auskunftsverlangen: Betriebsrat oder Arbeitgeber

In tarifgebundenen und tarifanwendenden Unternehmen ist grundsätzlich der Betriebsrat Ansprechpartner für die Arbeitnehmer. Der Betriebsrat kann jedoch verlangen, dass der Arbeitgeber diese Aufgabe übernimmt bzw. der Arbeitgeber kann die Aufgabe auch von sich aus an sich ziehen (siehe im Einzelnen § 14 EntgTranspG). In nicht tarifgebundenen und nicht tarifanwendenden Unternehmen ist nach dem Gesetz der Arbeitgeber erster Ansprechpartner, sofern kein Betriebsrat besteht. Ist das der Fall, gilt dasselbe wie bei tarifgebundenen/-anwendenden Arbeitgebern.

Sowohl in tarifgebundenen als auch in nicht tarifgebundenen Unternehmen gilt: Es kann nur delegiert werden, wenn die Übernahmeerklärung dem anderen Betriebspartner bereits vor dem Auskunftsverlangen zugegangen ist. Die Übernahme gilt im Übrigen längstens für die Amtszeit des amtierenden Betriebsrats. Die Betriebsparteien müssen sich gegenseitig über eingehende Auskunftsverlangen und Antworten informieren, die Mitarbeiter müssen erfahren, an wen sie sich wenden dürfen.

In unseren zwei Info-Beiträgen geben wir zunächst einen Überblick über das Entgelttransparenzgesetz und gehen im Anschluss auf die Details zum Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz ein.

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Details zum Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz

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Die bisher eher geringe praktische Relevanz des Entgelttransparenzgesetzes dürfte sich im Laufe des Jahres ändern. Denn seit dem 06. Januar 5018 kann der Auskunftsanspruch gemäß § 10 ff EntgTranspG geltend gemacht werden.

Entgelt im Sinne des Entgelttransparenzgesetzes

Nach § 5 Abs. 1 EntgTranspG sind Entgelte im Sinne dieses Gesetzes alle Grund- oder Mindestarbeitsentgelte sowie alle sonstigen Vergütungen, die unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gewährt werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH muss das Entgelt zudem vom Arbeitgeber bereitgestellt werden.

Unerheblich ist, ob das Entgelt oder der einzelne Entgeltbestandteil Gegenstand einer Betriebsvereinbarung ist, individual- oder tarifvertraglich vereinbart, qua Gesetz, aufgrund betrieblicher Übung oder freiwillig gewährt wird. Im Einzelnen umfasst der Entgeltbegriff:

  1. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall,
  2. Leistungen während der Mutterschutzzeiten,
  3. Sondervergütungen, wie Prämien, Weihnachts- und Urlaubsgeld,
  4. Aktienoptionen und ein Long-Term-Incentive-Plan des Arbeitgebers,
  5. Zuschüsse zu Direkt- und Unfallversicherungen und zum Krankengeld,
  6. Zulagen, wie beispielsweise für ungünstige Arbeitszeiten, Erschwerniszuschläge,
  7. Mehrarbeitsvergütung,
  8. geldwerte Sachleistungen, wie Personalrabatte in der Kantine, Firmenzuschüsse bei einem Fitnessstudio, die vergünstigte Nutzung von Betriebseinrichtungen,
  9. Ersatz von Schulungskosten von Betriebsratsmitgliedern,
  10. betriebliche Hinterbliebenenversorgung,
  11. bezahlte Freistellung wegen des Alters,
  12. Leistungen, die aufgrund eines betrieblichen Altersversorgungssystems durch einen Dritten gewährt werden

Problematisch kann im Einzelfall der Wert eines Entgeltbestandteils (z.B. einer Aktienoption) sein. Bei Sachleistungen, wie beispielsweise einer privaten Dienstwagennutzungserlaubnis, dem Betriebskindergarten, der Sportmöglichkeit, dem Essenszuschuss oder dem Fahrtgeld, wird der entsprechende finanzielle Wert des Arbeitgeberanteils anzusetzen sein. Bei Aktienoptionen beispielsweise besteht der geldwerte Vorteil in dem Differenzbetrag zwischen dem Vorzugs- und dem fremdüblichen Bezugspreis. Bei einem Dienstwagen, der auch zur Privatnutzung überlassen wird, setzt sich der geldwerte Vorteil aus dem Wert des Wagens (1% des Bruttolistenpreises des Wagens) zzgl. eines Entfernungszuschlags (Bruttolistenpreis des Wagens x 0,03% x Entfernungskilometer) zusammen. Bei einer Bonuszahlung aufgrund einer Zielvereinbarung, die im Ermessen des Arbeitgebers steht, werden hingegen nur die Faktoren zur Zusammensetzung des Bonus vom Auskunftsanspruch umfasst.

Nicht einzubeziehen sind Krankengeld, Elterngeld oder Kurzarbeitsentgelt. Dies sind lediglich Leistungen mit Entgeltersatzfunktion, die aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses vom Staat oder der Krankenkasse gewährt werden.

Wann eine Tätigkeit vergleichbar ist

Der Auskunftsanspruch besteht im Hinblick auf das Entgelt für eine vergleichbare Tätigkeit, die von mindestens sechs Personen einer Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts ausgeübt wird. Jedoch gestaltet sich die Bestimmung, wann vergleichbare Arbeit vorliegt, mangels eindeutiger gesetzlicher Vorgaben schwierig.

Grundsätzlich gilt: Eine Tätigkeit ist vergleichbar, wenn die Arbeit gleich oder gleichwertig ist. Die Arbeit eines Beschäftigten ist demnach gleich, wenn er tatsächlich eine identische oder gleichartige Tätigkeit ausführt. Dies wird selten der Fall sein. Wenn keine gleiche Arbeit vorliegt, kann die Vergleichbarkeit nur aufgrund gleichwertiger Arbeit bestehen.

Die Prüfung, ob gleichwertige Arbeit vorliegt, bereitet aufgrund der abstrakten gesetzlichen Vorgaben erhebliche Probleme. Gleichwertige Arbeit liegt vor, wenn Beschäftigte als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden können. Tarifgebundene Arbeitgeber können sich dabei auf Beschäftigte derselben Entgeltgruppe beziehen. Außerhalb der Bindung von Tarifverträgen sind die tatsächlichen objektiven Faktoren der Tätigkeit zu betrachten. Dazu zählen insbesondere die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen und die Arbeitsbedingungen.

Zwar kann diese Definition, aufgrund ihrer Abstraktheit branchen- und berufsunabhängig angewendet werden. Jedoch birgt ebendiese Abstraktheit auch den Nachteil, dass die Bestimmung, ob eine gleichwertige Arbeit vorliegt, nur schwer rechtssicher getroffen werden kann. Nicht festgelegt ist insbesondere, wie die zu beurteilenden Faktoren zu gewichten sind. Weiterhin ist nicht bestimmt, welcher Grad an Unterschieden erforderlich bzw. ausreichend ist, um eine gleichwertige Arbeit zu verneinen.

Aufgrund der unbestimmten Definition und der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit ist eine überzeugende und belastbare Argumentation für bzw. gegen eine Vergleichbarkeit der Beschäftigten unerlässlich.

Wie wird das Vergleichsentgelt (Median) ermittelt?

Der Arbeitgeber hat auf das Auskunftsverlangen hin das Vergleichsentgelt der Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts mitzuteilen. Hier ist Vorsicht geboten, denn mit „Vergleichsentgelt″ meint das Gesetz nicht das Durchschnittsentgelt (arithmetisches Mittel), das Beschäftigte des anderen Geschlechts für eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit erhalten. Die Gehälter der Vergleichsgruppe zu addieren und die Gesamtsumme anschließend durch die Anzahl der Mitglieder der Vergleichsgruppe zu dividieren, führt daher nicht zu dem Auskunftsinhalt, den das Entgelttransparenzgesetz fordert.

Mitzuteilen ist vielmehr der so genannte statistische Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts der Vergleichsgruppe im Laufe eines Kalenderjahres. Hierbei handelt es sich um das Entgelt des Mitarbeiters, das bei einer absteigenden Aufstellung der Entgelthöhe der Mitglieder der Vergleichsgruppe in der mittleren Position steht und damit den Mittelwert bildet. Bei einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern der Vergleichsgruppe ist der Median daher das Entgelt des Mitarbeiters, dessen Gehaltshöhe genau in der Mitte liegt. Besteht die Vergleichsgruppe aus einer geraden Anzahl an Mitgliedern, liegt der Median zwischen den Entgelten der beiden Mitarbeiter, die hinsichtlich der Gehaltshöhe gemeinsam den mittleren Bereich abbilden.

Die Berechnung dieses Medians stellt den Rechtsanwender vor praktische Probleme. Erleichterungen gelten auch hier für tarifgebundene oder tarifanwendende Arbeitgeber, denen ein Bezug zur jeweiligen Entgeltgruppe des Auskunft begehrenden Arbeitnehmers möglich ist. Alle übrigen Unternehmen stehen der Herausforderung gegenüber, nach Festlegung der maß-geblichen Vergleichsgruppe den Mittelwert aus den Entgelten aller Mitarbeiter dieser Vergleichsgruppe zu bestimmen.

Form- und Fristvorgaben für das Auskunftsverlangen

Arbeitnehmer müssen ihr Auskunftsverlangen in Textform geltend machen. In nicht tarifgebundenen und nicht tarifanwendenden Unternehmen muss der Arbeitgeber die Auskünfte innerhalb von drei Monaten nach Zugang des Auskunftsverlangens ebenfalls in Textform erteilen.

Für tarifgebundene und tarifanwendende Unternehmen gibt es hingegen keinerlei Form- und Fristvorgaben. Dennoch erscheint es ratsam, sich zu Beweiszwecken und um gerichtliche Streitigkeiten zu vermeiden an den Vorgaben für tarifungebundene Unternehmen zu orientieren.

Folgen nicht erteilter Auskünfte

Für nicht tarifgebundene und nicht tarifanwendende Arbeitgeber regelt das EntgTranspG in § 15 Abs. 5, dass der Arbeitgeber bei Unterlassen des Auskunftsanspruchs im Streitfall die Beweislast dafür trägt, dass kein Verstoß gegen das Entgeltgleichheitsgebot vorliegt. Dies gilt auch, wenn der Betriebsrat aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, die Auskunft nicht erteilen konnte. Für tarifgebundene bzw. tarifanwendende Unternehmen gibt der Gesetzgeber keine Umkehr der Beweislast vor.

In unseren zwei Info-Beiträgen geben wir zunächst einen Überblick über das Entgelttransparenzgesetz und gehen im Anschluss auf die Details zum Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz ein.

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Tarifkonflikt in der Metall- und Elektrobranche spitzt sich zu

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Im Oktober letzten Jahres hat die IG Metall ihre Forderungen für die Tarifrunde 2018 beschlossen, die aktuell in vollem Gang ist. Neben einer Lohnerhöhung von 6 % fordert die Gewerkschaft ein Recht der Arbeitnehmer auf flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit. Dabei soll Mitarbeitern ein Recht auf Verkürzung ihrer Arbeitszeit für die Dauer von maximal zwei Jahren bis zu einem Minimalumfang von 28 Stunden zustehen, verbunden mit einem garantierten Rückkehrrecht zur Vollzeit. Bestimmte Mitarbeitergruppen, nämlich Schichtarbeiter, pflegende Angehörige und Eltern kleiner Kinder, sollen für die Dauer der Arbeitszeitreduzierung einen teilweisen Lohnausgleich durch den Arbeitgeber erhalten.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat die IG Metall seit einigen Tagen bundesweit zu Warnstreiks aufgerufen. Die Arbeitgeber gehen ihrerseits gegen die Streiks juristisch vor. So sind bereits mehrere Arbeitsgerichte im Rahmen von Eilverfahren und Klageverfahren (Hauptsacheverfahren) mit der Thematik befasst. Im Mittelpunkt steht jeweils die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Arbeitskampfmaßnahmen. 

Tarifbezogenheit des Streikziels

Von entscheidender Bedeutung für die Rechtmäßigkeit der aktuellen Warnstreiks ist das verfolgte Streikziel. Denn Arbeitskämpfe dürfen nur zur Erzwingung solcher Forderungen geführt werden, die anschließend auch Gegenstand eines Tarifvertrages sein können. Verfolgt die Gewerkschaft (auch) die Durchsetzung einer tarifwidrigen Forderung, bedingt dies die Rechtswidrigkeit des gesamten Streiks. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um eine zentrale Forderung handelt (BAG v. 26. Juli 2016 – 1 AZR 160/14, Rn. 50 ff.).

Zu Zweifeln führt hier die verlautbarte Streikforderung nach der Möglichkeit einer befristeten Arbeitszeitverkürzung mit Teillohnausgleich und verbrieftem Recht auf Rückkehr zur Vollzeit. In den Mittelpunkt rückt die Frage einer Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten untereinander, die nach Auffassung der Arbeitgeberverbände durch ein solches „Teilzeit-Parallelsystem″ geschaffen würde. Ein Arbeitnehmer, der von seinem Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG Gebrauch macht, muss die damit verbundene anteilige Gehaltsreduzierung ohne Anspruch auf Lohnausgleich und ohne gesicherte Möglichkeit einer zukünftigen Vollzeitbeschäftigung hinnehmen. Dasselbe gilt für Arbeitnehmer, die in der Metall- und Elektroindustrie beschäftigt sind, ihre Arbeitszeit aber auf weniger als 28 Wochenstunden reduzieren möchten oder aus bestimmten Gründen müssen.

Dagegen könnte sich der nach dem Konzept der IG Metall teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter auf einen teilweisen Ausgleich seiner Gehaltsreduzierung und einen Anspruch auf Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung verlassen. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz lässt zwar grundsätzlich Abweichungen zu Gunsten des Arbeitnehmers zu; gleichzeitig sind die Tarifparteien aber an die geltenden Diskriminierungsverbote gebunden (zuletzt LAG Hessen v. 22. November 2016 – 16 SaGa 1459/16, Rn. 57). Die Gewerkschaft hält mit dem Argument dagegen, die Ungleichbehandlung sei jedenfalls gerechtfertigt, um die Metallbranche für Arbeitnehmer attraktiver zu machen und so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Alles eine Frage der Verhältnismäßigkeit?

Warnstreiks, die bereits während der Tarifverhandlungen und vor einem regulären Erzwingungsstreik aufgenommen werden, sind für Gewerkschaften attraktiv Mit vergleichsweise geringem Aufwand können sie öffentlichkeitswirksam erheblichen Druck auf die Arbeitgeberseite ausüben. Die IG Metall setzt hier erstmals auf eine 24-Stunden-Strategie – einem für Warnstreiks vergleichsweise langen Zeitkorridor. Aber auch Warnstreiks müssen verhältnismäßig sein, um ein zulässiges Arbeitskampfmittel darzustellen.

Dies setzt voraus, dass die Art der Durchführung und die Intensität der einzelnen Streikmaßnahmen nicht unverhältnismäßig sind. Werden durch den Warnstreik gegenläufige, verfassungsmäßig geschützte Rechtspositionen unangemessen beeinträchtigt, ist der Zulässigkeitsrahmen überschritten. Klare Vorgaben für die Grenzen der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder Rechtsprechung fehlen; das zuständige Gericht hat eine Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen.

Untersagung eines Streiks: Die hohen Hürden des einstweiligen Verfügungsverfahrens

 Die Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens (Eilverfahren) ist für Arbeitgeber meist der effektivste Weg, um gegen beabsichtigte Streikmaßnahmen vorzugehen. Denn die Entscheidung im Hauptsacheverfahren kommt regelmäßig zu spät und kann nur noch Folgeansprüche aus dem Streik (insbesondere Schadensersatzansprüche wegen Produktionsausfall) regeln. Das einstweilige Verfügungsverfahren bietet dann die einzige Möglichkeit, einen geplanten Streik zu verhindern.

Doch die Anforderungen an eine Unterlassungsverfügung im Eilverfahren vor den Arbeitsgerichten sind hoch. Die endgültige Untersagung eines geplanten Streiks im einstweiligen Verfügungsverfahren erfordert, dass die geplanten Arbeitskampfmaßnahmen nach einer summarischen rechtlichen Prüfung eindeutig oder offenkundig rechtswidrig sind. Zum anderen muss die Untersagung des Streiks notwendig erscheinen, um wesentliche rechtliche Nachteile abzuwenden.

Diese Voraussetzungen sah das Arbeitsgericht Krefeld (1 Ga 1/18) nicht als erfüllt an, um einen für den 1. Februar 2018 geplanten Warnstreik der IG Metall in einem Betrieb in Viersen zu untersagen. Die Rechtswidrigkeit der Forderung nach einem teilweisen Lohnausgleich bei Arbeitszeitreduzierung sei nicht eindeutig dargelegt. Jedenfalls sei nicht offensichtlich, dass ein 24 Stunden andauernder Streik zu einer unzumutbaren Belastung des betroffenen Arbeitgebers führe.

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt auch das Arbeitsgericht Nürnberg (5 Ga 24/18). Es hält fest, dass eine Ungleichbehandlung durch den geforderten Lohnausgleich anzunehmen ist, die jedoch gerechtfertigt sein könnte. Eine sachliche Rechtfertigung fehle jedenfalls nicht „in offensichtlicher Art und Weise″.

Anfang dieser Woche sollen die Verhandlungen fortgesetzt werden. Dabei entscheidet sich wohl auch, ob eine Einigung erzielt, oder die Streikmaßnahmen ausgedehnt werden.

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Mitbestimmungsfreiheit in der Medienbranche unter Beschuss

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Wir haben in diesem Blog umfangreich über das von Herrn Erzberger angestrengte Statusverfahren hinsichtlich der Besetzung des Aufsichtsrats bei TUI berichtet. Letztendlich hatte das Kammergericht nach einer Vorlage beim EuGH den Antrag von Herrn Erzberger zurückgewiesen und entschieden, dass der Aufsichtsrat richtig zusammengesetzt war (KG, Beschluss vom 02. November 2017 – 14 W 89/15). Die im EU-Ausland beschäftigten Arbeitnehmer waren an den Wahlen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat weder aktiv noch passiv wahlberechtigt und daher zu Recht unberücksichtigt geblieben.

Herr Erzberger scheint das Mitbestimmungsrecht nun als seine „Spielwiese″ entdeckt zu haben. Am 01. November 2017 reichte er einen Antrag beim Landgericht München ein. Mit diesem rügt er die Zusammensetzung des Aufsichtsrats der ProSiebenSat.1 Media SE. Bei der ProSiebenSat.1 Media SE sitzen im Aufsichtsrat keine Arbeitnehmervertreter, obgleich das Unternehmen in Deutschland erheblich mehr als in der Regel 2.000 Beschäftigte zählt.

Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE

Die SE (Societas Europaea) ist eine europäische Rechtsform. Die Arbeitnehmermitbestimmung richtet sich nach den Vorgaben der Richtlinie über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE-Richtlinie, RL 2001/86/EG) sowie des deutschen Umsetzungsgesetzes über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer europäischen Gesellschaft (SE-Beteiligungsgesetz – SEBG). Da es sich bei der SE um eine europäische Rechtsform handelt, gelten die deutschen Mitbestimmungsgesetze (insb. das Mitbestimmungsgesetz und das Drittelbeteiligungsgesetz) nicht.

Vielmehr sind die Leitungen der an der Gründung einer SE beteiligten Gesellschaften verpflichtet, mit den Arbeitnehmern im Gründungsverfahren über die Mitbestimmung in der künftigen SE zu verhandeln. Auf Arbeitnehmerseite werden die Verhandlungen von einem Besonderen Verhandlungsgremium (BVG) geführt, das sich aus Vertretern der Arbeitnehmer zusammensetzt. Dabei werden für jeden EU/EWR-Mitgliedsstaat, in dem die beteiligten Gesellschaften Arbeitnehmer beschäftigen, Vertreter gewählt oder bestellt.

Die Anzahl der Vertreter eines EU/EWR-Mitgliedsstaats im BVG hängt davon ab, welchen Anteil die Beschäftigten des betreffenden Landes an der Gesamtzahl der in der EU/im EWR beschäftigten Arbeitnehmer ausmachen. Nach der Wahl oder Bestellung der BVG-Mitglieder sind zwischen dem BVG und den Leitungen Verhandlungen über die Ausgestaltung der Mitbestimmung in der SE zu führen. Für diese Verhandlungen ist gesetzlich eine Maximaldauer von sechs Monaten vorgesehen, wobei die Verhandlungsdauer von den Leitungen und dem BVG einvernehmlich auf ein Jahr verlängert werden kann (§ 20 SEBG).

Abschluss der Verhandlungen mit verschiedenem Ergebnis möglich

Die Verhandlungen zwischen den Leitungen und dem BVG können grundsätzlich mit drei Ergebnissen enden: (1) Dem Abschluss einer Beteiligungsvereinbarung, (2) dem Ablauf der Verhandlungsfrist ohne Einigung, oder aber (3) dem Beschluss des BVG.

Abschluss einer Beteiligungsvereinbarung

In diesem Fall richtet sich die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der SE künftig nach den Maßgaben dieser Vereinbarung (§ 21 Abs. 3 SEBG). Bei der Ausgestaltung der Arbeitnehmermitbestimmung in der Beteiligungsvereinbarung sind die Parteien weitgehend frei. Die Beteiligungsvereinbarung soll Regelungen zur Zahl der Mitglieder des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans der SE, zum Verfahren, nach dem diese Mitglieder gewählt oder bestellt werden sowie zu den Rechten dieser Mitglieder enthalten. Die Leitungen und das BVG sind rechtlich nicht verpflichtet, eine Beteiligungsvereinbarung abzuschließen.

Ablauf der Verhandlungsfrist ohne Einigung

In diesem Fall greift die sog. „Auffanglösung″ ein. Dies bedeutet, dass es grundsätzlich bei den Mitbestimmungsrechten bleibt, die die Arbeitnehmer vor der SE-Gründung hatten. Diese Rechte werden sprichwörtlich „eingefroren″. Wird eine SE durch formwechselnde Umwandlung einer Aktiengesellschaft (AG) gegründet, bedeutet dies, dass die Regelung zur Mitbestimmung erhalten bleibt, wie sie in der AG vor der Umwandlung bestanden hat (§ 35 Abs. 1 SEBG). Bei einer Gründung der SE durch Verschmelzung oder Gründung einer Holding-SE bzw. Tochter-SE bemisst sich die Zahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan nach dem höchsten Anteil an Arbeitnehmervertretern, der in den Organen der beteiligten Gesellschaften vor der Eintragung der SE bestanden hat (§ 35 Abs. 2 SEBG).

Beschluss des BVG keine Verhandlungen aufzunehmen oder bereits begonnen Verhandlungen abzubrechen

In diesem (in der Praxis seltenen) Fall wird das Verhandlungsverfahren beendet und die SE bleibt mitbestimmungsfrei. Wird die SE durch formwechselnde Umwandlung einer AG gegründet, besteht diese Möglichkeit allerdings nicht. Das BVG kann in diesem Fall keinen solchen Beschluss fassen, wenn den Arbeitnehmern der umzuwandelnden Gesellschaft (bislang) Mitbestimmungsrechte zustehen (§ 16 Abs. 3 SEBG). Die Folge ist, dass bei einer formwechselnden Umwandlung einer mitbestimmten Gesellschaft ohne Abschluss einer Beteiligungsvereinbarung stets die „Auffanglösung″ eingreift.

„Vorher-Nachher-Prinzip″ bei der SE

Bei der Gründung einer SE gilt somit das sog. „Vorher-Nachher-Prinzip″. Sofern sich die Gesellschaft nicht in den Verhandlungen darauf einlässt (was in der Praxis kaum vorkommen dürfte), entsteht durch die Gründung einer SE nie „mehr″ Mitbestimmung, als man bislang hatte. Vielmehr kann das bestehende Mitbestimmungsstatut eingefroren werden.

Fällt etwa ein Unternehmen (gerade noch) in den Geltungsbereich des Drittelbeteiligungsgesetzes und beschäftigt zwischen 500 und 2.000 Arbeitnehmer, ist der Aufsichtsrat zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern besetzt (sog. Drittelparität). Werden in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt, greift bei Anwendbarkeit des Mitbestimmungsgesetzes die sog. paritätische Mitbestimmung. Hier besteht der Aufsichtsrat zur Hälfte aus Arbeitnehmervertretern. Wird die SE also gegründet, bevor eine Rechtspflicht zur paritätischen Mitbestimmung entsteht, kann die Drittelparität im Aufsichtsrat auf Dauer eingefroren werden. Auch bei einem Anwachsen der Beschäftigtenzahlen auf in der Regel mehr als 2.000 Arbeitnehmer bleibt es dann dabei, dass der Aufsichtsrat der SE nur zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern besetzt ist. Damit kann die SE als Instrument zur Mitbestimmungsvermeidung genutzt werden.

Mitbestimmungsfreiheit bei Tendenzunternehmen

Eine Besonderheit gibt es bei sogenannten Tendenzunternehmen. Sowohl im Drittelbeteiligungsgesetz als auch im Mitbestimmungsgesetz ist festgelegt, dass das Gesetz keine Anwendung auf Unternehmen findet, die unmittelbar und überwiegend politischen, koalitionspolitischen, konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dienen (§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 DrittelbG, § 1 Abs. 4 S. 1 MitbestG).

Auch das SE-Beteiligungsgesetz kennt eine entsprechende Ausnahme. So findet die gesetzliche „Auffanglösung″ für Tendenzunternehmen keine Anwendung (§ 39 Abs. 1 SEBG). Damit unterliegen deutsche Tendenzunternehmen grundsätzlich nicht der gesetzlichen Mitbestimmung. Wird ein Tendenzunternehmen in eine SE umgewandelt und kommt es im Gründungsverfahren nicht zur Vereinbarung einer Unternehmensmitbestimmung, sondern greift die gesetzliche Auffanglösung ein, bleibt eine solche „Tendenz-SE″ mitbestimmungsfrei.

Voraussetzungen des Tendenzschutzes

Da eine „Tendenz-SE″ mitbestimmungsfrei errichtet werden kann, greift der Antrag von Herrn Erzberger auch an einem anderen Punkt an. Herr Erzberger bestreitet, dass die ProSiebenSat.1 Media SE ein Tendenzunternehmen ist. So wird allgemein davon ausgegangen, dass die gesetzliche Auffanglösung nur das vor Gründung der SE rechtlich richtige Mitbestimmungsstatut festschreibt. Mit anderen Worten: Ist der Aufsichtsrat eines Unternehmens vor Umwandlung in eine SE nicht vorschriftsmäßig besetzt (bspw., weil nach dem Gesetz die paritätische Mitbestimmung gilt, der Aufsichtsrat aber tatsächlich nur zu einem Drittel aus Arbeitnehmern besteht), führt die formwechselnde Umwandlung dieses Unternehmens in eine SE nicht dazu, dass die Drittelparität im Wege der gesetzlichen Auffanglösung nach dem SEBG festgeschrieben wird.

Vielmehr müsste die SE dann einen paritätisch mitbestimmten Aufsichtsrat haben, da das „richtige″ Mitbestimmungsstatut festgeschrieben wird. Ein fehlerhaft zusammengesetzter Aufsichtsrat der SE wäre durch ein gerichtliches Statusverfahren zu korrigieren. Für den Erfolg des Antrags von Herrn Erzberger kommt es daher wohl auch darauf an, ob ProSiebenSat.1 vor Gründung des SE Tendenzschutz genoss und damit nicht dem Anwendungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes unterfiel.

Tendenzschutz ist anzunehmen, wenn das Unternehmen unmittelbar und überwiegend Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung dient, auf die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (Pressefreiheit) anzuwenden ist. Dies ist bei einem privaten Fernsehsender grundsätzlich anzunehmen. Selbst, wenn ein Unternehmen mehrere Zwecke verfolgt, besteht Tendenzschutz, soweit der dem Tendenzschutz unterliegende Zweck das Unternehmen prägt. Eine solche Prägung dürfte bei einem privaten Fernsehsender bestehen. Entsprechend hat das Bundesarbeitsgericht auch Tendenzschutz für private Rundfunkbetreiber angenommen (vgl. BAG, Beschluss vom 27. Juli1993 – 1 ABR 8/93). Sofern der Tendenzschutz besteht, gibt es daher auch eine mitbestimmungsfreie „Tendenz-SE″, wenn die gesetzliche „Auffanglösung″ greift.

Ausblick für die Praxis

„Kratzen″ Unternehmen an den mitbestimmungsrechtlich relevanten Beschäftigungszahlen innerhalb Deutschlands, ist – ungeachtet der besonderen Situation bei Tendenzunternehmen – zu überlegen, ob durch strategische Entscheidungen Unternehmensmitbestimmung vermieden oder jedenfalls begrenzt werden kann. Eine Möglichkeit kann dabei auch die rechtzeitige Gründung einer SE sein.

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Einigung im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie

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Nach medienwirksamen Warnstreiks der IG – Metall in Betrieben der Metall- und Elektroindustrie vergangene Woche haben die Tarifvertragsparteien in Baden-Württemberg nun eine Einigung erzielt. Diese Einigung betrifft 900.000 Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg und 3,9 Mio. Beschäftigte in ganz Deutschland.

Baden-Württemberg ist bei den Verhandlungen der Pilotbezirk. Die übrigen 6 Tarifbezirke übernehmen in der Regel den Tarifabschluss des Pilotbezirks.

Entgelterhöhung und Sonderzahlungen

Die IG-Metall ist in die Tarifrunde 2018 mit der Forderung nach Lohnerhöhung in Höhe von 6 % und einem Recht der Arbeitnehmer auf flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit gegangen.

Insbesondere die Forderung nach der flexibleren Gestaltung der Arbeitszeit und dem damit verbundenen geforderten Lohnausgleich stieß bei den Arbeitgeberverbänden auf Gegenwehr.

Die Tarifvertragsparteien haben sich nun auf eine eher komplexe Lösung geeinigt, die die Interessen beider Seiten berücksichtigt. Diese umfasst eine Entgelterhöhung und Sonderzahlungen sowie Mittel zur flexibleren Gestaltung der Arbeitszeit unter anderem in Form eines Anspruchs auf ,,verkürzte Vollzeit“.

Ab April 2018 sollen die Beschäftigten 4,3 % mehr Gehalt für eine Laufzeit von 27 Monaten erhalten. Für die Monate Januar bis März 2018 ist zudem eine Einmalzahlung in Höhe von 100,00 € vorgesehen.

Ab 2019 erhalten die Beschäftigten jährlich einen Festbetrag von 400,00 € sowie tarifliches Zusatzgeld von 27,5 % eines Monatsentgelts. Der Festbetrag kann in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gesenkt oder gänzlich gestrichen werden. Beschäftigte mit Kindern bis acht Jahren, Beschäftigte, die Angehörige pflegen und Beschäftigte, die im Schichtdienst arbeiten, können wählen, ob sie anstelle des tariflichen Zusatzgeldes von 27,5 % zusätzliche acht freie Tage erhalten. Hierzu müssen sie jedoch – je nachdem ob sie Kinder haben, Angehörige pflegen oder im Schichtdienst arbeiten – eine Mindestbetriebszugehörigkeit von zwei bis 15 Jahren mitbringen.

Recht auf „verkürzte Vollzeit“

Neben der Entgelterhöhung und den Sonderzahlungen erhalten die Beschäftigten ein Recht auf „verkürzte Vollzeit“, jedoch ohne den ursprünglich geforderten Lohnausgleich.

Das Recht auf ,,verkürzte Vollzeit‘‘ steht Beschäftigten mit mindestens zwei Jahren Betriebszugehörigkeit zu. Diese haben dann die Möglichkeit – auch wiederholt – ihre Arbeitszeit für eine Dauer von mindestens sechs bis maximal 24 Monaten auf bis zu 28 Wochenstunden zu reduzieren.

Zum Ausgleich der dabei wegfallenden Arbeitszeit wird es den Arbeitgebern ermöglicht, mit deutlich mehr Beschäftigten 40-Stunden-Verträge abzuschließen. Weiterhin ist der Anspruch auf die verkürzte Arbeitszeit derart begrenzt, dass die Arbeitgeber keine weiteren Anträge auf verkürzte Vollzeit genehmigen müssen, wenn bereits 10 % der Beschäftigten in verkürzter Vollzeit tätig sind.

Flexibilisierung der Arbeitszeit gewinnt an Bedeutung

Die Auseinandersetzungen in dieser Tarifrunde machen deutlich, dass – neben den üblichen Forderungen nach höherem Entgelt – insbesondere Forderungen nach Flexibilisierung der Arbeitszeit immer mehr in den Fokus der Gewerkschaften rücken.

In diesem Jahr stehen noch mehrere Tarifrunden an. So zum Beispiel im Öffentlichen Dienst, bei der Deutschen Post AG und bei der chemischen Industrie. Für die Tarifrunde 2018 bei der Deutschen Post AG fordert ver.di ebenfalls die Möglichkeit zur Umwandlung der geforderten Entgelterhöhung in Freizeit.

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Equal pay trifft das ArbG Gießen – und was hat der EuGH damit zu tun?

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Bekanntermaßen ist eine Abweichung vom equal pay- und equal treatment-Grundsatz nur beschränkt möglich. Nämlich dann, wenn aufgrund einer beidseitigen Tarifbindung von Personaldienstleister und Zeitarbeitnehmer (in der Praxis die Ausnahme) die Tarifverträge der Zeitarbeit (BAP/DGB oder iGZ/DGB) „automatisch″ zur Anwendung kommen oder in einem zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag auf diese Bezug genommen wird (in der Praxis der Regelfall).

Aufgrund der zum 01. April 2017 in Kraft getretenen AÜG-Reform ist eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Entgelts („equal pay) nur noch bis zur Vollendung des 9. Einsatzmonats bei einem Kundeneinsatz möglich. Ab dem 10. Monat ist der Zeitarbeitnehmer hinsichtlich des Entgelts mit einem vergleichbaren Stammbeschäftigten gleichzustellen, es sei denn, für den konkreten Einsatz gilt ein sog. Branchenzuschlagstarifvertrag (§ 8 Abs. 1, 4 S. 1 und 2 AÜG).

Der equal treatment-Grundsatz im Übrigen kann jedoch weiterhin – zeitlich unbegrenzt – abbedungen werden.

Abweichung von equal pay-Grundsatzeuroparechtswidrig?

Die gesetzliche Abweichungsmöglichkeit vom equal treatment-/equal pay-Grundsatz wird teilweise als europarechtswidrig angesehen. Nach Ansicht des Herrn Prof. Däubler verstößt die Abweichungsmöglichkeiten von den Grundsätzen gegen die Zeitarbeitsrichtlinie.

Die (vermeintliche) Europarechtswidrigkeit lässt sich aber nicht ohne weiteres feststellen. Vielmehr bedarf es eines Rechtsstreits vor einem deutschen Arbeitsgericht, in dem die maßgeblichen Fragen eine entscheidungserhebliche Rolle spielen. Ist das angerufene Gericht davon überzeugt, dass eine Europarechtswidrigkeit anzunehmen ist, kann es dies nicht selbst feststellen, sondern muss den Rechtsstreit aussetzen und zur Entscheidung dem EuGH vorlegen. Denn nur dieser ist für die Auslegung des europäischen Rechts (hier: der Zeitarbeitsrichtlinie) zuständig (vgl. Art. 267 AEUV). Für ein solches Vorlageverfahren bedarf es insbesondere zunächst eines Zeitarbeitnehmers, der den Personaldienstleister auf equal pay in Anspruch nimmt; sodann muss das Gericht von dessen Ansicht der Europarechtswidrigkeit überzeugt werden, sodass es das Verfahren dem EuGH vorlegt.

Kampagne gegen die Zulässigkeit einer Abweichung vom equal pay-Grundsatz

Um ein solches Szenario zu erreichen, wurde von Herrn Prof. Däubler eine Kampagne ins Leben gerufen, die betroffene Zeitarbeitnehmer – unter Zusage von finanzieller und fachlicher Unterstützung – aufrief, sich als potentielle Kläger zu melden. Besondere Aufmerksamkeit erregte diese insbesondere vor dem Hintergrund einer recht ausführlichen Bewerbung in der politischen Kabarettsendung „Die Anstalt″ am 16. Mai 2017 im ZDF, indem dort ausdrücklich auf die von Herrn Prof. Däubler initiierte Kampagne unter Einblendung seiner Emailadresse hingewiesen wurde – mit nur mäßigem Erfolg, wie Herr Prof. Däubler kürzlich selbst berichtete.

Verhandlungen über etwaige Europarechtswidrigkeiten laufen bereits

Nach dessen eigenem Zwischenstand im Januar 2018 habe er zwar über 500 Emails von Zeitarbeitnehmern erhalten, jedoch habe es dann „Probleme″ gegeben. Im Ergebnis ist aufgrund der von Herrn Prof. Däubler initiierten Kampagne – soweit bekannt –ein Verfahren auf Zahlung von equal pay vor dem ArbG Gießen anhängig. Dies scheint gegenwärtig der einzige Rechtsstreit zu sein, in dem sich ausdrücklich mit der den Argumenten von Herrn Prof. Däubler zur Europarechtswidrigkeit auseinandergesetzt wird. Am 25. Januar 2018 fand dazu eine Kammerverhandlung statt. Eine (inhaltliche) Entscheidung hat das Gericht noch nicht getroffen – vielmehr hat es einen Verkündungstermin für den 14. Februar 2018 anberaumt.

Als ob es nicht schon schwierig genug wäre…

Die Zeitarbeitsbranche hat noch mit der praktischen Umsetzung der AÜG-Reform 2017, insbesondere mit Blick auf equal pay, zu kämpfen. Neben der erforderlichen und oft mühseligen Informationsbeschaffung über das maßgebliche Vergleichsentgelt eines Stammbeschäftigten des Kunden stellt es eine besondere Herausforderung dar, mit den Angaben dessen equal pay – insbesondere unter Berücksichtigung auch variabler Entgeltbestandteile, Sonderzahlungen, Zulagen, Zuschläge, Sachbezügen, VWL etc. sodann, korrekt für jeden eingesetzten Zeitarbeitnehmer zu berechnen.

Als ob dies nicht schon genug wäre, droht nun weiterer (rechtlicher) Ungemach, indem die gesetzliche Konstruktion der Abweichung vom equal pay-Grundsatz durch die Tarifverträge der Zeitarbeit mit europarechtlichen Erwägungen angegriffen wird. Zwar mag die Argumentation im Ergebnis wenig überzeugend sein, dennoch wird eine neue und damit eine weitere Flanke eröffnet, die es Personaldienstleistern (zusätzlich) erschweren soll, nach Maßgabe der gegenwärtig geltenden gesetzlichen Vorschriften rechtskonforme Zeitarbeit zu erbringen.

Über den Ausgang des Verfahrens vor dem ArbG Gießen werden wir selbstverständlich berichten.

Die weiteren Einzelheiten der Entscheidung entnehmen Sie unserer Februar-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com oder kira.falter@cms-hs.com).

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Die Zeitarbeit nach dem Abschluss der Koalitionsverhandlungen

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Am 12. Januar 2018 haben CDU, CSU und SPD in den abgeschlossenen Sondierungsgesprächen zur Fortsetzung der Großen Koalition hinsichtlich der Arbeitnehmerüberlassung „nur″ festgelegt, dass die in § 20 AÜG für das Jahr 2020 vorgesehene Evaluierung um ein Jahr, nämlich auf 2019, vorgezogen werden soll.

Inzwischen sind am 07. Februar 2018 auch die Koalitionsverhandlungen erfolgreich beendet worden.

Evaluierung des AÜG erst 2020

Im Koalitionsvertrag  ist weiterhin eine Evaluierung des AÜG vorgesehen. Diese soll aber – anders als noch in den Sondierungsgesprächen bestimmt – erst im Jahr 2020 (S. 52, Zeile 2382) stattfinden. Insoweit bleibt alles beim Alten, da dies in § 20 AÜG von der „alten″ Großen Koalition im Rahmen der AÜG-Reform 2017 bereits gesetzlich geregelt worden ist. Die Bestimmung im Koalitionsvertrag dazu ist allenfalls deklaratorisch und hat für die Praxis keinerlei Auswirkungen.

Dennoch muss insbesondere den Unionsparteien zu Gute gehalten werden, dass es diesen gelungen ist, die vorzeitige Evaluierung von 2019 wieder auf 2020 zu verschieben. Zum einen dürften erst im Jahr 2020 belastbare Daten über die Auswirkungen der letzten AÜG-Reform vorliegen; zum anderen werden weitere (zu erwartende) regulatorische Ansätze – je nach Ausgang der Evaluierung – zeitlich um ein Jahr nach hinten geschoben. Im Ergebnis heißt dies: nichts gewonnen, aber auch nichts verloren.

Einschränkung von sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen

Die Zeitarbeit wird allerdings ergänzend im „Dunstkreis″ der von der SPD vehement geforderten Einschränkung von sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnissen mittelbar – und insoweit im Sondierungsergebnis auch nicht vorgesehen – betroffen. Im Koalitionsvertrag sind engere Voraussetzungen für den Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses zwischen dem Zeitarbeitnehmer und dem Kunden, an den dieser vormals überlassen wurde, vorgesehen.

Wörtlich heißt es im inhaltlichen Kontext mit der geplanten strengeren gesetzlichen Regulierung befristeter Arbeitsverhältnisse im Koalitionsvertrag (S. 52, Zeile 2347 ff.):

Wir wollen den Missbrauch bei den Befristungen abschaffen. […]

Die Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist nur noch für die Dauer von 18 statt bislang von 24 Monaten zulässig, bis zu dieser Gesamtdauer ist auch nur noch eine einmalige statt einer dreimaligen Verlängerung möglich.

Wir wollen nicht länger unendlich lange Ketten von befristeten Arbeitsverhältnissen hinnehmen. Eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist dann nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben. […]

Auf die Höchstdauer von fünf Jahren wird bzw. werden auch eine oder mehrere vorherige Entleihung(en) des nunmehr befristet eingestellten Arbeitnehmers durch ein oder mehrere Verleihunternehmen angerechnet. […]

Der Koalitionsvertrag sieht damit faktisch eine Begrenzung von sachgrundbefristeten Arbeitsverträgen von maximal 5 Jahren vor. Zeiten einer vorherigen Überlassung des Zeitarbeitnehmers an den Kunden durch einen oder mehrere Personaldienstleister werden auf die Höchstbefristungsdauer angerechnet, obwohl zwischen dem Zeitarbeitnehmer und dem Kunden kein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dogmatisch wenig nachvollziehbar, aber im Gesetz sicherlich in zulässigerweise regelbar.

Bei der Ausgestaltung einer gesetzlichen Regelung dürfte der Teufel sicherlich wieder im Detail liegen – man darf gespannt sein, wie der Gesetzgeber diesen einen Satz im Koalitionsvertrag im AÜG oder im TzBfG umzusetzen gedenkt. Die letzte AÜG-Reform im Jahr 2017 hat gezeigt, dass aus „dürren Ankündigungen″, die die seinerzeitige GroKo im Koalitionsvertrag vereinbart hat, wahre gesetzliche Wortungetüme werden können (vgl. nur § 1 Abs. 1b AÜG, in dem in 8 Sätzen die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten geregelt wird).

SPD-Basis muss Koalitionsvertrag noch absegnen

Der von CDU, CSU und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag muss in den nächsten drei Wochen noch das Votum der SPD-Basis „überleben“. Das Ergebnis wird voraussichtlich am 04. März 2018 verkündet. Eine Annahme ist aufgrund des schon recht knappen Ergebnisses auf dem außerordentlichen Parteitag zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen und des nach wie vor heftigen innerparteilichen Widerstands zur Fortsetzung der GroKo – insbesondere aus den Kreisen der „Jusos″ – keinesfalls sicher.

Fraglich ist dabei insbesondere, ob die noch auf der Zielgeraden ausgehandelten Zugeständnisse der Union, u.a. bei den sachgrundlosen Befristungen, ausreichend sind, um die Zweifler in der SPD von der (politischen) Sinnhaftigkeit einer erneuten Auflage der GroKo zu überzeugen.

Die weiteren Einzelheiten entnehmen Sie unserer Februar-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com oder kira.falter@cms-hs.com).

Unsere Beitragsreihe informiert rund um die Pläne der GroKo in den verschiedenen Rechtsbereichen. Bereits erschienen sind Beiträge zu den allgemeinen Änderungen im Arbeitsrecht sowie speziell zur Zeitarbeit, zu den Auswirkungen der geplanten Einschränkung sachgrundloser Befristungen, zum Recht auf befristete Teilzeit und zu den Änderungen hinsichtlich flexibler und mobiler Arbeitsgestaltung. Weiter ging es mit einem Überblick über die von der GroKo im Koalitionsvertrag geplanten Maßnahmen zu den Themen Venture Capital, Start-ups und Unternehmensgründung. Wir haben zudem einen Überblick über die Änderungspläne der GroKo im Steuerrecht gegeben. Auch haben wir die Pläne einer Musterfeststellungsklage und eines Sanktionsrechts für Unternehmen beleuchtet. Neben einem Überblick übers Gesellschaftsrecht haben wir uns auch mit der SPE näher beschäftigt. Zuletzt sind wir auf die Sitzverlegungsrichtlinie und die Reform des Personengesellschaftsrechts eingegangen.

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Die Pläne der GroKo fürs Arbeitsrecht

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Am 7. Februar 2018 haben die Gesprächspartner der Unionsparteien und der SPD die Gespräche für eine Neuauflage der Großen Koalition erfolgreich abgeschlossen. Neben allgemeinen Programmsätzen enthält der 177-seitige Koalitionsvertrag auch sehr konkrete Änderungsvorschläge. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick über die für die Praxis wichtigsten arbeitsrechtlichen Vorhaben des Koalitionsvertrages.

Höchstdauer bei Kettenbefristungen

Die Parteien haben sich darüber geeinigt, dass die Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit Sachgrund nicht mehr zulässig sein soll, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein unbefristetes oder ein oder mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von fünf oder mehr Jahren bestanden haben. Tätigkeiten dieses Arbeitnehmers als Leiharbeitnehmer auch durch verschiedene Verleiher sollen auf die Höchstdauer angerechnet werden. Ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber soll nach Erreichen der Befristungshöchstdauer erst nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Jahren möglich sein. Nach der geltenden Rechtslage existiert eine solche Karenzzeit für Sachgrundbefristungen nicht.

Bislang sieht das Teilzeit- und Befristungsgesetz („TzBfG“) keine solche Befristungshöchstdauer vor. Das Bundesarbeitsgericht nimmt jedoch nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs dann eine Unwirksamkeit der Befristung an, wenn die in § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG genannten Grenzen (zwei Jahre, dreimalige Verlängerung) alternativ oder insbesondere kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten werden. Dies kann z.B. angenommen werden, wenn innerhalb von elf Jahren 13 befristete Arbeitsverträge geschlossen wurden. Bei sieben Jahren und vier Befristungen hingegen ist nach dem Bundesarbeitsgericht nicht von einem Missbrauch auszugehen.

Erhebliche Einschränkung sachgrundloser Befristungen für größere Unternehmen

Beim Thema sachgrundlose Befristungen wollen die GroKo-Koalitionäre zu drastischen Maßnahmen greifen. Waren im Sondierungsergebnis noch keine Regelungen hierzu vorgesehen, sieht der Koalitionsvertrag vor, dass Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen dürfen. Ein Überschreiten dieser Quote hat zur Folge, dass jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristetes gilt. Als Beispiel: Ein Arbeitgeber mit 200 Arbeitnehmern dürfte lediglich 5 Arbeitnehmer sachgrundlos befristen. Da der Koalitionsvertrag von „Arbeitgeber“ spricht, dürfte wenig Hoffnung bestehen, dass der Schwellenwert von mehr als 75 Beschäftigten betriebsbezogen zu ermitteln ist.

Sollte es in der Legislaturperiode zu einer solchen Regelung kommen (was wahrscheinlich ist), stünde dies für größere Unternehmen einer faktischen Abschaffung sachgrundloser Befristungen gleich. Sachgrundlose Befristungen werden insbesondere bei der Neueinstellung von Berufseinsteigern eingesetzt. Fast jeder zweite neu eingestellte sozialversicherungspflichtige Beschäftigte erhält zunächst einen befristeten Arbeitsvertrag, davon die Hälfte einen sachgrundlos befristeten. Darüber hinaus nutzen Unternehmen das Instrument der sachgrundlosen Befristung gerne zur Bewältigung saisonaler und temporärer Auftragsspitzen. Von der Flexibilität sachgrundloser Befristungen könnten nur noch Unternehmen mit bis zu 75 Mitarbeitern profitieren.

Als Randnotiz ist vor diesem Hintergrund fast die Änderung der Höchstdauer für sachgrundlose Befristungen zu werten. In Zukunft sollen sachgrundlose Befristungen nur für die Dauer von 18 Monaten bei höchstens einmaliger Verlängerung zulässig sein. Nach der geltenden Rechtslage ist bei einer sachgrundlosen Befristung bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren eine dreimalige Verlängerung zulässig, § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG. Eine Ausnahme gilt für Startup-Unternehmen, die bis zur Dauer von vier Jahren auch mehrfach Verlängerungen vornehmen können, § 14 Abs. 2a TzBfG. Aus dem Koalitionsvertrag ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass diese Ausnahmeregelung abgeschafft werden soll.

Vor dem Hintergrund dieser Pläne werden Arbeitgeber bei der Besetzung von Stellen ein gehöriges Maß an Flexibilität einbüßen müssen. Führen wird dies bei größeren Arbeitgebern wahrscheinlich dazu, dass sie teilweise von (Neu-)Einstellungen absehen werden, nachdem sie die Quote sachgrundloser Befristungen erreicht haben. Zusätzlich anfallender Arbeitsbedarf müsste von der übrigen Stammbelegschaft unter Anhäufung von Überstunden abgearbeitet werden. Alternativ könnten Arbeitgeber auf das neben befristeten Arbeitsverhältnissen zweite Flexibilisierungsinstrument der Leiharbeit ausweichen. Möglicherweise werden Arbeitgeber auch das Risiko von gerichtlichen Befristungskontrollstreitigkeiten eingehen und weiterhin sachgrundlos befristete Arbeitsverträge abschließen. Letztendlich bleibt es abzuwarten, wie die konkrete gesetzliche Regelung aussehen wird.

Recht auf befristete Teilzeit

Wie bereits im Ergebnispapier zum Ende der Sondierungsgespräche zwischen den Unionsparteien und der SPD niedergelegt, nimmt auch der Koalitionsvertrag Bezug auf den im Mai 2017 gescheiterten Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts. Wesentliche Änderungen gegenüber dem Sondierungsergebnis erhält der Koalitionsvertrag in diesem Punkt nicht.

Nach dem Gesetzentwurf kann der Arbeitnehmer die Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit für einen im Voraus bestimmten Zeitraum verlangen, wenn sein Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat. Anders als im Gesetzentwurf vorgesehen, muss der Arbeitgeber nach dem Koalitionsvertrag in der Regel insgesamt mehr als 45 Mitarbeiter (im Gesetzentwurf 15 Arbeitnehmer) beschäftigen.

Arbeitgeber mit 46 bis 200 Mitarbeitern müssen nach dem Koalitionsvertrag pro angefangenen 15 Mitarbeitern lediglich einem Mitarbeiter befristete Teilzeit gewähren. Darüber hinausgehende Anträge können als nicht zumutbar abgelehnt werden (Zumutbarkeitsgrenze). Wie der jeweils Anspruchsberechtigte pro 15 Mitarbeitern ermittelt werden soll, erläutert der Koalitionsvertrag nicht. Es liegt aber nahe, auf den zeitlichen Eingang der Anträge abzustellen. Der Arbeitgeber kann den Antrag auch dann ablehnen, wenn er die Dauer von einem Jahr unter- oder von fünf Jahren überschreitet. Nach dem Koalitionsvertrag soll während der befristeten Teilzeittätigkeit weder ein Anspruch auf Verlängerung noch auf Verkürzung der Arbeitszeit (§ 8 TzBfG) bestehen. Nach Ablauf der befristeten Teilzeittätigkeit kann der Arbeitnehmer frühestens nach einem Jahr eine erneute Verringerung der Arbeitszeit beantragen.

Nach der aktuell geltenden Rechtslage hat der Arbeitnehmer nach § 8 TzBfG lediglich einen Anspruch auf langfristige Verringerung seiner Arbeitszeit. Ein Rückkehrrecht in die bisherige Arbeitszeit ist nicht vorgesehen. § 9 TzBfG sieht lediglich vor, dass der Arbeitgeber bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes den gleich geeigneten teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer bevorzugt zu berücksichtigen hat. Besteht jedoch kein freier Arbeitsplatz, kann der Arbeitnehmer keine Aufstockung seiner Arbeitszeit verlangen.

Stärkung von Betriebsräten

Die Parteien beabsichtigen das allgemeine Initiativrecht der Betriebsräte für Weiterbildung zu stärken. Arbeitgeber und Betriebsräte sollen sich bei Maßnahmen der Berufsbildung beraten. Können sich die Arbeitsvertragsparteien nicht auf eine Regelung verständigen, kann ein Moderator angerufen werden, mit dem Ziel, eine Einigung zu erreichen. Ein Einigungszwang soll nicht bestehen. Es soll sich bei dieser Materie damit offenbar nicht um einen Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrates handeln, bei dem die Einigungsstelle anstelle des Arbeitgebers und Betriebsrates entscheiden kann.

Die Koalitionspartner beabsichtigen zudem für die Wahl des Betriebsrates ein vereinfachtes Verfahren für alle Betriebe mit 5 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern verpflichtend zu machen. Betriebe mit 101 bis 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern sollen zwischen dem vereinfachten und allgemeinen Wahlverfahren entscheiden können. Wie dieses vereinfachte Verfahren konkret aussehen soll, verrät der Koalitionsvertrag nicht. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Wahl des Betriebsrates auch online durchgeführt werden kann, was bislang nicht möglich ist.

Bei grenzüberschreitenden Sitzverlagerungen von Gesellschaften will die GroKo darüber hinaus sicherstellen, dass nationale Vorschriften über die Mitbestimmung zu beachten sind.

Flexiblere Arbeitszeiten und mobile Arbeit

Zur Flexibilisierung von Arbeitszeiten wollen die Parteien eine Tariföffnungsklausel in das Arbeitszeitgesetz implementieren. Damit will man einerseits eine Öffnung für mehr selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer ermöglichen sowie andererseits mehr betriebliche Flexibilität in der zunehmend digitalen Arbeitswelt erproben.

Im Bereich der mobilen Arbeit beabsichtigen die Parteien, Arbeitnehmern einen Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber über die Ablehnungsgründe eines Verlangens auf mobile Arbeit einzuführen. Damit wird es dem Arbeitgeber verwehrt, ein Verlangen auf mobile Arbeit willkürlich abzulehnen. Ein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf mobile Arbeit entsteht dadurch nach wie vor nicht. Was der Koalitionsvertrag konkret mit mobiler Arbeit meint, wird erst das zu erlassende Gesetz konkretisieren. Insoweit bleibt abzuwarten, wie der Gesetzgeber den Auskunftsanspruch regeln will und ob er bei willkürlicher Ablehnung durch den Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ggf. Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung eröffnet.

Arbeit auf Abruf

Im Bereich der zunehmenden Abrufarbeit beabsichtigen die Parteien die Planungs- und Einkommenssicherheit dieser Arbeitsform zu erhöhen. Dies sollen damit erreicht werden, dass die vereinbarte Mindestarbeitszeit höchstens um 20 Prozent unterschritten und 25 Prozent überschritten werden darf. Regeln die Arbeitsvertragsparteien keine wöchentliche Mindestarbeitszeit des Arbeitnehmers, soll eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden gelten. Insoweit würde von der geltenden Rechtslage abgewichen, nach der bei Schweigen des Arbeitsvertrages eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden gilt, § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG. Darüber hinaus wollen die Koalitionsparteien klarstellende Regelungen für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall schaffen. Grundlage für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall soll der Durchschnittsverdienst der letzten drei Monate sein. Derzeit erhält der Arbeitnehmer bei der Abrufarbeit unproblematisch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG, wenn der Arbeitgeber die Arbeit beim Arbeitnehmer bereits abgerufen hatte. Wie die Höhe der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall berechnet werden soll, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer noch nicht zur Arbeitsleistung eingeteilt hatte, war bislang unklar. Insoweit kann eine Neuregelung helfen, klarere Verhältnisse für die Entgeltfortzahlung bei Abrufarbeitsverhältnissen zu schaffen.

Kündigungserleichterung für Finanzinstitute

Um den Standort Deutschlands für Finanzinstitute nach dem bevorstehenden Austritt Großbritanniens aus der EU attraktiver zu machen, beabsichtigen die Parteien herausgehobene Arbeitnehmer (Risikoträger iSd § 2 Abs. 8 der InstitutsVergV) mit einer Grundvergütung von mehr als dem Dreifachen der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (derzeit etwa EUR 234.000 im Westen, EUR 208.800 im Osten) im Kündigungsschutzgesetz leitenden Angestellten gleichzustellen. Dies hat nach § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG zur Folge, dass der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses in einem Kündigungsschutzprozess keiner Begründung bedarf. Der Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG hat den Zweck, das Arbeitsverhältnis arbeitgeberseitig auch dann lösen zu können, wenn das Gericht die Kündigung für unwirksam hält.

Keine Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

Der Koalitionsvertrag sieht keine Änderungen des AÜG vor. Anders als nach den Sondierungsgesprächen vorgesehen, soll die Evaluierung nun doch wie geplant erst 2020 stattfinden.

Vereinfachung des Statusfeststellungsverfahrens für Selbstständige

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass die Parteien das Statusfeststellungsverfahren vereinfachen und zwischen den unterschiedlichen Zweigen der Sozialversicherung widerspruchsfrei ausgestalten wollen. Das Statusfeststellungsverfahren gem. § 7a SGB IV hat den Zweck, bei der Deutschen Rentenversicherung Bund klären zu lassen, ob der für ein Unternehmen Tätige Selbstständiger oder Arbeitnehmer und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

Anpassung der Lohnnebenkosten

Wie bereits in den Sondierungsgesprächen besprochen, soll in der nächsten Legislaturperiode die Parität von Beiträgen zur Krankenversicherung wiederhergestellt werden. Darüber hinaus soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von aktuell 3,0 auf 2,7 % gesenkt werden. Überdies beabsichtigen die Parteien nach dem Koalitionsvertrag ab dem Jahr 2021 den Solidaritätsbeitrag schrittweise abzuschaffen.

Aussicht: SPD-Mitgliederbefragung abwarten

Auf Seiten der SPD sind nun die etwa 460.000 Parteimitglieder am Zuge: Sie dürfen entscheiden, ob die SPD in eine neue große Koalition eintreten wird. Bei der CSU hat der Parteivorstand den Koalitionsvertrag bereits gebilligt. Die CDU will einen Parteitag über den Koalitionsvertrag abstimmen lassen. Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen in Sachen GroKo auf dem Laufenden halten.

Unsere Beitragsreihe informiert rund um die Pläne der GroKo in den verschiedenen Rechtsbereichen. Bereits erschienen sind Beiträge zu den allgemeinen Änderungen im Arbeitsrecht sowie speziell zur Zeitarbeit, zu den Auswirkungen der geplanten Einschränkung sachgrundloser Befristungen, zum Recht auf befristete Teilzeit und zu den Änderungen hinsichtlich flexibler und mobiler Arbeitsgestaltung. Weiter ging es mit einem Überblick über die von der GroKo im Koalitionsvertrag geplanten Maßnahmen zu den Themen Venture Capital, Start-ups und Unternehmensgründung. Wir haben zudem einen Überblick über die Änderungspläne der GroKo im Steuerrecht gegeben. Auch haben wir die Pläne einer Musterfeststellungsklage und eines Sanktionsrechts für Unternehmen beleuchtet. Neben einem Überblick übers Gesellschaftsrecht haben wir uns auch mit der SPE näher beschäftigt. Zuletzt sind wir auf die Sitzverlegungsrichtlinie und die Reform des Personengesellschaftsrechts eingegangen.

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Follow up: equal pay trifft das ArbG Gießen

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Wir haben bereits darüber berichtet, dass vor dem ArbG Gießen (Az. 7 Ca 246/17) ein equal pay-Verfahren anhängig ist. Ein Zeitarbeitnehmer argumentiert, dass die Abweichung vom Gleichbehandlungsgrundsatz durch Tarifverträge gem. § 8 AÜG gegen Europarecht verstoßen solle.

Für den 14. Februar 2018 wurde seitens des Gerichts ein Verkündungstermin anberaumt. Inzwischen ist die Pressemitteilung zu dem Verfahren veröffentlicht worden. Aus dieser ergibt sich, dass das ArbG Gießen die Klage abgewiesen hat.

ArbG Gießen: Zulässige Abweichung vom equal-pay Grundsatz

Der Kläger macht geltend, die Vergütung auf der Grundlage der auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen bleibe in einem Maße hinter der aufgrund der Tarifverträge in der Metall- und Elektrobranche zu zahlenden Vergütung zurück. Bei gebotener richtlinienkonformer Auslegung der Tariföffnungsklausel in § 8 Abs. 2 S. 1 AÜG sei die Abweichung des Lohns hiervon jedenfalls nicht gedeckt. Er habe daher einen Anspruch auf Vergütung nach den in der Metall- und Elektrobranche geltenden Regelungen.

Dieser Auffassung folgt die zuständige Kammer nicht. Durch die Tarifverträge der Zeitarbeitsbranche, abgeschlossen zwischen dem BAP und der DGB-Tarifgemeinschaft, i.V.m. dem Branchenzuschlagstarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie werde in zulässiger Weise vom Grundsatz des equal pay abgewichen.

§ 8 AÜG berücksichtigt Gesamtschutz der Zeitarbeitnehmer

Nach Ansicht des Gerichts ermögliche die Richtlinie 2008/104/EG (Zeitarbeitsrichtlinie) es dem nationalen Gesetzgeber, die Abweichung vom Grundsatz der gleichen Vergütung bei Zeitarbeit durch Tarifvertrag zuzulassen. § 8 AÜG berücksichtige den von der Richtlinie geforderten Gesamtschutz der Zeitarbeitnehmer in ausreichendem Maße: Das Gesetz verpflichte die Tarifvertragsparteien auf die Einhaltung jedenfalls der Lohnuntergrenze in der Zeitarbeit und setze ihnen gleichzeitig eine zeitliche Grenze zur Abweichung vom equal pay-Grundsatz sowie einen Anreiz zur zeitnahen Heranführung der Löhne an diejenigen der Stammarbeitnehmer. Unter Berücksichtigung der auch den Tarifverträgen in der Zeitarbeitsbranche zukommenden Richtigkeitsvermutung seien nähere Vorgaben hinsichtlich der Entgelthöhe nicht geboten.

Letztlich hat das ArbG Gießen mit Augenmaß entschieden und sich inhaltlich nicht auf die angestoßene europarechtliche Diskussion eingelassen. Ob auch andere Gerichte so entscheiden werden, ist eingedenk der grundsätzlich sehr hohen Vorlagefreudigkeit deutscher Arbeitsgerichte aber offen.

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Blockade zwecklos – Konsultationsverfahren bei Massenentlassungen

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Bei Umstrukturierungen müssen Arbeitgeber eine Reihe von Rechtsvorschriften beachten. Gehen mit einer Reorganisationsmaßnahme Entlassungen einher und werden dabei bestimmte Schwellenwerte überschritten, ist ein besonderes Augenmerk auf den Massenentlassungsschutz zu legen. Eine Kündigung, die unter Verletzung des Massenentlassungsschutzes gemäß §§ 17, 18 KSchG ausgesprochen wird, ist unwirksam.

Besteht ein Betriebsrat so ist vor Massenentlassungen ein Konsultationsverfahren durchzuführen

Besteht in einem Betrieb ein Betriebsrat, so ist der Arbeitgeber vor Massenentlassungen verpflichtet, u.a. ein so genanntes Konsultationsverfahren durchzuführen (§ 17 Abs. 2 KSchG). Hierbei handelt es sich um eine Vorgabe, die europäisches Recht umsetzt.

Dem Betriebsrat soll die Möglichkeit gegeben werden, konstruktive Vorschläge zur Vermeidung oder Einschränkung der Massenentlassungen zu unterbreiten. Daneben muss der Arbeitgeber die Massenentlassungen gegenüber der örtlichen Agentur für Arbeit anzeigen.

Probleme bei Uneinigkeit der Betriebsparteien

In der Praxis stellt sich jedoch häufig das Problem, dass mit dem Betriebsrat im Rahmen des Konsultationsverfahrens keine Einigung über die geplante Reorganisationsmaßnahme erzielt werden kann.

Dies führt bei Arbeitgebern zu großer Unsicherheit und wirft die Frage auf, ob die Maßnahme trotz gescheiterter Verhandlungen umgesetzt werden darf. Denn erst wenn das Konsultationsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde, kann der Arbeitgeber die notwendige Massenentlassungsanzeige bei der örtlichen Agentur für Arbeit einreichen und im Anschluss daran Kündigungen wirksam aussprechen.

Keine Einigungspflicht im Konsultationsverfahren

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung (BAG, Urteil v. 22. September 2016 – 2 AZR 276/16) klargestellt, dass ein Arbeitgeber das Konsultationsverfahren auch dann als beendet ansehen kann, wenn der Betriebsrat keine weitere Verhandlungsbereitschaft über Maßnahmen zur Vermeidung oder Einschränkung von Massenentlassungen erkennen lässt. Damit knüpft das BAG an frühere Entscheidungen an, wonach der Arbeitgeber keiner Einigungspflicht mit dem Betriebsrat unterliegt.

Ernstlicher Wille zur Einigung ausreichend

Vielmehr muss der Arbeitgeber (lediglich) mit dem ernstlichen Willen zur Einigung in die Verhandlungen eintreten und die gegebenenfalls abweichenden Vorschläge des Betriebsrats mit in sein Kalkül ziehen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Unschädlich ist es dabei, wenn der Arbeitgeber bestimmte Bedingungen für die Einschränkung oder Vermeidung von Entlassungen aufstellt.

Das Konsultationsverfahren gilt nach der Rechtsprechung dann als beendet, wenn der Arbeitgeber aufgrund des Verhaltens des Betriebsrats annehmen darf, dass kein Ansatz für weitere zielführende Verhandlungen besteht. An eine Mindestverhandlungsdauer sind die Beteiligten nicht gebunden. Dem Arbeitgeber kommt – so die Richter des BAG – eine Beurteilungskompetenz zu, wann er den Beratungsanspruch des Betriebsrats als erfüllt ansieht.

Voraussetzung: Zuleitung aller zweckdienlichen Auskünfte

Dies setzt jedoch voraus, dass dem Betriebsrat zuvor alle zweckdienlichen Auskünfte zu den Umständen der Entlassungen zugeleitet wurden. Nur so wird dieser in die Lage versetzt, konstruktive Vorschläge unterbreiten zu können.

Der Betriebsrat muss insbesondere schriftlich unterrichtet werden über

  • die Gründe für die geplanten Entlassungen,
  • die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
  • den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
  • die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, sowie
  • die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.

Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers

Ein besonderes Augenmerk sollte in diesem Zusammenhang auch auf eine ausreichende Dokumentation des Verhandlungsverlaufs gelegt werden. Insoweit trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass tatsächlich der ernsthafte Versuch unternommen wurde, Beratungen mit dem Betriebsrat durchzuführen.

Praxistipp – Verhandlungen sollten sorgfältig vorbereitet werden

Die aktuelle Entscheidung zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern sorgfältig vorzubereiten. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass eine geplante Reorganisationsmaßnahme trotz fehlender Einigungsbereitschaft der Arbeitnehmervertreter umgesetzt werden kann.

Neben dem hier angesprochenen Konsultationsverfahren im Rahmen des Massenentlassungsschutzes sind bei einer Reorganisationsmaßnahme außerdem auch die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes zu beachten. Diese sehen in bestimmtem Fällen eine Pflicht zum Versuch eines Interessenausgleichs und den Abschluss eines Sozialplans vor. Hierbei können die Beratungen über den Versuch eines Interessenausgleichs zugleich auch der Erfüllung der Konsultationspflicht des Arbeitgebers dienen, wobei dies für den Betriebsrat klar erkennbar sein muss.

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Bundesarbeitsgericht begrenzt die Möglichkeit von Versorgungsehen

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Sagt ein Arbeitgeber Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu, werden oftmals nicht nur Altersleistungen für den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer (etwa eine Betriebsrente) zugesagt. Daneben wird häufig eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt. Bei einer Hinterbliebenenversorgung gewährt der Arbeitgeber für den Fall des Todes des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers den Hinterbliebenen (im Regelfall den nahen Angehörigen des Arbeitnehmers) eine Versorgungsleistung.

Der Kreis der insoweit begünstigten Hinterbliebenen kann in der Versorgungsordnung bzw. Versorgungszusage eigenständig bestimmt werden. Zumeist werden als berechtigte Hinterbliebene Ehegatten, eingetragene Lebenspartner sowie eigene Kinder des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers genannt.

Begrenzung der wirtschaftlichen Belastung für den Arbeitgeber

Es ist das nachvollziehbare Interesse des Arbeitgebers, die mögliche wirtschaftliche Belastung durch die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung zu begrenzen und abschätzen zu können. Bei der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung gegenüber eigenen Kindern des Arbeitnehmers kann diese Begrenzung etwa dadurch erreicht werden, dass die Hinterbliebenenversorgung auf ein Höchstalter (bspw. 25 Jahre) oder den Abschluss einer berufsqualifizierenden Ausbildung begrenzt wird, da die Kinder ab diesem Zeitpunkt typischerweise selbst in der Lage sind, für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.

Bei der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner des Arbeitnehmers ist die künftige wirtschaftliche Belastung dann relativ gut zu prognostizieren, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner – wie zumeist – in etwa gleich alt sind. Dagegen steigt die wirtschaftliche Belastung durch die Hinterbliebenenversorgung erheblich, wenn der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner sehr viel jünger ist als der vorverstorbene (versorgungsberechtigte) Arbeitnehmer. Um dies zu verhindern, wird in der Praxis durch verschiedene Gestaltungen versucht, insbesondere sog. „Versorgungsehen″, die üblicherweise kurz vor dem zu erwartenden Ableben des Versorgungsberechtigten geschlossen werden, aus dem Anwendungsbereich der Hinterbliebenenversorgung auszunehmen. Als eine Gestaltungsvariante haben sich zu diesem Zweck sog. Altersabstandsklauseln entwickelt.

Altersabstandsklauseln nach früherer Rechtsprechung zulässig

In der älteren Rechtsprechung wurden etwa Regelungen für zulässig erachtet, wonach der Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen ist, wenn der Versorgungsberechtigte mehr als 25 Jahre älter als sein Ehegatte ist (BAG, Urteil vom 18. Juli 1972 – 3 AZR 472/71).

In einer solchen Regelung wurde weder ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG, wonach der Staat die Aufgabe hat, Ehe und Familie zu fördern, noch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz gesehen. Vielmehr wurde die Regelung aufgrund der erheblich stärkeren Belastung des Arbeitgebers durch die Versorgung eines noch jungen Ehegatten sowie aufgrund der Erwägung für wirksam erachtet, dass ein solcher Ehegatte, die seinen Partner in jungen Jahren verloren hat, eine Berufstätigkeit viel eher als einer älteren Person zugemutet werden kann.

BAG: Altersabstandsklausel hält auch vor dem AGG stand

Seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sind Altersabstandsklauseln nach dessen Vorgaben zu prüfen. Bislang war nicht höchstrichterlich geklärt, ob solche Klauseln unter der Geltung des AGG noch Bestand haben können.

Dies hat sich mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Februar 2018 (3 AZR 43/17) geändert. In dem zugrunde liegenden Fall war in der Versorgungsordnung vorgesehen, dass ein Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen für den überlebenden Ehegatten nur besteht, wenn der betreffende Ehegatte nicht mehr als 15 Jahre jünger ist als der versorgungsberechtigte Arbeitgeber.

Unmittelbare Benachteiligung durch die Altersabstandsklausel ist gerechtfertigt

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts liege in dieser Regelung zwar eine unmittelbare Benachteiligung des hinterbliebenen Ehegatten wegen des Alters (vgl. §§ 1, 3 Abs. 1 AGG). Allerdings sei diese unmittelbare Benachteiligung gerechtfertigt (vgl. § 10 AGG). Der Arbeitgeber, der eine Hinterbliebenenversorgung zusage, habe ein legitimes Interesse, das damit verbundene finanzielle Risiko zu begrenzen. Die Altersabstandsklausel sei auch erforderlich und angemessen. Sie führe nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer, die von der Klausel betroffen sind. Bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren sei der gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner darauf angelegt, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringe. Zudem würden wegen des Altersabstands von mehr als 15 Jahren nur solche Ehegatten von dem Ausschluss erfasst, deren Altersabstand zum Ehepartner den üblichen Abstand erheblich übersteige.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit dem vorliegenden Urteil eine für die Praxis wichtige Klärung herbeigeführt. Eine Regelung in einer Versorgungsordnung oder Versorgungszusage, wonach eine Hinterbliebenenversorgung an den überlebenden Ehegatten nur gezahlt wird, wenn dieser maximal 15 Jahre jünger als der versorgungsberechtigte Arbeitnehmer ist, ist wirksam. Wäre dagegen ein geringerer Altersabstand als 15 Jahre als Ausschlusstatbestand für die Hinterbliebenenversorgung vorgesehen, ist äußerst fraglich, ob auch dies wirksam wäre oder ob hierin nicht eine unzulässige unmittelbare Benachteiligung läge. Dies müsste dann im Einzelfall geprüft werden.

Altersabstandsklauseln in Abgrenzung zu Spätehenklauseln

Altersabstandsklauseln sind von sog. Spätehenklauseln zu unterscheiden. Bei Späteheklauseln wird die Gewährung der Hinterbliebenenversorgung davon abhängig gemacht, dass die Ehe oder die eingetragene Lebenspartnerschaft des versorgungsberechtigten entweder noch vor dem Eintritt des Versorgungsfalles (vor dem Beginn des Ruhestands) geschlossen wurde oder jedenfalls bevor der Arbeitnehmer ein gewisses Lebensalter erreicht hat.

Das Bundesarbeitsgericht hat dabei die erste Variante, d.h. die Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung nur wenn die Ehe vor dem Eintritt des Versorgungsfalls beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer geschlossen wurde, für zulässig erachtet (BAG, Urteil vom 15. Oktober 2013 – 3 AZR 294/11). Dagegen wurde eine Regelung, wonach eine Hinterbliebenenversorgung nur gewährt werden sollte, wenn die Ehe vor Vollendung des 60. Lebensjahres des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers geschlossen wurde, für unwirksam erachtet (BAG, Urteil vom 04. August 2015 – 3 AZR 137/13). Eine solche Regelung sei eine ungerechtfertigte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters. Anders als der Eintritt des Versorgungsfalls beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer stelle die Vollendung des 60. Lebensjahres keine „Zäsur″ dar, der es dem Arbeitgeber gestatte, hieran zur Begrenzung seines finanziellen Risikos durch die Hinterbliebenenversorgung anzuknüpfen. Eine solche Regelung würde auch Fälle erfassen, in denen die Eheleute in etwa gleich alt sind, aber erst im hohen Alter „zueinander finden″, obwohl der Arbeitgeber in diesem Fall keine übermäßig lange Zahlung einer Hinterbliebenenversorgung zu befürchten habe.

Altersabstandsklauseln möglich – aber angemessene Gestaltung im Einzelfall erforderlich

Das vorliegende Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu den Altersabstandsklauseln bestätigt, dass es ein legitimes Interesse des Arbeitgebers ist, die mit der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung verbundenen finanziellen Risiken zu begrenzen und sog. „Versorgungsehen″ von der Hinterbliebenenversorgung auszuschließen.

Die Unterschiede zwischen der Rechtsprechung zu Altersabstandsklauseln und der Rechtsprechung zu Spätehenklauseln zeigen aber auch, dass bei der Auswahl der Mittel zur Erreichung dieses legitimen Ziels, Sorgfalt erforderlich ist. Um die in solchen Regelungen häufig enthaltende unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters zu rechtfertigen, ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob die in Rede stehende unterschiedliche Behandlung wegen des Alters erforderlich und angemessen ist.

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Das Kreuz mit der Berechnung des Urlaubanspruchs

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Nach einem Blick in das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sollte man meinen, die Berechnung des gesetzlichen Mindesturlaubanspruchs sei ganz einfach. So regelt das BUrlG doch in § 3 Abs. 1 eindeutig, dass der Urlaub jährlich mindestens 24 Werktage betragen muss, während § 3 Abs. 2 klarstellt, dass als Werktage alle Kalendertage gelten, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.

Umrechnung von Werktagen auf Arbeitstage schon nicht einfach

Doch bereits dieses Abstellen auf Werktage stellt schon die erste Herausforderung dar. Denn bei Inkrafttreten des BUrlG im Jahr 1963 wurde selbstverständlich von einer Sechs-Tage-Woche ausgegangen. An eine kürzere Arbeitswoche, wie sie heutzutage üblich ist, hat damals keiner gedacht.

Vor diesem Hintergrund muss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) der gesetzliche Urlaubsanspruch an die tatsächlichen Arbeitstage eines Arbeitnehmers angepasst werden. Dabei ist stets zu beachten, dass der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch insgesamt vier Wochen (24 : 6) beträgt.

Um den gesetzlichen Mindesturlaubanspruch eines Arbeitnehmers zu berechnen, müssen mithin zunächst einmal dessen Arbeitstage zu den (sechs) Werktagen rechnerisch in Beziehung gesetzt werden. Dabei ist die Gesamtdauer des Mindesturlaubs durch sechs Arbeitstage zu teilen und sodann mit der Anzahl der Wochenarbeitstage des Arbeitnehmers zu multiplizieren. Bei der heutzutage üblichen Fünf-Tage-Woche sieht die Rechnung wie folgt aus:

24 (gesetzlicher Mindesturlaub) : 6 (gesetzlich vorgesehene Sechs-Tage-Woche) x 5 (Arbeitstage des Arbeitnehmers) = 20 Urlaubstage.

Gleiche Berechnung bei Teilzeitbeschäftigung

Entsprechend ist auch bei in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmern zu verfahren, die an weniger als fünf Tagen pro Woche tätig sind. Bei einer Vier-Tage-Woche ergibt sich mithin ein gesetzlicher Mindestanspruch von 16 Urlaubstagen (24 : 6 x 4), bei einer Drei-Tage-Woche von 12 Urlaubstagen (24 : 6 x 3), bei einer Zwei-Tage-Woche von 8 Urlaubstagen (24 : 6 x 2), und bei einer Ein-Tage-Woche, wie diese beispielsweise bei Reinigungskräften häufig ist, von 4 Urlaubstagen (24 : 6 x 1). Wie viele Stunden der Arbeitnehmer pro Tag tätig ist bleibt hierbei unberücksichtigt.

Gleiches gilt auch dann, wenn die Arbeitnehmer nach der betrieblichen Regelung einen Anspruch auf mehr als vier Wochen Jahresurlaub haben. In diesem Fall ist die Gesamtdauer des betrieblichen Urlaubs eines Vollzeitarbeitnehmers durch die Anzahl der Wochenarbeitstage der Vollzeitarbeitnehmer zu dividieren. Sodann ist diese Zahl mit der Anzahl der Wochenarbeitstage des Teilzeitarbeitnehmers zu multiplizieren. Bei einem betrieblichen Anspruch auf 30 Urlaubstage bei einer Vollzeitbeschäftigung in einer betrieblichen Fünf-Tage-Woche hat ein an vier Tagen tätiger Teilzeitarbeitnehmer mithin einen Anspruch auf 24 Urlaubstage (30 : 5 x 4), bei einer Drei-Tage-Woche auf 18 Urlaubstage (30 : 5 x 3) und bei einer Zwei-Tage-Woche auf 12 Urlaubstage (30 : 5 x 2).

Komplexe Berechnung bei unregelmäßiger Verteilung der Arbeitszeit

Was aber ist zu tun, wenn die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers unregelmäßig verteilt ist? Dies kann etwa der Fall sein, weil der Arbeitnehmer – wie beispielsweise im Einzelhandel üblich – rollierend erst an vier, dann an fünf und zuletzt an sechs Tagen die Woche tätig wird. In diesem Fall ist die Berechnung schon deutlich komplexer. Denn für die Umrechnung des (Mindest-)Urlaubsanspruchs auf Arbeitstage muss zunächst einmal der Zeitraum ermittelt werden, auf den anstelle von einer Woche abzustellen ist. Dieser Zeitraum kann zwischen zwei Wochen und einem ganzen Jahr liegen. Im vorstehenden Beispielsfall etwa würde der Umrechnungszeitraum drei Wochen betragen, da der Arbeitnehmer innerhalb dieses Zeitraums immer im gleichen Rhythmus an insgesamt 15 Tagen (4 + 5 + 6) tätig wird.

Entscheidend ist sodann, dass der Urlaubsanspruch des in unregelmäßig verteilter Arbeitszeit tätig werdenden Arbeitnehmers mit dem Urlaubsanspruch derjenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit regelmäßig verteilt ist, zeitlich gleichwertig ist. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nach § 3 Abs. 1 BUrlG würde ausgehend von 24 Werktagen bei einer Sechs-Tage-Woche im vorstehenden Beispiel mithin 20 Arbeitstage betragen. Dies berechnet sich wie folgt:

24 (gesetzlicher Mindesturlaubsanspruch bei einer Sechs-Tage-Woche) : 18 (Werktage im Umrechnungszeitraum) x 15 (Arbeitstage des rollierend tätigen Arbeitsnehmers) = 20.

Bei einer betrieblichen Regelung, nach der 30 Urlaubstage gewährt werden, hätte der rollierend tätige Arbeitnehmer aus dem Beispielsfall einen Anspruch auf 25 Urlaubstage (30 : 18 x 15 = 25).

Ist der Arbeitnehmer nicht in einem sich regelmäßig wiederholenden System tätig, ist die Berechnung auf das gesamte Jahr zu beziehen. Das BAG geht in diesem Fall von einer Arbeitsverpflichtung an 260 Tagen in der Fünf-Tage-Woche (52 × 5) und von 312 Werktagen in der Sechs-Tage-Woche (52 x 6) aus. Feiertage lässt das BAG hierbei ebenso unberücksichtigt wie die Tatsache, dass das Jahr 365 und nicht lediglich 364 Tage hat. Zu dieser Anzahl von Werktagen sind die tatsächlichen Arbeitstage des Arbeitnehmers in Beziehung zu setzen. Arbeitet ein Schichtarbeitnehmer bei einer betrieblichen Fünf-Tage-Woche beispielsweise 182 Schichten im Jahr, stehen diesem ausgehend von 30 Urlaubstagen bei regelmäßiger Beschäftigung insgesamt 21 Urlaubstage zu (30 : 260 x 182).

Unterjähriger Veränderung der Wochenarbeitstage

Richtig kompliziert wird es, wenn ein Arbeitnehmer seine Wochenarbeitstage unterjährig verändert und ihm noch Urlaubsansprüche zustehen, die er unter dem alten Arbeitszeitregime erworben hat, aber vor dem Wechsel in das neue Arbeitszeitregime nicht nehmen konnte. Diese Fragen hat sowohl das BAG als auch den Europäische Gerichtshof (EuGH) in der jüngeren Vergangenheit wiederholt beschäftigt.

Mit der Problematik der unterjährigen Reduzierung der Wochenarbeitstage sehen sich Arbeitgeber gerade im Zusammenhang mit Arbeitnehmern, die aus der Elternzeit zurückkehren, häufig konfrontiert.

Bildung einer Teilzeitquote

Das BAG hat in der Vergangenheit in solchen Fällen den noch bestehenden Urlaubsanspruch auf die Teilzeitquote reduziert. Der verbliebene Resturlaubsanspruch wurde im Verhältnis der neuen zur alten Anzahl der Arbeitstage pro Woche angepasst, um zu gewährleisten, dass der Arbeitnehmer jeweils eine gleiche Anzahl urlaubsbedingt freier Arbeitswochen erhält.

Keine verhältnismäßige Kürzung

Der EuGH hat dieses Vorgehen dann allerdings mit den Entscheidungen „Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser Tirols″ (Urteil v. 22. April 2010 – C-486/08) und „Brandes″ (Urteil v. 13. Juni 2013 – C-415/12) untersagt. Bei einem Übergang von Vollzeit zu einer Teilzeitbeschäftigung dürfe – so der EuGH – der in Vollzeit erworbene Anspruch auf bezahlten Urlaub, dessen Ausübung dem Arbeitnehmer während der Vollzeittätigkeit nicht möglich war, nach dem Übergang in eine Teilzeitbeschäftigung nicht verhältnismäßig gekürzt werden. Auch das Argument, der erworbene Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub werde bei einer solchen Kürzung nicht vermindert, denn dieser bleibe – in Urlaubswochen ausgedrückt – unverändert, ließ der EuGH nicht gelten. Vielmehr verwarf er dieses ausdrücklich unter Hinweis auf das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten.

Das BAG hat sich dieser europäischen Rechtsprechung unter Aufgabe seiner bisherigen Auffassung im Jahr 2015 angeschlossen (Urteil v. 10. Februar 2015 – 9 AZR 53/14 (F)). In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war ein Arbeitnehmer aus einer Vollzeittätigkeit von fünf Tagen pro Woche unterjährig (ab dem 15. Juli) in eine Teilzeittätigkeit mit vier Wochenarbeitstagen gewechselt. Während der Vollzeittätigkeit hatte er noch keinen Urlaub genommen und war daher der Auffassung, ihm stünden 27 Urlaubstage zu (für das erste Halbjahr 15 Urlaubstage, zuzüglich 12 Urlaubstage für das zweite Halbjahr). Unter Zugrundelegung der Feststellungen des EuGH bestätigte der Neunte Senat diese Auffassung und gab der Klage statt.

Unterjährige Erhöhung der Wochenarbeitstage

Mit dem umgekehrten Fall, nämlich der unterjährigen Erhöhung der Wochenarbeitstage wegen eines Wechsels von Teilzeit in Vollzeit, hatte sich der EuGH sodann in der Entscheidung „Greenfield″ (Urteil v. 11. November 2015 – C-219/14) zu befassen.

Berechnung nach unterschiedlichen Zeiträumen

Der EuGH geht davon aus, dass sich aus den einschlägigen Vorschriften, insbesondere der Richtlinie 2003/88/EG, keine Verpflichtung ergebe, im Falle einer Erhöhung der Wochenarbeitstage die Anzahl der Urlaubstage für Zeiten vor der Erhöhung neu zu berechnen. Vielmehr sei eine solche Nachberechnung nur für den Zeitraum vorzunehmen, in dem sich die Arbeitszeit des Arbeitnehmers erhöht habe. Was die Entstehung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub betreffe, seien nämlich die Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer nach verschiedenen Arbeitsrhythmen arbeite(te), voneinander zu unterscheiden. Wobei die Zahl der entstandenen Einheiten an jährlicher Ruhezeit im Vergleich zur Zahl der geleisteten Arbeitseinheiten für jeden Zeitraum getrennt zu berechnen sei.

Nach zwischenzeitlich verstetigter Rechtsprechung des EuGH stehe dabei die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs zu einer späteren Zeit als dem Zeitraum, in dem die Ansprüche entstanden sind, in keiner Beziehung zu der in dieser späteren Zeit vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitszeit. Die Einheiten bezahlten Jahresurlaubs, die bereits während der Teilzeitbeschäftigung genommen wurden, aber über die in diesem Zeitraum entstandenen Ansprüche hinausgehen, seien von den Ansprüchen abzuziehen, die während der Zeit der Vollzeitbeschäftigung entstehen. Dieser Rechtsprechung liegt die Annahme zugrunde, dass Urlaubsansprüche im Jahresverlauf „Stück für Stück″ durch Arbeit verdient werden und nicht – wie dies nach dem deutschen Urlaubsrecht der Fall ist – bereits am 1. Januar eines Jahres entstehen.

Konsequenz der Rechtsprechung des EuGH: Weniger als 4 Wochen Jahresurlaub sind trotz gesetzlicher Regelung möglich

Im Ergebnis bedeutet dies, dass einem Arbeitnehmer, der bis zum 30.6. an zwei Tagen pro Woche gearbeitet und einen Jahresurlaubsanspruch von sechs Wochen (= 12 Tage) hat, für diesen Zeitraum 6 Urlaubstage (12 : 2) zustehen. Wechselt dieser Arbeitnehmer nun ab der zweiten Jahreshälfte in eine Fünf-Tage-Woche, so stehen ihm für diesen Zeitraum 15 weitere Urlaubstage zu (30 : 2). Insgesamt hat er also 21 (6 + 15) Urlaubstage.

Eine Anpassung der sechs Urlaubstage aus der Teilzeittätigkeit auf die Fünf-Tage-Woche muss nach der Rechtsprechung des EuGH nicht erfolgen, auch wenn das bedeutet, dass sechs Urlaubstage nur noch eine Woche und ein Tag Urlaub anstatt der vorherigen drei Wochen ergeben. Die Rechtsprechung des EuGH kann bei konsequenter Anwendung damit sogar dazu führen, dass ein Arbeitnehmer auf das gesamte Jahr bezogen einen Urlaubsanspruch von weniger als vier Wochen hat, die indes nach Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG als Mindesturlaubsanspruch vorgesehen sind. Ob der EuGH in einer solchen Fallgestaltung seine bisherigen Feststellungen uneingeschränkt aufrechterhalten würde, ist daher zumindest zweifelhaft.

BAG 2017: Keine Fragmentierung in Zeitabschnitte

Im Jahr 2017 hatte auch das BAG über eine derartige Erhöhung der Arbeitszeit zu entscheiden (Urteil v. 14. März 2017 – 9 AZR 7/16). Insoweit ging es um die Frage, ob im Falle eines unterjährigen Wechsels der Arbeitszeitverteilung eine tarifvertragliche Urlaubsregelung dahingehend ausgelegt werden kann, dass der kalenderjährlich bestimmte Urlaubsanspruch in Zeitabschnitte fragmentiert und damit als Summe mehrere (Teil-)Urlaubsansprüche zu berechnen ist. Dies hat das BAG – abweichend von der Rechtsprechung des EuGH – verneint. Einer Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedurfte es aber nicht, da es in dem vorliegenden Fall um über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Mehrurlaub ging, sodass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG nicht berührt wurde.

Diese Bewertung ist nach Ansicht des BAG der Gleichwertigkeit der Urlaubsdauer unabhängig von der Zahl der wöchentlichen Arbeitstage geschuldet. Danach müsse unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Anzahl an Wochenarbeitstagen die Anzahl der Urlaubstage ermittelt werden, die zur gleichen Dauer eines zusammenhängenden gleichwertigen Urlaubs erforderlich sei. Für die Berechnung sei der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Arbeitgeber den Urlaub gewährt.

Urlaubsdauer muss gleichwertig sein

Nach dieser Methode der Gleichwertigkeit der Urlaubsdauer entspricht eine Gewährung von 24 Urlaubstagen bei einer Vier-Tage-Woche einem Anspruch auf 30 Urlaubstage bei einer Fünf-Tage-Woche. Der Arbeitnehmer hat jeweils einen Anspruch auf Freistellung für sechs Wochen.

Ändert sich allerdings die Zahl der Arbeitstage, bevor der Arbeitnehmer den gesamten Urlaubsanspruch genommen hat, werden nach dieser Methode die zum Zeitpunkt der Änderung der Arbeitstage noch nicht genommenen Urlaubstage mit dem Quotienten multipliziert, der sich aus der Anzahl der Wochenarbeitstage unter dem neuen Arbeitszeitregime (Dividend) und der Anzahl der Wochenarbeitstage unter dem alten Arbeitszeitregime (Divisor) ergibt. Hat der Arbeitnehmer beispielsweise während der Vier-Tage-Woche nur 20 anstelle von 24 Urlaubstagen, d.h. fünf statt sechs Wochen Urlaub, genommen, so stehen ihm nach dem Wechsel in Vollzeit noch 5 Urlaubstage (5/4 x 4) zu. Dies entspricht unter dem neuen Arbeitszeitregime dem noch nicht erfüllten Anspruch von einer Urlaubswoche.

Besondere Aufmerksamkeit bei der Berechnung von Urlaubsansprüchen geboten

Bei der Berechnung von Urlaubsansprüchen ist grundsätzlich besondere Aufmerksamkeit geboten. Denn so einfach, wie diese bei einem ersten Blick in das BUrlG erscheint, ist diese bereits deshalb nicht, weil heutzutage die im Gesetz verankerte Sechs-Tage-Woche nicht mehr üblich ist.

Noch mehr Obacht ist aber bei einer unterjährigen Veränderung der Wochenarbeitstage geboten. Bei einem Wechsel von einer Voll- in eine Teilzeittätigkeit sollten Urlaubsansprüche möglichst noch während der Vollzeitphase gewährt und gegebenenfalls vertraglich in Bezug auf den übergesetzlichen Mehrurlaub eine ratierliche Kürzung ausdrücklich geregelt werden. Andernfalls besteht das Risiko, dass ein Arbeitnehmer wegen des von EuGH und BAG aufgestellten Verbots der verhältnismäßigen Kürzung in Vollzeit erworbener Urlaubsansprüche wochenlang nicht zur Arbeit erscheinen muss. Denn so entsprechen beispielsweise 20 während einer Fünf-Tage-Woche erworbene Urlaubstage (= 4 Wochen) zehn Wochen bezahlter Freistellung in einer Zwei-Tage-Woche.

Bei dem umgekehrten Fall der Erhöhung der Arbeitszeit führt die uneinheitliche Auslegung der Berechnung des Urlaubs durch den EuGH und das BAG dazu, dass bei der Berechnung zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch und etwaigem übergesetzlichen Urlaub zu unterscheiden ist, wenn nicht der übergesetzliche Urlaub das vom EuGH festgelegte Schicksal des gesetzlichen Mindesturlaubs teilen soll.

Dieser Text ist ein Beitrag zur #EFARBlogparade „Brennpunkt Urlaub: Aktuelle Fragen zum Urlaubsrecht“.

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Annahmeverzugslohn in der Insolvenz

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Ob eine Forderung in der Insolvenz als Neuforderung oder Altmasseverbindlichkeit eingestuft wird, ist in der Praxis, auf Grund der gesetzlichen Reihenfolge der Befriedigung, von wesentlicher Bedeutung.

Das Bundesarbeitsgericht hat sich im Urteil vom 22. Februar 2018 (Az.: 6 AZR 868/16) nun mit der Frage der insolvenzrechtlichen Einordnung von Annahmeverzugslohn bei Vorliegen von Masseunzulänglichkeit befasst. Nach dem Bundesarbeitsgericht hängt die Qualifizierung als Neumasseforderung davon ab, ob der Insolvenzverwalter die Möglichkeit hatte, das Arbeitsverhältnis vor Entstehung des Lohnanspruchs zu kündigen.

Sachverhalt: Eine unwirksame Kündigung in der Insolvenz

Die Klägerin war seit 1996 bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt. Am 28. März 2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Be­klagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Am selben Tag kündigte dieser das Arbeitsverhältnis der Klägerin erstmals, am 23. August 2012 erneut. Am 31. August 2012 zeigte der Insolvenzverwalter die drohende Masseunzulänglichkeit an.

Die Klägerin erhob gegen die Kündigungen Kündigungsschutzklage, der mangels wirksamer Massenentlassungsanzeige stattgegeben wurde. Im Mai 2013 wurde eine weitere Kündigung ausgesprochen. Im Rahmen des von der Klägerin auch gegen diese Kündigung eingeleiteten Kündigungsschutzprozesses einigten sich die Parteien im Wege eines gerichtlichen Vergleichs darauf, dass das Arbeitsverhältnis mit dem 31. August 2013 endet. Im Anschluss begehrte die Klägerin die Zahlung von Annahme­verzugslohn für den Zeitraum vom 01. Januar 2013 bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses. Sie vertritt insoweit die Auffassung, die Ansprüche seien als Neumasseverbindlichkeit gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO zu qualifizieren und daher in voller Höhe zu befriedigen.

BAG: Annahmeverzugslohn als Neumasseverbindlichkeit

Das BAG ordnete diesen Anspruch auf Annahmeverzugslohn als Neumasseverbindlichkeit gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO ein. Als Neumasseverbindlichkeit ist dieser gemäß § 209 Abs. 1 InsO im Verhältnis zu den übrigen Masseverbindlichkeiten vorrangig zu befriedigen.

Gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO gelten als Neumasseforderungen im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO auch die Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Insolvenzverwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte. Maßgeblich ist also der erste Tag nach Ablauf der Kündigungsfrist.

Entscheidend ist die objektive Lage

Für die Frage der frühesten Kündigungsmöglichkeit ist die objektive Lage entscheidend. Es kommt hierbei nicht auf eine tatsächliche, sondern auf die rechtliche Kündigungsmöglichkeit an. Der Insolvenzverwalter hat insbesondere zunächst die (formellen) Voraussetzung einer Kündigung (z.B. Betriebsratsanhörung, Zustimmung des Integrationsamtes) herbeizuführen.

§ 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO legt den Termin fest, bis zu dem der Insolvenzverwalter das Arbeits­verhältnis spätestens beendet haben muss, um Neumasseverbindlichkeiten zu vermeiden. Da­für ist laut BAG nicht erforderlich, dass der Insolvenzverwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit erneut kündigt, er kann auch an einer zuvor bereits erklärten Kündigung festhalten, die das Arbeitsverhältnis im Falle ihrer Wirksamkeit spätestens zu dem von § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO vorgegebenen Termin beendet. Dann trage er jedoch das Risiko, dass sich diese Kündigung als unwirksam erweist und in der Folge Neumasseverbindlichkeiten begründet werden. Gleiches gilt, wenn der Insolvenzverwalter erstmals nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündige und diese Kündigung unwirksam ist.

Rechtsirrtum des Insolvenzverwalters unerheblich

Gerechnet ab dem Zeitpunkt der drohenden Masseunzulänglichkeit und unter Berücksichti­gung des Zeitraums, den die Herbeiführung der formellen Kündigungsvoraussetzungen in Anspruch genommen hätte, konnte der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2012 bei Einhaltung der dreimonatigen Kündigungsfrist gemäß § 113 S. 2 InsO kündi­gen. Die subjektive Einschätzung, die früheren Kündigungen hätten das Arbeitsverhältnis bereits beendet, ist nicht entscheidungserheblich. Der infolge der Unwirksamkeit der Kündi­gung ab dem 01. Januar 2013 bestehende Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung bis zur Been­digung des Arbeitsverhältnisses war daher als Neumasseverbindlichkeit zu qualifizieren.

Handlungshinweis für den Insolvenzverwalter

Sobald Masseunzulänglichkeit droht oder eintritt, muss der Insolvenzverwalter – sofern er den Arbeitnehmer für die Abwicklung des masseunzulänglichen Verfahrens nicht benötigt – zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen. Andernfalls begründet der Anspruch auf Annahmever­zugslohn eine Neumasseverbindlichkeit. Das ist in vielen Insolvenzverfahren ganz entschei­dend für die Höhe der Forderung des Arbeitnehmers.

Eine Freistellung des Arbeitnehmers verhindert die Rechtsfolge des § 209 Abs. 2 Nr. 2 InsO nicht. Vorsorglich sollte der Insolvenzverwalter daher unmittelbar nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit erneut kündigen und sich nicht auf die Wirksamkeit etwaig zuvor ausgesprochener Kündigungen verlassen.

Benötigt der Insolvenzverwalter den Arbeitnehmer noch zur Abwicklung des masseunzuläng­lichen Verfahrens und kündigt er das Arbeitsverhältnis trotz rechtlicher Möglichkeit nicht rechtzeitig, wird er so behandelt, als hätte er die Masseverbindlichkeit erst begründet, da ihm diese Forderung nicht aufgezwungen wird.

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Koalitionsvertrag – Auswirkungen der geplanten Einschränkung sachgrundloser Befristungen

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Die Große Koalition (GroKo) wird wieder Realität. Nach dem Koalitionsvertrag planen die Parteien für Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten eine prozentuale Grenze sachgrundlos befristeter Arbeitsverhältnisse: nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft dürfen sachgrundlos befristet werden. Überschreitet der Arbeitgeber diese Quote gilt jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Quote soll die letzte sachgrundlose Einstellung eines Arbeitnehmers sein. Es ist offensichtlich, dass die Einhaltung der Quote beim Arbeitgeber viel Bürokratieaufwand schaffen wird. Schließlich muss der Arbeitgeber die Quote bei jeder Einstellung neu berechnen und dokumentieren, wie viele Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Anstellung sachgrundlos befristet tätig waren.

Darüber hinaus will die GroKo die Höchstdauer von sachgrundlosen Befristungen von derzeit 24 Monaten mit drei möglichen Verlängerungen auf 18 Monate mit maximal einer möglichen Verlängerung verkürzen. Dem Koalitionsvertrag ist indes kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass auch die Privilegierung für Startups sowie für ältere Arbeitnehmer eingeschränkt werden soll oder diese bei der Quote eine Rolle spielen. Derzeit ist nach § 14 Abs. 2a TzBfG eine sachgrundlose Befristung bis vier Jahre nach Gründung zulässig. Nach § 14 Abs. 3 TzBfG ist die sachgrundlose Befristung bis zur Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn ein Arbeitnehmer bereits 52. Jahre alt ist und vorher mindestens vier Monate beschäftigungslos war.

Mehr unbefristete Neueinstellungen äußerst unwahrscheinlich

Das Instrument der sachgrundlosen Befristungen wird verstärkt dann genutzt, wenn neue Arbeitnehmer eingestellt werden. Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung erhielt 2013 fast die Hälfte der neu eingestellten Mitarbeiter ein befristetes Arbeitsverhältnis; davon wiederum die Hälfte ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis.

Es ist höchst fraglich, ob das von der SPD in den Koalitionsvertrag eingebrachte Vorhaben, sachgrundlose Befristungen stark einzuschränken, wirklich die beabsichtigten Auswirkungen haben wird. Die aus der Perspektive von Arbeitnehmern gut gemeinte de-facto Abschaffung der sachgrundlosen Befristung soll dazu führen, dass neu einzustellende Arbeitnehmer direkt einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten.

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass es dazu kommen wird. Arbeitgeber nutzen das Flexibilisierungsinstrument der sachgrundlosen Befristungen insbesondere, wenn der Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften lediglich vorübergehender Natur oder aus wirtschaftlichen Gründen unsicher ist. Zudem werden Befristungen oft als eine Art verlängerte Probezeit eingesetzt, wenn die Eignung des Bewerbers fraglich ist.

Bei vorübergehendem Arbeitsbedarf kann teilweise auf Sachgrundbefristung zurückgegriffen werden

Im ersten Fall, wenn der Bedarf an der Arbeitskraft nur vorübergehend besteht, könnten Arbeitgeber das Wegfallen der Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung nach Erreichen der Quote vielleicht durch eine Sachgrundbefristung wegen vorübergehenden Arbeitsbedarfs gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG kompensieren. Allerdings erfordert dies einen hohen Begründungsaufwand: Um nicht Gefahr zu laufen, wegen Unwirksamkeit der Befristung gem. § 16 S. 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu begründen, muss der Arbeitgeber beim Sachgrund des vorübergehenden Arbeitsbedarfs (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG) darlegen, dass nach Ablauf der Befristung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit kein Bedarf mehr an der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers besteht. Allein die bloße Unsicherheit über die weitere Entwicklung ergibt keinen sachlichen Grund.

Ob die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach Ablauf der Befristung wegfällt, kann im Zeitpunkt des Vertragsschlusses jedoch oft noch nicht prognostiziert werden. Von daher kann der Sachgrund des vorübergehenden Arbeitsbedarfs allenfalls teilweise den Wegfall der Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung kompensieren.

Vorteil der Sachgrundbefristung ist, dass diese nach derzeitiger Rechtslage oft verlängert werden kann. Dies plant die GroKo jedoch auch zu kippen: Kettenbefristungen sollen danach nur noch bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig sein.

Alternativen bei unsicherer wirtschaftlicher Entwicklung: Leiharbeit, Werkverträge, Überstunden durch Belegschaft

Im zweiten Fall, wenn die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens unsicher ist, werden Arbeitgeber wohl kaum unbefristete Arbeitskräfte einstellen, denn dann laufen sie Gefahr nach Ende der Hochphase zu viele Arbeitnehmer mit Kündigungsschutz zu beschäftigen. Auf Leiharbeiternehmer oder Werkunternehmer zurückzugreifen ist nicht immer eine Alternative.

Die Anforderungen an die Leiharbeit wurden gerade erst im Rahmen der AÜG-Novelle (in Kraft getreten am 01. April 2017) verschärft. Insbesondere darf der Entleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinander folgende Monate tätig werden lassen (§ 1 Abs. 1b S. 1, 2. Hs. AÜG). Tut er dies doch, geht er das Risiko ein, mit dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis zu begründen (§ 10 Abs. 1 S. 1 AÜG).

Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht dann, wenn der Leiharbeitnehmer auch beim Verleiher unbefristet tätig war (§ 10 Abs. 1 S. 2 AÜG). Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber – benötigt er eine Arbeitskraft länger als 18 Monate – nach Ablauf der Überlassungshöchstdauer einen neuen Leiharbeitnehmer einsetzen muss, der einer neuen Einarbeitung bedarf. Darüber hinaus muss der Entleiher sicherstellen, dass die zahlreichen formalen Anforderungen erfüllt werden: z.B. Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis (§ 1 Abs. 1 S. 1 AÜG), Offenlegung der Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 Abs. 1 S. 5 AÜG).

Auch der Einsatz von Werkunternehmern birgt Risiken. Werden diese in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert oder unterliegen sie dessen direkten Weisungen, liegt schnell Scheinselbstständigkeit vor. Die Möglichkeit des Einsatzes eines Werkunternehmers sollte insbesondere auch im Hinblick auf die Strafbarkeit des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 266a StGB sorgfältig geprüft werden.

Vor dem Hintergrund dieser Risiken bei Leiharbeit und Werkverträgen müssen Arbeitgeber künftig genau überlegen, wie sie ihren Arbeitsbedarf abdecken. Die Zusammenarbeit mit (selbständigen) Dienstleistern oder das Abwälzen der Mehrarbeit auf die Stammbelegschaft durch Ableistung von Überstunden dürften nicht im Sinne der SPD liegen.

Bei Unsicherheit über Eignung des Bewerbers zukünftig im Zweifel keine Neueinstellung

Überdies wird auf das Instrument sachgrundloser Befristungen häufig zurückgegriffen, wenn die Eignung des Bewerbers fraglich ist und dieser sich erst noch beweisen muss. In solchen Fällen wird dem Arbeitnehmer oft erst die Chance eröffnet, überhaupt einen Arbeitsvertrag zu erhalten. Erweist sich der Arbeitnehmer im Laufe der Befristung als geeignet, steht ihm die Möglichkeit eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Anschluss oft gerade nur deshalb offen, weil zunächst die Möglichkeit einer „verlängerten Probezeit“ bestand.

Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung hat sogar beobachtet, dass die Anzahl innerbetrieblicher Übernahmen in unbefristete Arbeitsverhältnisse entsprechend höher ausfällt, je höher der Anteil sachgrundloser Befristungen an den eingesetzten befristeten Beschäftigungsverhältnissen ist.

Auswirkungen einer Einschränkung sachgrundloser Befristungen sollten beachtet werden

Sollte die sachgrundlose Befristung wirklich derart weitreichend eingeschränkt werden, wie es nach dem Koalitionsvertrag geplant ist, würde dies einen schweren Rückschlag für die Flexibilität von Arbeitgebern bedeuten. Insbesondere auch mit Blick auf die Verschärfung der Anforderungen im AÜG im letzten Jahr, ist die Leiharbeit für Arbeitgeber kaum noch eine attraktive Alternative.

Die GroKo sollte bei der Umsetzung des Koalitionsvertrags aber auch die Auswirkungen einer solchen Befristungseinschränkung auf die Arbeitnehmer bedenken.

Unsere Beitragsreihe informiert rund um die Pläne der GroKo in den verschiedenen Rechtsbereichen. Bereits erschienen sind Beiträge zu den allgemeinen Änderungen im Arbeitsrecht sowie speziell zur Zeitarbeit, zu den Auswirkungen der geplanten Einschränkung sachgrundloser Befristungen, zum Recht auf befristete Teilzeit und zu den Änderungen hinsichtlich flexibler und mobiler Arbeitsgestaltung. Weiter ging es mit einem Überblick über die von der GroKo im Koalitionsvertrag geplanten Maßnahmen zu den Themen Venture Capital, Start-ups und Unternehmensgründung. Wir haben zudem einen Überblick über die Änderungspläne der GroKo im Steuerrecht gegeben. Auch haben wir die Pläne einer Musterfeststellungsklage und eines Sanktionsrechts für Unternehmen beleuchtet. Neben einem Überblick übers Gesellschaftsrecht haben wir uns auch mit der SPE näher beschäftigt. Zuletzt sind wir auf die Sitzverlegungsrichtlinie und die Reform des Personengesellschaftsrechts eingegangen.

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Nachvertragliches Wettbewerbsverbot – Rücktritt durch den Arbeitnehmer

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Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses daran hindern, für einen Wettbewerber tätig zu werden, so muss sich dieses Verbot an strengen formellen und materiellen Voraussetzungen messen lassen. Das Bundesarbeitsgericht hat nun in einem aktuellen Fall (BAG, Urteil v. 31. Januar 2018 – 10 AZR 392/17) gezeigt, dass der Arbeitgeber auch nach der wirksamen Vereinbarung weiter Sorgfalt bei der Auszahlung der Karenzentschädigung walten lassen sollte. Zahlt der Arbeitgeber die Karenzentschädigung nicht, kann der Arbeitnehmer vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurücktreten.

Zu unterscheiden: vertragliches und nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gilt das Verbot der Konkurrenztätigkeit auch ohne ausdrückliche Vereinbarung. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses ist ein solches – dann nachvertragliches – Wettbewerbsverbot für einen Arbeitnehmer hingegen nur verbindlich, wenn er als Gegenleistung für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots monatlich eine Karenzentschädigung erhält.

Die Karenzentschädigung muss mindestens die Hälfte der bisherigen durchschnittlichen Bezüge einschließlich Sonderzahlungen und Sachleistungen betragen. Die Formulierung dieser Karenzentschädigung sowie der weiteren Details des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sind allerdings oftmals fehleranfällig. Konsequenz von ungenügenden Vereinbarungen können sowohl die Unwirksamkeit der Abrede als auch ihre Unverbindlichkeit sein. Die Unverbindlichkeit führt zu einem Wahlrecht des Arbeitnehmers, sich von dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu lösen oder daran festzuhalten.

Arbeitnehmer tritt unbeabsichtigt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurück

Einen in Anbetracht der Schwierigkeiten bei der Formulierung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eher untypischen Fall hatte das BAG nun zu entscheiden. Es ging dabei nicht um die Wirksamkeit der ursprünglichen Vereinbarung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, vielmehr trat der Arbeitnehmer unbeabsichtigt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurück.

Arbeitnehmer vereinbarte zuvor dreimonatiges Wettbewerbsverbot

Mit dem Arbeitnehmer war für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein dreimonatiges Wettbewerbsverbot vereinbart. Hierfür sollte eine Karenzentschädigung in Höhe von 50 % der monatlich zuletzt bezogenen durchschnittlichen Bezüge bezahlt werden. Das Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des 31. Januar 2016. Die somit erstmalig für den Monat Februar 2016 fällige Karenzentschädigung wurde jedoch durch den Arbeitgeber nicht gezahlt. Mit E-Mail vom 01. März 2016 forderte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber unter Fristsetzung vergeblich zur Zahlung auf. Am 08.März 2016 schrieb der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber eine weitere E-Mail mit folgendem Inhalt:

Bezugnehmend auf Ihre E-Mail vom 1. März 2016 sowie das Telefonat mit Herrn B. möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle.

Der Arbeitgeber zahlte auch in der Folge die Karenzentschädigung nicht. Mit seiner Klage machte der Arbeitnehmer die Zahlung der Karenzentschädigung für die vertraglich vereinbarten drei Monate geltend. Er vertrat die Auffassung, sich nicht einseitig vom Wettbewerbsverbot losgesagt zu haben. Die Erklärung in der E-Mail sei lediglich eine Trotzreaktion gewesen. Der beklagte Arbeitgeber meinte dagegen, der klagende Arbeitnehmer habe durch die E-Mail vom 08. März 2016 wirksam seinen Rücktritt erklärt. Erstinstanzlich wurde der Klage noch vollumfänglich stattgegeben. Auf die Berufung des Arbeitgebers hat das Landesarbeitsgericht Nürnberg das Urteil (Urteil vom 24. Mai 2017 – 4 Sa 564/16) teilweise abgeändert und einen Anspruch auf Karenzentschädigung nur für die Zeit vom 01. Februar bis zum 08. März 2016 – dem Zeitpunkt der Rücktrittserklärung – zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Argumentation des Arbeitnehmers, es habe sich um eine Trotzreaktion gehandelt, die ohne rechtliche Auswirkungen bleiben sollte, folgte das Gericht somit nicht.

Bestätigung der Entscheidung des LAG Nürnberg durch das BAG

Das BAG hat sich der Entscheidung des LAG Nürnberg angeschlossen. Auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sind, da es sich um einen gegenseitigen Vertrag zwischen zwei Parteien handelt, die allgemeinen Regelungen zum Rücktritt anwendbar. Da im vorliegenden Fall der Arbeitgeber seine Leistung nicht erbracht hat, konnte der Arbeitnehmer zurücktreten; schließlich lagen auch die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen vor. Der Rücktritt wirkt dabei ex nunc, das heißt, die gegenseitigen Pflichten entfallen mit Wirkung für die Zukunft ab dem Moment des Zugangs der Rücktrittserklärung.

Neben der Sorgfalt, die bei der Formulierung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots angewendet werden sollte, hat das BAG nun klargestellt, dass diese auch nach Ende des Arbeitsverhältnisses im Umgang mit dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot von beiden Parteien nicht außer Acht gelassen werden sollte.

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EuGH: Kein Kündigungsschutz für Schwangere im Rahmen von Massenentlassungen

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Der EuGH (Urteil v. 22. Februar 2018 – C-103/16) hatte u.a. zu entscheiden, ob eine Massenentlassung mit der Mutterschutzrichtlinie 92/85/EWG vereinbar ist. Die Richtlinie verbietet die Kündigung von Arbeitnehmerinnen in der Zeit vom Schwangerschaftsbeginn bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs. Davon ausgenommen sind allerdings „nicht mit ihrem Zustand in Zusammenhang stehende Ausnahmefälle″, die entsprechend nationaler Regeln zulässig sind.

EuGH: Massenentlassung als Ausnahmefall im Sinne der Richtlinie 92/85/EWG

Ein spanisches Unternehmen kündigte einer schwangeren Arbeitnehmerin und teilte ihr mit, dass weitgreifende Entlassungen bevorständen, weil der Geschäftsbetrieb in ihrem Tätigkeitsbereich nicht rentabel sei. Die formalen Voraussetzungen wurden nach spanischem Recht eingehalten. Die Arbeitnehmerin erhob gegen die Kündigung Klage.

Der EuGH befand, dass Massenentlassungen von Schwangeren einen Ausnahmefall im Sinne der Richtlinie darstellen. Erforderlich sei dafür, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich erklärt werde und mit den Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats übereinstimme. Zuletzt seien die Nennung der Gründe, die nicht in der Person der Schwangeren liegen dürfen, sowie die sachlichen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer erforderlich.

Schwangeren können auch in Deutschland von Massenentlassungen betroffen sein

Nach dieser Entscheidung ist auch in Deutschland eine Entlassung von Schwangeren im Rahmen von Massenentlassungen nicht ausgeschlossen. Nach § 17 Abs. 3 MuSchG bedarf diese jedoch u. a. die Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde, der insoweit eine weiter Ermessensspielraum zusteht. Die Kündigung von werdenden Müttern unterliegt somit in Deutschland auch bei Massenentlassungen weiterhin erheblichen Hürden.

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