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Geschäftsführervertrag hebt Arbeitsverhältnis auf

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Die Bestellung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer der Gesellschaft wirft regelmäßig die Frage nach dem Schicksal des zuvor bestehenden Arbeitsverhältnisses auf. Zum Schwur kommt es dann, wenn der Geschäftsführer abberufen wird und sich auf ein Arbeitsverhältnis beruft.

Früher ging das Bundesarbeitsgericht (BAG) davon aus, das Arbeitsverhältnis ruhe während der Amtszeit als Geschäftsführer und lebe nach Abberufung wieder auf.

Heute ist ständige Rechtsprechung, dass mit Abschluss eines Geschäftsführervertrages das Arbeitsverhältnis entsprechend aufgehoben wird. Einer gesonderten Aufhebung bedarf es nicht. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat dies jüngst bestätigt (Urteil v. 25. Oktober 2017 – 3 Sa 61/17).

Erst Aufstieg zum Geschäftsführer und dann die Kündigung

Die Parteien stritten um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses und die Rechtswirksamkeit einer Kündigung. Der Kläger war bei der Beklagten zunächst als „Betriebsleiter“ zu einem Bruttomonatsgehalt von EUR 3.000,00 tätig. Dann wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Es wurde ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von EUR 3.000,00, ein Weihnachtsgeld in gleicher Höhe und eine Tantieme vereinbart.

Der schriftliche Geschäftsführervertrag enthielt u.a. eine Regelung, wonach „dieser Vertrag alle vorangegangen mündlichen oder schriftlichen Beratungen oder Vereinbarungen über die Beschäftigungsbedingungen“ ersetze, insbesondere „auch etwaige Arbeitsverträge“.

Die Freude über den neu erworbenen Status als Geschäftsführer wahrte indes nicht lange. Bereits nach elf Monaten erhielt er die Kündigung und wurde als Geschäftsführer abberufen. Der Kläger erhob nun Klage vor dem Arbeitsgericht mit dem Argument, sein Arbeitsverhältnis sei nie aufgehoben worden. Er sei unverändert als „Betriebsleiter“ zu einem Bruttomonatsgehalt von EUR 3.000,00 beschäftigt worden. Die Geschäftsführertätigkeit habe nur auf dem Papier bestanden.

Aufhebung des Arbeitsverhältnisses durch Geschäftsführervertrag

Die Klage war vor dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht erfolglos. Mit Bestellung und Abschluss des Geschäftsführervertrages habe der Kläger eine entsprechende Organstellung wahrgenommen und das ehemals bestehende Arbeitsverhältnis aufgehoben. Dies ergebe sich aus dem Vertrag selbst, der die Aufhebung von „etwaigen Arbeitsverträgen“ ausdrücklich vorsehe.

Um einen anderweitigen Parteiwillen feststellen zu können, bedürfe es konkreter Anhaltspunkte (z. B. kann das Ruhen des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich geregelt sein oder sich aus den Umständen ergeben). Diese lagen hier nicht vor.

Das LAG bezog sich auf die ständige Rechtsprechung des BAG, wonach im Abschluss eines Geschäftsführvertrages durch einen Arbeitnehmer „im Zweifel“ die konkludente Aufhebung des Arbeitsverhältnisses liege. In diesen Fällen werde auch das Schriftformerfordernis des § 623 BGB gewahrt (BAG, Urteil v. 14. Juni 2006 – 5 AZR 592/05; Urteil v. 19. Juli 2007 – 6 AZR 774/06). Diese Vermutung gelte, soweit nicht klar und eindeutig etwas anderes vertraglich vereinbart worden ist.

Im Geschäftsführervertrag liege sodann die entsprechende Aufhebung des vorangehenden Arbeitsverhältnisses. Dem Arbeitnehmer müsse im Regelfall klar sein, dass er mit dem Abschluss eines Geschäftsführervertrages seinen Status als Arbeitnehmer aufgebe; zumindest, soweit keine anderweitigen Festlegungen getroffen werden. Die vertraglichen Beziehungen würden auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage verliere ihre Bedeutung.

Grow and go: Beförderung zum Geschäftsführer als Mittel zur Kündigung

In der Praxis ist die „Beförderung″ zum Geschäftsführer eine beliebte wie effektive Methode, Arbeitnehmer mit kündigungsschutzrechtlichem Bestandsschutz in Geschäftsführer ohne Bestandsschutz zu verwandeln. Dies spart im Zweifel hohe Abfindungskosten, eine Trennung gelingt leichter.

Den Verlockungen des Geschäftsführeramtes, meist gepaart mit Gehaltserhöhung, Dienstwagen und Tantieme, halten viele Arbeitnehmer nicht stand. In diesem Fall wahrte das Glück vom Geschäftsführerstatus nicht einmal ein Jahr.

Hat die richtige Person unterschrieben?

Aus Sicht der Gesellschaft ist vorsorglich zu prüfen, ob die anstellenden Gesellschaften identisch sind. Auch sollte stets mindestens eine bevollmächtigte Person den Geschäftsführervertrag unterschreiben, die im Zweifel auch wirksam einen Aufhebungsvertrag mit dem Arbeitnehmer schließen kann.

Ein Problem kann bei Drittanstellung oder der Übernahme von Geschäftsführerpositionen in verbundenen Unternehmen entstehen (LAG Düsseldorf, Urteil v. 12. Januar 2011 – 12 Sa 1411/10). Das BAG geht ohne weitere Begründung darüber hinweg: Nicht entscheidend sei, ob der Arbeitnehmer den Geschäftsführervertrag mit einer anderen Gesellschaft oder unmittelbar mit seinem Arbeitgeber schließt (BAG, Urteil v. 14. Juni 2006 – 5 AZR 592/05). Der dortige Fall spielte allerdings vor Inkrafttreten des Schriftformerfordernisses, § 623 BGB .

Instanzgerichte kommen durchaus auch zu anderen Ergebnissen: Schließt ein Arbeitnehmer mit einer Schwestergesellschaft seines Arbeitgebers einen schriftlichen Geschäftsführervertrag, so liegt darin nicht zugleich die schriftliche Aufhebung des Arbeitsvertrages zum Arbeitgeber (LAG Hessen, Urteil v. 1. Februar 2013 – 10 Sa 1005/12).

Geschäftsführervertrag sollte ausdrückliche Regelung enthalten

Daher sollte im Zweifel eine ausdrückliche Regelung im Geschäftsführervertrag aufgenommen werden. Die Gesellschafterversammlung ist auch für den Abschluss des Geschäftsführervertrages zuständig. Diese Annexkompetenz umfasst grundsätzlich auch die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Vorsorglich sollten den Geschäftsführervertrag auch für den bisherigen Arbeitgeber vertretungsberechtigte Personen mitunterzeichnen, falls die Gesellschaften nicht identisch sind.

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Flexiblere Arbeitszeiten und mobiles Arbeiten – egal wann, wo und wie?

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Durch die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien werden Arbeitsgegenstand, Arbeitsmittel und Arbeitsprozesse digitalisiert und die Arbeit damit mehr und mehr orts- und zeitunabhängig; zur Arbeitserbringung erforderlich sind nur noch entsprechende mobile digitale Endgeräte wie Smartphone, Tablet oder Laptop, um von jedem Ort der Welt arbeiten zu können.

Die Unionsparteien und die SPD wollen dieser Entwicklung laut ihres Koalitionsvertrages in der kommenden Legislaturperiode Rechnung tragen und flexiblere Arbeitszeiten und mobiles Arbeiten durch verschiedene Maßnahmen fördern bzw. erleichtern.

Koalitionsvertrag: Mobiles und flexibles Arbeiten fördern

In Rede steht die Einführung einer Tariföffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zur Ermöglichung und Flexibilisierung von Arbeitszeit. Auf der Grundlage dieser Tarifverträge könne dann – so die Koalitionsparteien – mittels Betriebsvereinbarungen insbesondere die Höchstarbeitszeit wöchentlich flexibler geregelt werden. Auch das mobile Arbeiten soll unterstützt werden, indem Arbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegen ihren Arbeitgeber haben, wenn dieser ihr Verlangen auf mobiles Arbeiten ablehnt.

Auffallend ist, dass die in der Praxis auftretenden arbeitsrechtlichen Schwierigkeiten bei dem Versuch der zeitlichen und örtlichen Flexibilisierung der Arbeit im Koalitionsvertrag nicht konkret angesprochenen werden.

Arbeitszeitrechtlicher Rahmen bei zeitlicher Entgrenzung der Arbeit

Die Nutzung von mobilen digitalen Endgeräten durch Arbeitnehmer hat dazu geführt, dass Arbeitnehmer oftmals zeitlich unabhängig arbeiten können und wollen. Der klassische „Nine-to-Five-Job″ wird immer mehr zum Auslaufmodell.

Schwierigkeiten bei der flexiblen Handhabung bereiten in der Praxis jedoch nicht selten die starren Regelungen des ArbZG. Demnach ist eine regelmäßige werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden zu beachten, wobei diese auf bis zu zehn Stunden verlängert werden kann, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 ArbZG). Zudem hat der Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden (§ 5 Abs. 1 ArbZG).

Etwaige Verstöße gegen das ArbZG werden dem Arbeitgeber grundsätzlich zugerechnet und stellen eine Ordnungswidrigkeit (§ 22 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ArbZG), ggf. sogar eine Straftat (§ 23 Abs. 1 ArbZG) dar. Arbeitgeber sind daher gut beraten, auf die Einhaltung der Regelungen des ArbZG zu achten. Dies gilt auch, wenn eine gewisse freie zeitliche Gestaltung der Arbeitszeit durch die Arbeitnehmer wünschenswert und in der heutigen Zeit unabdingbar ist.

Arbeitszeit im Sinne des ArbZG

Nicht selten stellt sich jedoch im Zeitalter der Digitalisierung die Frage, ob überhaupt Arbeitszeit im Sinne des ArbZG vorliegt. Dies z.B. dann wenn der Arbeitnehmer bereits früh morgens/spät abends E-Mails von unterwegs/zu Hause bearbeitet oder dringende Arbeitsaufträge auch bis spät in die Nacht hinein erledigt.

Die einen gehen in diesen Konstellationen davon aus, dass Arbeit im Sinne des ArbZG nur dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber das Arbeiten ausdrücklich oder konkludent angeordnet hat. Andere vertreten die Ansicht, dass Arbeit im Sinne des ArbZG schon dann gegeben ist, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsergebnis annimmt. Schließlich wird noch vertreten, dass – sobald der Arbeitnehmer tätig wird – er auch im Sinne des ArbZG arbeitet, ein Vorwurf an den Arbeitgeber bei Überschreiten der Grenzen des ArbZG aber nur dann erfolgen kann, wenn dieser davon Kenntnis hatte oder hätte haben können.

Letztere Auffassung erscheint im Sinne der Klarheit vorzugswürdig; zumal es der Arbeitgeber in der Hand hat, das Tätigwerden des Arbeitnehmers zu unterbinden bzw. nicht zu dulden und damit eine Zurechnung von etwaigen Verstößen gegen das ArbZG auszuschließen.

Ständige Erreichbarkeit durch mobiles Arbeiten

Des Weiteren nicht geklärt ist die Frage, wie mit der ständigen Erreichbarkeit des Arbeitnehmers durch Nutzung von mobilen digitalen Endgeräten arbeitszeitrechtlich umzugehen ist. Das ArbZG schweigt dazu.

Geht man davon aus, dass der Arbeitnehmer nur gelegentlich geschäftliche E-Mails bearbeitet oder kurze Telefonate führt, ist nach überzeugender Auffassung eine solche Tätigkeit arbeitszeitrechtlich der Rufbereitschaft ähnlich. Auch wenn keine Rufbereitschaft angeordnet ist, so hat der Arbeitgeber doch oftmals die Erwartungshaltung, dass der Arbeitnehmer zeitnah reagiert; gleichzeitig wird dem Arbeitnehmer – anders als beim Bereitschaftsdienst – keine Vorgabe zu seinem Aufenthaltsort gemacht und er somit auch nicht aus seinem sozialen Umfeld gerissen.

Wie im Falle der angeordneten Rufbereitschaft ist daher nur die tatsächliche Arbeit (d.h. die Dauer des vereinzelten Bearbeitens von E-Mails bzw. Führen von Telefonaten) als Arbeitszeit zu werten. Verdichtet sich die ständige Erreichbarkeit allerdings zu einer permanenten Tätigkeit des Arbeitnehmers, wird man dies arbeitszeitrechtlich dem Bereitschaftsdienst gleichstellen müssen.

Unterbrechung der Ruhezeit

Auch mit Blick auf die Vorgabe einer ununterbrochenen Ruhezeit von elf Stunden stellt sich die Frage, wie mit der digitalen Arbeitsweise umzugehen ist.

Während argumentiert wird, dass kurzfristige Unterbrechungen der Ruhezeit irrelevant sein sollen, da dadurch der mit der Ruhezeit bezweckte Erholungswert nicht verloren gehe, ist fraglich, ob die deutsche Rechtsprechung eine solche Aufweichung der gesetzlichen Regelung mitgehen würde. Dies auch zumal diese Regelung auf einer EU-Richtlinie basiert (RL 2003/88/EG) und insoweit den Mitgliedsstaaten kein Handlungsspielraum zusteht.

Arbeitsschutz bei örtlicher Entgrenzung der Arbeit

Der Arbeitgeber ist nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet, den Arbeitsschutz durch geeignete bauliche, technische, organisatorische und individuelle Maßnahmen sicherzustellen (§ 4 ArbSchG). Der Arbeitgeber ist zu einer Gefährdungsermittlung  und -beurteilung der jeweiligen Tätigkeit verpflichtet auf deren Basis er dann die zur Vermeidung der ermittelten Gefahren erforderlichen Maßnahmen treffen muss (§ 5 ArbSchG). Das ArbSchG gilt unabhängig davon, wo der Arbeitnehmer arbeitet; genau darin liegt die Schwierigkeit seiner Anwendung bei der örtlichen Entgrenzung der Arbeit.

Um die notwendige Gefährdungsermittlung bzw. -beurteilung der Tätigkeit des Arbeitnehmers durchführen und die notwendigen Schutzmaßnahmen ergreifen zu können, benötigt der Arbeitgeber Informationen über den außerbetrieblichen Arbeitsplatz des Arbeitnehmers. Ist die Informationsbeschaffung im Falle eines Telearbeitsplatzes durch einfaches Nachfragen beim Arbeitnehmer zu bewerkstelligen, stellt sie sich weitaus schwieriger bzw. aufgrund der Vielzahl der Bedingungen als unmöglich dar, wenn der Arbeitnehmer quasi an jedem beliebigen Ort (z.B. auf Reisen im Zug oder Flugzeug, beim Kunden vor Ort, an öffentlichen Plätzen) arbeitet bzw. arbeiten kann. Nichtsdestotrotz wird man von Arbeitgebern fordern müssen, dass sie versuchen, die relevanten Informationen zu erlangen bzw. jedenfalls die typischerweise zu erwartenden Bedingungen bei ihrer Gefährdungsermittlung bzw. -beurteilung zu Grunde legen.

Auch das Ergreifen von Schutzmaßnahmen stellt sich in solchen Konstellationen nicht weniger schwierig dar. Dennoch sollten Arbeitgeber unter Berücksichtigung der derzeitigen Gesetzeslage nicht untätig bleiben, sondern organisatorische Schutzmaßnahmen ergreifen, d.h. die Arbeitnehmer über die erforderlichen Arbeitsschutzregelungen unterweisen und sie konkret anweisen, diese einzuhalten. Denkbar wäre auch, den Rahmen innerhalb dessen, der eigene Arbeitsort und -platz gewählt werden darf, festzulegen, z.B. durch Mindestarbeitszeiten an einem betrieblichen Arbeits- oder Telearbeitsplatz.

Fazit: bestehende Probleme müssen mehr Beachtung finden

Es ist aus arbeitsrechtlicher Sicht begrüßenswert, dass sich die Koalitionsparteien für „gute digitale Arbeit″ einsetzen und sich um einen passenden Rahmen kümmern wollen; das zeigt, dass ihnen bewusst ist, dass das derzeitige arbeitsrechtlichen Normengefüge bei flexibler zeitlicher und örtlicher Arbeit an seine Grenzen stößt.

Im Koalitionsvertrag ist jedoch nur die Rede davon, dass eine Tariföffnungsklausel im ArbZG „Experimentierräume für tarifgebundene Unternehmen schaffen″ soll, um eine Öffnung für mehr selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche Flexibilität „zu erproben″. Weitere Änderungen des ArbZG oder des ArbSchG sind nicht vorgesehen. Es liegt daher letztlich an den Tarifparteien, ob eine Lösung zur Flexibilisierung gefunden wird und es nehmen nur tarifgebundene Arbeitgeber an einer solchen Flexibilisierung teil.

Auch die Feststellung im Koalitionsvertrag, wonach Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) zunimmt, und die angesprochenen Neuregelungen (der Anteil abzurufender und zu vergütender Zusatzarbeit darf die vereinbarte Mindestarbeitszeit um höchsten 20% unterschreiten und 25% überschreiten; fehlt eine Vereinbarung zur wöchentlichen Arbeitszeit gilt eine Arbeitszeit von 20 Stunden) werden wohl (wenn überhaupt) nur eine geringfügige weitere Flexibilisierung schaffen und decken nicht die bzgl. Arbeitszeit und Arbeitsschutz angesprochenen Probleme ab.

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn sich die Koalitionsparteien mit einer für alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer geltenden Gesamtlösung befasst hätten, die den Wunsch nach mehr zeitlicher und örtlicher Flexibilität auf der einen Seite und den vom Arbeitgeber zu leistenden arbeitsrechtlichen (Schutz)Pflichten auf der anderen Seite in einen fairen – und für den Arbeitgeber auch umsetzbaren – Ausgleich bringt.

Denkbar wäre z.B. mit Blick auf das ArbZG eine (vorsichtige) Anpassung, die es ermöglichte, dass alle Arbeitnehmer in einem gewissen Rahmen zeitlich flexibel arbeiten können. Insofern wird z.B. anstelle einer täglichen Höchstarbeitszeit ein wöchentlicher Zeitrahmen diskutiert. Zu überlegen wäre auch, ob die geringfügige Unterbrechung von Ruhezeiten zulässig sein sollte; hier wäre jedoch zu prüfen, ob eine solche Regelung mit EU-Richtlinien vereinbar ist. Dass die Koalitionsparteien jedoch über das im Koalitionsvertag Vereinbarte hinaus tätig werden, erscheint äußert fraglich und so werden weiterhin die dargestellten Probleme – jedenfalls für nicht tarifgebundene Arbeitgeber – an der Tagesordnung sein.

Unsere Beitragsreihe informiert rund um die Pläne der GroKo in den verschiedenen Rechtsbereichen. Bereits erschienen sind Beiträge zu den allgemeinen Änderungen im Arbeitsrecht sowie speziell zur Zeitarbeit, zu den Auswirkungen der geplanten Einschränkung sachgrundloser Befristungen, zum Recht auf befristete Teilzeit und zu den Änderungen hinsichtlich flexibler und mobiler Arbeitsgestaltung. Weiter ging es mit einem Überblick über die von der GroKo im Koalitionsvertrag geplanten Maßnahmen zu den Themen Venture Capital, Start-ups und Unternehmensgründung. Wir haben zudem einen Überblick über die Änderungspläne der GroKo im Steuerrecht gegeben. Auch haben wir die Pläne einer Musterfeststellungsklage und eines Sanktionsrechts für Unternehmen beleuchtet. Neben einem Überblick übers Gesellschaftsrecht haben wir uns auch mit der SPE näher beschäftigt. Zuletzt sind wir auf die Sitzverlegungsrichtlinie und die Reform des Personengesellschaftsrechts eingegangen.

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Hinweis auf fehlenden Beschäftigungsbedarf nicht ausreichend für Ablehnung von Elternteilzeit

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Während der Elternzeit kann jede Form der Erwerbstätigkeit ausgeübt werden, solange diese nicht mehr als 30 Wochenstunden in Anspruch nimmt (§ 15 Abs. 4 BEEG). Auf diese Weise möchte der Gesetzgeber Eltern den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern.

Häufig wird diese Teilzeit in Elternzeit beim gleichen Arbeitgeber ausgeübt. Insoweit sieht das Gesetz vor, dass der Arbeitnehmer zunächst einmal versuchen soll, mit dem Arbeitgeber eine einvernehmliche Regelung über eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit herbeizuführen (§ 15 Abs. 5 S. 1 – 3 BEEG). Wird eine solche einvernehmliche Regelung getroffen, sind sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer daran gebunden.

Einseitiges Verlangen des Arbeitnehmers bei fehlender Einigung

Scheitert eine solche einvernehmliche Regelung aber, kann der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einseitig von seinem Arbeitgeber verlangen, die bisherige Tätigkeit in einem Umfang von 15 bis 30 Wochenstunden während der Elternzeit auszuüben (§ 15 Abs. 7 BEEG).

Formelle Voraussetzungen für ein solches Verlangen nach Teilzeitbeschäftigung sind, dass

  1. der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt, wobei Auszubildende nicht mitzuzählen sind,
  2. das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat,
  3. die Teilzeitbeschäftigung mindestens zwei Monate lang erfolgen soll,
  4. der Arbeitnehmer einen entsprechenden Antrag spätestens sieben Wochen vor dem gewünschten Beginn der Teilzeitbeschäftigung gestellt hat und
  5. der Antrag hinreichend bestimmt ist, also mindestens den Beginn und den Umfang der begehrten Teilzeittätigkeit enthält.

Ablehnung der Teilzeitbeschäftigung in Elternzeit nur bei dringenden betrieblichen Gründen möglich

Dem Arbeitgeber steht keine Entscheidungsfreiheit zu. Vielmehr besteht ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit nur dann nicht, wenn ihm „dringende betriebliche Gründe“ entgegenstehen.

Die Anforderungen an die Ablehnungsgründe sind damit noch höher als jene, die für die Ablehnung eines Anspruches auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8TzBfG erforderlich sind. Dort werden nämlich lediglich „betriebliche Gründe“ gefordert.

Mit dem Begriff „dringend“ in § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich oder auch sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen mithin von erheblichem Gewicht sein. Sie müssen sich gleichsam als zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung der Arbeitszeit darstellen (vgl. BAG, Urteil v. 15. April 2008 – 9 AZR 380/07).

Bloßer Hinweis auf fehlende Beschäftigungsmöglichkeit nicht ausreichend

Die bloße Behauptung, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit für eine entsprechende Teilzeitkraft, reicht nicht aus. Vielmehr hat der Arbeitgeber eine solche Ablehnung umfassend zu begründen und die entsprechenden Tatsachen zu bezeichnen. Dies hat das LAG Hessen jüngst noch einmal ausdrücklich klargestellt (Urteil v. 3. Juli 2017 – 7 Sa 1341/16).

Die Parteien stritten darum, ob der Klägerin, die vor ihrer Elternzeit als Abteilungsleiterin tätig war und über Erfahrung in verschiedenen Bereichen verfügte, ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung mit 30 Wochenstunden bei der Beklagten zustand. Die Klägerin war der Auffassung, dass der begehrten Teilzeitbeschäftigung in Elternzeit keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstanden. Insoweit hatte sie eine Reihe von Stellen benannt, auf denen sie aus ihrer Sicht hätte eingesetzt werden können. Der beklagte Arbeitgeber hingegen war der Ansicht, das Teilzeitverlangen der Klägerin zu Recht wegen dringender betrieblicher Gründe abgelehnt zu haben. Auf sämtlichen von der Klägerin benannten Stellen sei eine Beschäftigung nicht möglich gewesen. Denn entweder seien diese entfallen oder aber die Klägerin habe die hierzu erforderlichen Qualifikationen nicht gehabt.

Erhebliche Anforderungen an das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe

Das LAG Hessen hat der Klägerin Recht gegeben. Es führte dazu aus, dass an das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe nach § 15 Abs. 7 S. 1 Nr.4 BEEG erhebliche Anforderungen zu stellen seien. Der Arbeitgeber müsse die zugrundeliegenden Tatsachen begründen.

Die Darlegungslast unterscheide sich insoweit nicht von dem nach § 1 Abs. 2 KSchG gebotenen Vortrag zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung. Die Ausgangssituationen seien vergleichbar. In beiden Varianten gehe es um den unbestimmten Rechtsbegriff „dringende betriebliche“ Gründe bzw. Erfordernisse. Im Kündigungsrecht müssten sie einer dauerhaften Weiterbeschäftigung des Arbeitsnehmers, im Recht der Elternteilzeit einer befristeten Beschäftigung mit der gewünschten verringerten Arbeitszeit entgegenstehen.

Betriebsschließung und Verlagerung der Arbeiten sind ausreichend

Berücksichtigungsfähig seien etwa die Schließung des Betriebes oder der Abteilung, die Auflösung der Arbeitsgruppe, die Verlagerung der Arbeiten auf Dritte und ähnliche Umstände. Dabei sei wie im Kündigungsrecht näher zu konkretisieren, aufgrund welcher Umstände kein betrieblicher Beschäftigungsbedarf bestehe.

Alle Aufgaben mit einzubeziehen, die dem Arbeitnehmer übertragen werden können

Dazu müsse der Arbeitgeber auf die Tätigkeit abstellen, die der Arbeitnehmer vor Beginn der Elternzeit auf seinem Arbeitsplatz ausgeübt habe. In die erforderliche Darlegung seien sodann alle Aufgaben einzubeziehen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts übertragen könne. Dabei müsse der Arbeitgeber klarstellen, ob und warum die Arbeitsaufgaben des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Ablehnung der Teilzeitbeschäftigung weggefallen sein könnten. Insbesondere bei größeren Betrieben könne hierauf wegen der dynamischen Entwicklung im Personalbereich durch Fluktuationen oder Inanspruchnahme von Elternzeit nicht verzichtet werden (vgl. auch BAG, Urteil v. 5. Juni 2007 – 9 AZR 82/07).

Besondere Sorgfalt bei der Begründung erforderlich

Nach alledem ist bei der Begründung der Ablehnung einer Teilzeitbeschäftigung in Elternzeit besondere Sorgfalt geboten. Dabei ist zu beachten, dass eine Ablehnung nach dem Willen des Gesetzgebers und der Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen soll. In jedem Fall wird es erforderlich sein, den bestehenden Gesamtbedarf an Arbeitszeitkapazität darzulegen und diesem die tatsächliche Besetzungssituation im Einzelnen gegenüberzustellen.

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Das Recht auf befristete Teilzeit – Probleme und Auswirkungen für Arbeitgeber

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Langsam aber sicher nimmt die neue Große Koalition (GroKo) ihre Arbeit auf. Wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, ist die Einführung eines Rechts auf befristete Teilzeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geplant. Doch dieses Recht geht einher mit rechtlichen Problemen und praktischen Auswirkungen für Arbeitgeber.

Die Koalitionsparteien haben sich – erneut – darauf verständigt, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zukünftig einen Anspruch auf Rückkehr zur früheren Arbeitszeit erhalten sollen. Ein entsprechendes Gesetz (Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts, im Folgenden: „RefE“) sollte es bereits in der letzten Legislaturperiode geben. Der Entwurf war allerdings gescheitert.

Was gilt bislang?

Nach derzeitiger Rechtslage gewährt § 8 TzBfG dem Arbeitnehmer lediglich ein Recht auf zeitlich unbegrenzte Teilzeit. Ein Anspruch des Teilzeitbeschäftigten gegen den Arbeitgeber auf Aufstockung seiner Arbeitszeit besteht bislang nicht. § 9 TzBfG gewährt dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer lediglich einen Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung im Wettbewerb um eine neu zu besetzende freie Stelle mit externen Bewerbern, wobei der Arbeitgeber dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter einwenden kann. Wer demnach seine Arbeitszeit unbefristet reduziert hat, steckt heutzutage nicht selten in der „Teilzeitfalle“.

Erneute Gesetzesinitiative des gescheiterten RefE mit Änderungen geplant

Nach dem Koalitionsvertrag soll der gescheiterte RefE mit der Maßgabe der im Koalitionsvertrag vereinbarten Änderungen neu ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. Demnach soll es ein Recht auf befristete Teilzeit und damit ein automatisches Wiederaufleben der vor der Teilzeit ausgeübten (Vollzeit-)Beschäftigung geben. Das Recht auf befristete Teilzeit hätte folgende Voraussetzungen:

  1. Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers besteht länger als sechs Monate (§ 9a Abs. 1 S. 1 RefE).
  • Diese Voraussetzung enthält nach geltender Rechtslage bereits das Recht auf unbefristete Teilzeit nach § 8 Abs. 1 TzBfG.
  1. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt in der Regel mehr als 45 Mitarbeiter.
  • Für das Recht auf unbefristete Teilzeit setzt das Gesetz lediglich die Beschäftigung von in der Regel mehr als 15 Mitarbeitern voraus, § 8 Abs. 7 TzBfG.
  • Hier stellt sich zum einen die Frage, ob unter „Unternehmen“ nur das einzelne Unternehmen oder der gesamte Konzern fallen soll. Für eine konzernweite Betrachtung könnte der Zusatz „insgesamt“ sprechen. Diese Frage kann bedeutsam werden, wenn zwar der Konzern die Schwelle reißt, das Unternehmen sich jedoch unterhalb der Schwelle bewegt. Dass mit dem Begriff der betriebsverfassungsrechtliche „Betrieb“ gemeint ist, ist äußerst unwahrscheinlich. Die Literatur zu § 8 Abs. 7 TzBfG geht ebenso von einer unternehmensbezogenen Betrachtung aus.
  • Darüber hinaus ist fraglich, welche Mitarbeiter „in der Regel“ bei dem Unternehmen beschäftigt sind. Fallen darunter auch Leiharbeitnehmer, befristet Beschäftigte, Geschäftsführer und Auszubildende? Werden Teilzeitbeschäftigte nur anteilig berücksichtigt? Die Begrifflichkeit „in der Regel“ ist insbesondere bekannt aus § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG, in dem die Anwendbarkeit des KSchG geregelt ist. Darüber hinaus taucht die Begrifflichkeit bei den Schwellenwerten der Massenentlassungsanzeige gem. § 17 Abs. 1 KSchG sowie im erst am 6. Januar 2018 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetz (§ 12 Abs. 1) auf. Da aber das TzBfG in § 8 Abs. 7 selbst bereits einen Schwellenwert enthält, wäre die Auslegung wohl daran zu orientieren. Zu § 8 Abs. 7 TzBfG wird überwiegend angenommen, dass Teilzeitbeschäftigte Vollzeitbeschäftigten für das Erreichen des Schwellenwerts gleichstehen. Leiharbeiternehmer dürften ebenfalls mitzuzählen sein, Auszubildende wohl nicht.
  1. Der Arbeitnehmer muss die Verringerung der Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen (§ 9a Abs. 2 RefE i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG).
  2. Der Verringerung der Arbeitszeit stehen keine betrieblichen Gründe entgegen (§ 9a Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG).
  • Das BAG legt die betrieblichen Gründe eng aus, sodass die Ablehnung eines Antrags für Arbeitgeber nachvollziehbar begründet und durch ein betriebliches Organisationskonzept belegt werden muss.
  1. Das Ende der letzten befristeten Teilzeit des Arbeitnehmers ist bereits mindestens ein Jahr her.
  2. Die letzte berechtigte Ablehnung eines Antrags auf Verringerung der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber ist mindestens zwei Jahre her (§ 9a Abs. 4 S. 2 RefE i.V.m. § 8 Abs. 6 TzBfG).
  3. Hat das Unternehmen zwischen 46 und 200 Mitarbeiter kann es den Antrag auf befristete Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, wenn bereits einem pro angefangenen 15 Mitarbeitern der Anspruch gewährt wurde (Zumutbarkeitsgrenze). Dabei sind die ersten 45 Mitarbeiter mitzuzählen.
  • Die Zumutbarkeitsgrenze gilt für größere und große Unternehmen nicht. Dementsprechend werden solche Unternehmen keine Handhabe haben, aus Zumutbarkeitsgründen Anträge auf befristete Verringerung der Arbeitszeit abzulehnen. Ihnen steht lediglich der Ablehnungsgrund der betrieblichen Gründe zur Verfügung.
  1. Das Unternehmen kann den Antrag auf befristete Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, wenn diese ein Jahr unter- oder fünf Jahre überschreitet. Die Tarifparteien können hierzu abweichende Regelungen treffen.

Während der zeitlich befristeten Teilzeitarbeit hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit oder auf vorzeitige Rückkehr zur früheren Arbeitszeit. Nach § 9a Abs. 3 RefE soll § 9 TzBfG für die Zeit der befristeten Teilzeit entsprechend gelten. Damit soll sichergestellt werden, dass die üblicherweise geltende Pflicht des Arbeitgebers zur bevorzugten Berücksichtigung des Teilzeitbeschäftigten bei der Besetzung einer freien Stelle auch während der befristeten Teilzeit gilt.

Wie bereits beim heutigen Recht auf unbefristete Teilzeit muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch beim Recht auf befristete Teilzeit seine Entscheidung spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung schriftlich mitteilen, wenn mit dem Arbeitnehmer keine Vereinbarung darüber getroffen wurde (§ 9a Abs. 2 RefE i.V.m. § 8 Abs. 5 S. 2 TzBfG). Tut er dies nicht, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang.

Möglichkeiten der Kompensation der befristet fehlenden Arbeitskraft

Es besteht die Möglichkeit die teilweise fehlende Arbeitskraft durch Einstellung einer sachgrundbefristeten Ersatzarbeitskraft zu kompensieren. In Betracht kommt der Sachgrund der Vertretung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG). Hat der Arbeitnehmer eine befristete Teilzeit von 1 bis 5 Jahren genommen (vgl. oben Voraussetzung Nr. 8), kann eine entsprechende Ersatzarbeitskraft nach den Plänen der GroKo zur „Kettenbefristung“ bis zu einer Dauer von 5 Jahren rechtmäßigerweise befristet werden (vgl. „). Fraglich ist nur, ob Arbeitgeber qualifizierte Arbeitskräfte finden, wenn diesen lediglich ein befristeter Arbeitsvertrag ohne Aussicht auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten werden kann. Die Suche nach einer qualifizierten befristeten Arbeitskraft könnte insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels mitunter schwierig werden.

Darüber hinaus kann das fehlende Arbeitszeitvolumen durch Einsatz eines Leiharbeitnehmers kompensiert werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Entleiher den Leiharbeitnehmer nur 18 aufeinander folgende Monate in seinem Betrieb tätig werden lassen darf (§ 1 Abs. 1b S. 1, 2. Hs. AÜG). Überschreitet er diesen Zeitraum begründet er ein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer (§ 10 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG). Der Arbeitgeber müsste dementsprechend verschiedene Leiharbeitnehmer beschäftigen, wenn die befristete Teilzeit länger als 18 Monate dauert. Diese müssten allerdings immer wieder neu eingearbeitet werden.

Gesetzentwurf abwarten

Während sich die Auswirkungen für mittelständische Unternehmen mit 46 bis 200 Mitarbeitern noch in Grenzen halten, da für sie die sog. Zumutbarkeitsgrenze gilt, bedeutet die geplante Gesetzesänderung für größere und große Unternehmen eine starke Einschränkung der mittel- und langfristigen Personaleinsatzplanung. Der Organisations- und Planungsaufwand wird deutlich wachsen. Letztlich ist abzuwarten, wie der erste Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums aussehen wird. Wir werden Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden halten.

Unsere Beitragsreihe informiert rund um die Pläne der GroKo in den verschiedenen Rechtsbereichen. Bereits erschienen sind Beiträge zu den allgemeinen Änderungen im Arbeitsrecht sowie speziell zur Zeitarbeit, zu den Auswirkungen der geplanten Einschränkung sachgrundloser Befristungen, zum Recht auf befristete Teilzeit und zu den Änderungen hinsichtlich flexibler und mobiler Arbeitsgestaltung. Weiter ging es mit einem Überblick über die von der GroKo im Koalitionsvertrag geplanten Maßnahmen zu den Themen Venture Capital, Start-ups und Unternehmensgründung. Wir haben zudem einen Überblick über die Änderungspläne der GroKo im Steuerrecht gegeben. Auch haben wir die Pläne einer Musterfeststellungsklage und eines Sanktionsrechts für Unternehmen beleuchtet. Neben einem Überblick übers Gesellschaftsrecht haben wir uns auch mit der SPE näher beschäftigt. Zuletzt sind wir auf die Sitzverlegungsrichtlinie und die Reform des Personengesellschaftsrechts eingegangen.

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Ablösung eines Jubiläumsgeldes durch Gesamtbetriebsvereinbarung

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Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern Leistungen vorbehaltlos zusagen, können sich von dieser Zusage nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen wieder lösen. Individualrechtlich ist der Arbeitgeber regelmäßig auf das Einverständnis des Arbeitnehmers angewiesen, da eine Änderungskündigung nur in seltensten Fällen Erfolg verspricht. Für die Praxis bedeutsam ist daher die Frage, ob sich der Arbeitgeber durch betriebliche Normen (insbesondere in Form von Betriebsvereinbarungen) von der Leistungszusage lösen kann.

Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil vom 24. Oktober 2017 (Az.: 1 AZR 846/15) auseinandergesetzt. Das Gericht hat entschieden, dass die Betriebsparteien berechtigt sind, Leistungszusagen, die auf einer betriebsvereinbarungsoffen ausgestalteten Gesamtzusage beruhen, abzuändern. Der Arbeitnehmer müsse (bei betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltete)n Gesamtzusagen mit deren Verschlechterung und sogar dem völligen Fortfall durch eine (Gesamt-)Betriebsvereinbarung rechnen. Sein Vertrauen auf die Fortgewähr der Leistungen sei daher nicht schutzwürdig. Wesentlich ist damit, wann eine Gesamtzusage betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet ist.

Streit über den Anspruch auf Gewähr von Jubiläumsgeld

Eine Arbeitnehmerin hatte gegen ihren Arbeitgeber auf Zahlung eines sog. Jubiläumsgeldes geklagt. Das Jubiläumsgeld war den Arbeitnehmern auf Grundlage zweier Rundschreiben der Rechtsvorgängerin des beklagten Arbeitgebers aus dem Jahre 1999 im Einvernehmen mit dem Gesamtbetriebsrat gewährt worden. In den Rundschreiben wurden die Voraussetzungen und die Höhe der Jubiläumszahlungen im Einzelnen geregelt.

2006 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf den beklagten Arbeitgeber über. Dieser schloss 2008 mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung zu Jubiläumsgeldern. Die Gesamtbetriebsvereinbarung sah vor, dass die beiden Rundschreiben mit Inkrafttreten der Gesamtbetriebsvereinbarung aufgehoben werden.

Mit Wirkung zum 28. Februar 2013 kündigte der Arbeitgeber die Gesamtbetriebsvereinbarung. Nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses machte die Arbeitnehmerin die Zahlung des Jubiläumsgeldes geltend. Auf Grundlage der beiden Rundschreiben habe sie mit Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf das Jubiläumsgeld erworben. Dieser bestehe fort.

Individualrechtlicher Anspruch aus Gesamtzusage?

Ein Anspruch der Arbeitnehmerin auf Gewähr des Jubiläumsgeldes aus den beiden Rundschreiben würde voraussetzen, dass der Inhalt der Rundschreiben rechtlich als Gesamtzusage des Arbeitgebers zu qualifizieren ist, die nach wie vor gilt.

Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teils von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen (BAG, Urteil v. 20. August 2014 – 10 AZR 453/13). Wenn der Arbeitgeber die Leistungsgewährung in einer Form verlautbart, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen, wird die Zusage Inhalt des Arbeitsvertrages. Einer ausdrücklichen Annahme des Arbeitnehmers bedarf es nicht. Er kann die Leistung ohne weiteres beanspruchen.

Das BAG hatte im vorliegenden Fall offen gelassen, ob der Inhalt der Rundschreiben als Gesamtzusage zu bewerten ist. Denn streitig war insoweit, ob die Rundschreiben tatsächlich (in hinreichender Art und Weise) gegenüber den Arbeitnehmern verlautbart wurden. Jedenfalls – so das BAG – sei eine behauptete Gesamtzusage durch die nachfolgende Gesamtbetriebsvereinbarung abgelöst worden. Eine solche Ablösung sei möglich, da die Gesamtzusage konkludent betriebsvereinbarungsoffen gewesen sei.

Rechtsprechung des BAG zur konkludenten Betriebsvereinbarungsoffenheit

Das BAG setzt insoweit seine Rechtsprechung zur konkludenten Betriebsvereinbarungsoffenheit von vertraglichen Absprachen fort. Im Jahr 2013 (BAG, Urteil v. 5. März 2013 – 1 AZR 417/12) hatte das BAG bereits entschieden, dass (arbeits-)vertragliche Vereinbarungen konkludent betriebsvereinbarungsoffen sein können. Dies sei regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat.

In der Praxis war und ist diese Rechtsprechung des BAG von hoher Relevanz. Sie vergrößert den Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien und verdrängt das im Verhältnis von Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung geltende Günstigkeitsprinzip weitgehend. Denn grundsätzlich ist eine Abänderung von vorbehaltlosen Leistungen des Arbeitgebers durch Betriebsvereinbarung nur dann möglich, wenn die Neuregelung für die Arbeitnehmer nicht ungünstiger ist. Sind vertragliche Abreden aber (konkludent) betriebsvereinbarungsoffen, können die Betriebsparteien auch für die Arbeitnehmer ungünstigere Abänderungen vereinbaren.

Gesamtzusage über Jubiläumsgeld konkludent betriebsvereinbarungsoffen

Nach diesen Maßstäben kommt das BAG im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass eine etwaige Gesamtzusage über eine Jubiläumszuwendung jedenfalls (konkludent) betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet gewesen ist.

Der erforderliche kollektive Bezug sei für die Arbeitnehmerin erkennbar gegeben gewesen, da es sich um eine betriebseinheitlich gewährte Leistung gehandelt habe. Zudem seien die Rundschreiben im Einvernehmen mit dem Gesamtbetriebsrat erlassen worden. Die Arbeitnehmerin musste daher damit rechnen, dass die Leistungen in Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat umgestaltet und abgelöst werden können. Damit war die Gesamtzusage einer für die Arbeitnehmer ungünstigeren Abänderung durch die Betriebsparteien zugänglich.

Kein Verstoß gegen höherrangiges Recht

Die Ablösung etwaiger vormals auf Grundlage einer Gesamtzusage bestehender Ansprüche auf ein Jubiläumsgeld ist nach Auffassung des BAG auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Eigentumsgarantie des Arbeitnehmers aus Art. 14 GG, die über § 75 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BetrVG Berücksichtigung findet, sei nicht betroffen. Der Schutzbereich erfasse nicht einen erst künftig entstehenden Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung eines Jubiläumsgeldes. Auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes des Arbeitnehmers ständen einer Ablösung nicht entgegen. Ein Arbeitnehmer könne nicht auf den unveränderten Fortbestand von betriebsvereinbarungsoffen ausgestalteten Leistungen vertrauen.

Praxishinweise für den Arbeitgeber

Nach der Rechtsprechung des BAG kann der Arbeitgeber Leistungszusagen an die Arbeitnehmer regelmäßig durch Vereinbarungen mit dem Betriebsrat abändern. Betriebsvereinbarungen erweisen sich daher als ein geeignetes Gestaltungsinstrument, um Leistungszusagen an die wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitgebers anzupassen.

Eine (gänzliche) Ablösung der versprochenen Leistungen erfolgt aber nur dann, wenn die Betriebsparteien eine inhaltsgleiche Betriebsvereinbarung treffen. Hierauf wird bei der Ausgestaltung der Vereinbarungen in der Praxis zu achten sein.

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Kündigung einer Zeitarbeitnehmerin wegen eines Anspruchs auf equal pay?

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Das ArbG Mönchengladbach musste sich mit einem Fall befassen, der – zumindest hintergründig – auch die zum 1. April 2017 in Kraft getretene AÜG-Reform betraf (Az. 1 Ca 2686/17).

Das Gericht hatte laut der Pressemitteilung vom 20. März 2018 über die Kündigung einer Mitarbeiterin eines Zeitarbeitsunternehmens zu entscheiden.

Kündigung aufgrund fehlender Beschäftigungsmöglichkeit

Die Klägerin war seit 2013 bei der Beklagten in Teilzeit beschäftigt. Sie war durchge­hend bei einem Einzelhandelsunternehmen als Kassiererin eingesetzt. Der Kunde lehnte einen Einsatz der Klägerin über den 31. Dezember 2017 hinaus ab.

Das Zeitarbeitsunternehmen kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin daraufhin be­triebsbedingt aufgrund fehlender Beschäftigungsmöglichkeit zum Ablauf des Jahres 2017. Gleichzeitig sagte es der Klägerin zu, sie ab dem 2. April 2018 wieder einzustel­len.

Die Klägerin hat gegen die Kündigung Klage erhoben. Die Kündigung sei nur ausgesprochen worden, um ihren Anspruch aus § 8 Abs. 4 AÜG auf diejenige Vergütung, die auch den Stammkräften des Einsatzbe­triebes gezahlt werde, zu verhindern. Dies reiche zur Rechtfertigung der Kündigung nicht aus.

Die Beklagte hat die Kündigung darauf gestützt, dass sie keine andere Einsatzmög­lichkeit für die Klägerin habe. Diese sei – wie ein ganz überwiegender Teil ihrer übrigen Arbeitnehmer – bei demselben Einzelhandelsunternehmen eingesetzt worden. Auf die Ent­scheidung des Kunden, die Klägerin vorübergehend nicht einzusetzen, habe sie selbst keinen Einfluss nehmen können.

Kündigung unwirksam – fehlende Beschäftigungsmöglichkeit nicht (ausreichend) dargelegt

Das Gericht hat der Klage stattgegeben und die Unwirksamkeit der Kündigung festge­stellt. Der Arbeitgeber habe nicht dargelegt, dass die Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin für einen hinreichend langen Zeitraum fortgefallen sei. Die fehlende Ein­satzmöglichkeit für drei Monate und einem Tag sei insoweit nicht ausreichend.

Es sei Sinn und Zweck des AÜG, dem Einsatz von Zeitarbeit­nehmern zur Erledigung von Daueraufgaben entgegenzuwirken. Dadurch, dass die Beklagte fast ausschließlich für das eine Einzelhandelsunternehmen tätig sei, würde die Geltung des KSchG praktisch aufgehoben, wenn allein die fehlende Einsatzmöglichkeit zur Rechtfertigung der Kündigung ausreichen würde. In einem solchen Fall sei auch der Grund für die fehlende Einsatzmöglichkeit zu berück­sichtigen.

Rechtsprechung des BAG: Vorliegen von kurzfristigen Auftragsschwankungen kann keine Kündigung rechtfertigen

Im Ergebnis wendet das ArbG Mönchengladbach die zur Kündigung von Zeitarbeitnehmern ständige höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG zunächst konsequent an (vgl. nur Urteil v. 18. Mai 2006 – 2 AZR 412/05). Danach gilt Folgendes:

Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung entsteht ein Überhang an Zeitarbeitnehmern, wenn der Einsatz von Zeitarbeitnehmern endet, ohne dass der Arbeitnehmer wieder bei anderen Kunden oder im Betrieb des Personaldienstleisters sofort oder auf absehbare Zeit eingesetzt werden kann. Dabei reicht ein bloßer Hinweis auf einen auslaufenden Auftrag und auf einen fehlenden Anschlussauftrag regelmäßig nicht aus, um einen – dauerhaften – Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zu begründen.

Der Arbeitgeber muss an Hand der Auftrags- und Personalplanung vielmehr darstellen, warum es sich nicht nur um eine – kurzfristige – Auftragsschwankung, sondern um einen dauerhaften Auftragsrückgang handelt und ein anderer Einsatz des Arbeitnehmers bei einem anderen Kunden bzw. in einem anderen Auftrag – auch ggf. nach entsprechenden Anpassungsfortbildungen – nicht in Betracht kommt. Dies gilt umso mehr, als es dem Wesen der Arbeitnehmerüberlassung und dem Geschäft eines Zeitarbeitsunternehmens entspricht, Arbeitnehmer – oft kurzfristig – bei verschiedenen Auftraggebern einzusetzen und zu beschäftigen. Es kann geschehen, dass bereits einen Tag nach Ausspruch der Kündigung ein neuer Kunde kurzfristig Bedarf für einen Arbeitnehmer und dessen Einsatz anmeldet. Deshalb ist es gerechtfertigt, an die Darlegung der Tatsachen, auf denen die zu stellende Prognose des zukünftigen Beschäftigungsvolumens beruht, dezidierte Anforderungen – auch in zeitlicher Hinsicht – zu stellen. Das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Auftragsschwankungen muss auszuschließen sein. Kurzfristige Auftragslücken sind bei einem Zeitarbeitsunternehmen nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung i.S.v. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG zu rechtfertigen, da sie zum typischen Wirtschaftsrisiko dieser Unternehmen gehören.

Darlegungs- und Beweislast beim Personaldienstleister

Auf den konkreten Fall übertragen, bedarf es seitens des Zeitarbeitsunternehmens tatsächlich eines gewissen Aufwands. Unter Beachtung der Darlegungs- und Beweislast muss dieses hinreichend substantiieren, dass bei dem bisherigen Kunden, bei anderen Kunden oder im internen Bereich keine Einsatzmöglichkeit mehr besteht und auch in Zukunft nicht mehr bestehen wird.

Das ArbG Mönchengladbach geht davon aus, dass ein Auftragsmangel von 3 Monaten und 1 Tag zumindest nicht hinreichend ist, um eine Kündigung zu begründen. Etwas nebulös wird auch angedeutet, dass es wohl darauf ankommen kann, wie sich die Kundenstruktur des Personaldienstleisters darstellt und dass – sofern überwiegend nur ein Kunde bedient wird – auch die Gründe für die fehlende Einsatzmöglichkeit zu berücksichtigen sein könnten. Zudem dürfte das Zeitarbeitsunternehmen durch dessen Vortrag, die Mitarbeiterin nach einer Unterbrechung von 3 Monaten und 1 Tag wieder einzustellen, in der Tat dagegen sprechen, dass ein (dauerhafter) Auftragsrückgang vorgelegen hat. Auch die Frage der (richtigen) Sozialauswahl hätte sich im Rahmen der sozialen Rechtfertigung der betriebsbedingten Kündigung sicherlich noch gestellt; darauf kam es aber in der konkreten Entscheidung schon nicht mehr an.

Für die Einzelheiten sind jedoch die vollständig abgesetzten Gründe abzuwarten. Aus diesen ist ggf. abzuleiten, ob das ArbG Mönchengladbach den möglichen Ausschluss eines equal pay-Anspruchs durch die Unterbrechung des Kundeneinsatzes um 3 Monate und 1 Tag, der nach dem Vortrag der Klägerin das Motiv für die Abmeldung und letztlich auch für die die Kündigung darstellen soll, bei der Bewertung, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist, berücksichtigt hat.

Die weiteren Einzelheiten entnehmen Sie einer unserer nächsten Ausgaben des „Infobriefs Zeitarbeit“, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com oder kira.falter@cms-hs.com).

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Kündigung wegen des Verdachts der Beteiligung am „Jihad″ unwirksam

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Mit Urteil vom 12. März 2018 hat das LAG Niedersachsen (Az.: 15 Sa 319/17) eine außerordentliche Kündigung für unwirksam erklärt, die wegen des Verdachts der Zugehörigkeit eines Arbeitnehmers zur „salafistischen Szene″ ausgesprochen worden war.

Der Arbeitnehmer war von Geburt deutscher Staatsangehöriger und seit 2008 als Montagewerker beschäftigt. Gegen ihn bestand der Verdacht, er wolle sich dem militanten „Jihad″ im Ausland anschließen. Der Verdacht beruhte auf folgenden Tatsachen: Der Kläger war durch das LKA Niedersachsen und das Bundesamt für Verfassungsschutz zur Kontrolle und Grenzfahndung ausgeschrieben worden. Deshalb war eine beabsichtigte Flugreise nach Istanbul im Dezember 2014 durch die Bundespolizei verhindert und dem Kläger der Reisepass entzogen worden. Die dagegen gerichtete Klage vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig blieb ohne Erfolg. Seit Januar 2018 hat der Kläger einen neuen Reisepass.

Nachdem die Arbeitgeberin von diesen Vorgängen Kenntnis erlangt und dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, kündigte sie das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Zur Begründung führte sie an, aufgrund des Verdachts gegen den Arbeitnehmer seien der Betriebsfrieden und die Sicherheit im Unternehmen gefährdet.

Der Arbeitgeber konnte jedoch keinen Nachweis für eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses oder einen dringenden Verdacht vorweisen. Von dem Arbeitnehmer ginge daher nach Ansicht des Gerichts keine eine Gefährdung für die Sicherheit und den Betriebsfrieden aus. Der bloße Verdacht, der Arbeitnehmer gehöre der salafistischen Szene an und wolle sich der militanten „Jihad-Bewegung″ anschließen, rechtfertige eine Kündigung nicht. Nach Ansicht des LAG Niedersachsen könnten rein außerdienstliche Umstände, die keinen Bezug zur Tätigkeit des Arbeitnehmers aufweisen, weder eine ordentliche noch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen wurde die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Verdachtskündigung nur unter engen Voraussetzungen

Mit seinem Urteil führt das LAG Niedersachsen die Rechtsprechung des BAG fort, die grundsätzlich strenge Anforderungen an Verdachtskündigungen stellt.

Zwar kann der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung oder einer Straftat durch den Arbeitnehmer grundsätzlich Grund für eine Kündigung sein. Allerdings muss sich dieser Verdacht als dringend und auf objektive Tatsachen gestützt darstellen. Ein dringender Verdacht ist dann gegeben, wenn eine große Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung begangen hat.

Der Arbeitgeber hat hierbei eine umfassende Sachverhaltsaufklärungspflicht. Er hat alle im Einzelfall zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um den Sachverhalt aufzuklären. Ganz wesentlich ist dabei die Anhörung des verdächtigen Arbeitnehmers; sie stellt eine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung dar.

Schließlich ist bei Verdachtskündigungen auch der Betriebsrat anzuhören und anhand einer Interessenabwägung im Einzelfall festzustellen, ob das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zwischen den Vertragsparteien zerstört ist.

Bezug zum Arbeitsverhältnis

Wird die Kündigung wegen des Verdachts einer Straftat ausgesprochen, muss die Straftat, derer der Arbeitnehmer verdächtigt wird, im Zusammenhang mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten stehen. Ein solcher Zusammenhang kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer die Straftat während der Arbeitszeit oder mit Betriebsmitteln des Arbeitgebers begangen hat.

Nach der Rechtsprechung des BAG kann nur ausnahmsweise eine Straftat eine Verdachtskündigung rechtfertigen, die der Arbeitnehmer außerhalb der dienstlichen Tätigkeit begangen haben soll. Die vertragliche Nebenpflicht der Vertragsparteien, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen, besteht auch außerhalb der Arbeitszeit. Allerdings kommt eine Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn das außerdienstliche Verhalten negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat (vgl. z. B. BAG, Urt. v. 27. Januar 2011 − 2 AZR 825/09).

In einer möglichen Revision zum vorgenannten Fall wird daher zu beachten sein, ob das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zu der Frage, wann sich außerdienstliches Verhalten negativ auf den Betrieb des Arbeitgebers auswirkt oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis aufweist, weiter präzisiert.

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Die Auswirkungen der DSGVO auf Zeitarbeitsunternehmen

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Am 25. Mai 2018 ist es soweit – die neue DSGVO ist europaweit anzuwenden. Dabei sorgt sie mit zahlreichen Neuerungen und vor allem einem deutlich verschärften Sanktionsrahmen in vielen Unternehmen für Katerstimmung.

Neben der DSGVO tritt auch die Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes in Kraft

Nicht nur die DSGVO tritt als unmittelbar geltendes Recht in allen Mitgliedsstaaten der EU in Kraft, sondern auch eine vollständige Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG-neu) in Deutschland. Der Unionsgesetzgeber hat darauf verzichtet, den Beschäftigtendatenschutz in der DSGVO umfassend zu regeln. Stattdessen hat er mit Art. 88 DSGVO eine bereichsspezifische Öffnungsklausel geschaffen. Diese erlaubt es dem nationalen Gesetzgeber, den Beschäftigtendatenschutz selbst zu regeln – natürlich nur unter Beachtung der grundlegenden Prinzipien der DSGVO.

Auch für andere Detailbereiche finden sich Öffnungsklauseln in der DSGVO. Der deutsche Gesetzgeber hat – als bislang nur einer von zweien in der EU (!) – diesen Auftrag angenommen und ein vollständig neues BDSG erlassen, das ebenfalls am 25. Mai 2018 in Kraft tritt. Darin findet sich § 26 BDSG-neu, der den Bereich des Beschäftigtendatenschutzes regelt und den bisherigen § 32 BDSG ersetzt.

DSGVO UND BDSG-neu enthalten wichtige Regelungen für Verleiher und Entleiher von Zeitarbeitskräften

Sowohl für den Verleiher als auch für den Entleiher von Zeitarbeitskräften sind die Neuerungen der DSGVO und des BDSG-neu von erheblicher Bedeutung. Wurden Verstöße gegen Bestimmungen des Datenschutzes bisher oftmals durch die Behörden nicht konsequent oder mit relativ unempfindlichen Strafen geahndet, wird sich dies nunmehr ändern. Zum einen haben die Aufsichtsbehörden bereits angekündigt, künftig konsequent gegen Verstöße vorgehen zu wollen; diese rüsten zu diesem Zweck auch personell auf. Zum anderen sieht die DSGVO eine weitgehende Erweiterung der Haftung sowie eine erhebliche Verschärfung der Geldbußen vor. Diese können nunmehr je nach Qualität und Reichweite des Verstoßes entweder bis zu 10 Mio. EUR oder 2% des weltweiten Konzernumsatzes des letzten Geschäftsjahres (bei formellen Verstößen, nachfolgend „Stufe 1″) oder bis zu 20 Mio. EUR oder 4% des weltweiten Konzernumsatzes des letzten Geschäftsjahres (bei materiellen Verstößen, nachfolgend „Stufe 2″) betragen, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Aus diesem Grund wird es für alle Unternehmen in Zukunft von außerordentlicher Bedeutung sein, durch ein entsprechendes Datenschutzmanagement die Einhaltung der Vorgaben der DSGVO und des BDSG-neu sicherzustellen. Der Stellenwert des Datenschutzes in Unternehmen ändert sich durch die gesetzlichen Neuregelungen von einem „Mauerblümchen″ zu einem Kernthema im Bereich der Compliance.

Für Unternehmen in der Zeitarbeitsbranche ergeben sich aufgrund des Dreiecksverhältnisses zwischen Verleiher, Entleiher und Zeitarbeitskraft Besonderheiten.

Datenverarbeitungen bei Verleiher und Entleiher nur mit Rechtsgrundlage zulässig

Die DSGVO übernimmt den Grundsatz des bisherigen deutschen Datenschutzrechts auf die europäische Ebene: Die Verarbeitung personenbezogener Daten bedarf stets einer Rechtsgrundlage. Dieses sogenannte „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt″ bedeutet, dass jede Datenverarbeitung erst einmal verboten ist, es sei denn, der Verantwortliche kann sich auf eine gültige Rechtsgrundlage stützen. Diese kann sich im Beschäftigungskontext entweder aus dem Gesetz (§ 26 BDSG-neu oder Art. 6 Abs. lit. f) DSGVO), aus einer Einwilligung oder – mit gewissen Einschränkungen – auch aus einer Betriebsvereinbarung ergeben. Eine materiell unzulässige Datenverarbeitung wäre nach Stufe 2 bußgeldbewehrt.

Zeitarbeitskräfte sind „Beschäftigte″ bei Verleiher und Entleiher

Für die Zeitarbeitsbranche findet sich nunmehr die Klarstellung, dass auch Zeitarbeitnehmer zu den Beschäftigten im Sinne des BDSG-neu zu zählen sind (§ 26 Abs. 8 Nr. 1 BDSG-neu). Zeitarbeitskräfte sind somit nicht nur im Verhältnis zu dem Verleiher, sondern auch im Verhältnis zum Entleiher als Beschäftigte anzusehen. Dies bedeutet, dass sowohl die Datenverarbeitung beim Verleiher als auch beim Entleiher den Regelungen des Beschäftigtendatenschutzes nach Art. 88 DSGVO in Verbindung mit § 26 BDSG-neu unterliegen.

Wie nach dem bisherigen § 32 BDSG ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 26 Abs. 1 BDSG-neu möglich, wenn diese für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Erforderlich ist eine Datenverarbeitung, wenn der Arbeitgeber entweder rechtlich zur Speicherung verpflichtet ist oder hinsichtlich bestimmter Daten eine Meldepflicht an Behörden besteht, wie beispielsweise hinsichtlich der Schwerbehindertenquote. Ebenfalls erforderlich ist sie, wenn sie den berechtigten Interessen des Arbeitgebers entspricht und die Interessen der Beschäftigten dahinter zurücktreten müssen. Dies ist eine Frage des Einzelfalls und bei den üblichen Personalstammdaten ohne weiteres der Fall.

Strenge Anforderung an umfangreiche Datenerfassung

Schwieriger wird es bei umfangreicher Erfassung von Daten über Leistung und Verhalten, insbesondere Standort- und/oder Videoüberwachung oder auch bei der Verarbeitung sensibler Daten, wie z.B. über Gesundheit oder Religion. Hierfür muss stets ein konkreter Tätigkeitsbezug bestehen. Die Verarbeitung muss dabei jedoch auf ein absolutes Mindestmaß beschränkt werden. Verstöße durch ausufernde und damit unverhältnismäßige Datenverarbeitung sind nach Stufe 2 bußgeldbewehrt.

Der Entleiher muss sich hinsichtlich der Verarbeitung der Daten der Zeitarbeitskräfte ebenfalls streng an diesem Erforderlichkeitsmaßstab orientieren. Das Anlegen kompletter Personalakten über Zeitarbeitskräfte ist also nicht zulässig. Weiterhin muss er die Daten der Zeitarbeitnehmer nach Beendigung des Überlassungsverhältnisses löschen, wenn er diese nicht mehr benötigt, um beispielsweise gegenüber Behörden Nachweise zu führen oder die Vorbeschäftigungszeit bei der Überlassungshöchstdauer gem. § 1 Abs. 1b AÜG zu ermitteln.

Bewerberdatenbanken nur mit Einwilligung zulässig

Auch Bewerber gelten datenschutzrechtlich als Beschäftigte (§ 26 Abs. 8 S. 2 BDSG-neu). Die Verarbeitung von Daten, die für die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind, ist also zulässig (§ 26 Abs. 1 BDSG-neu).

Für Zeitarbeitsunternehmen ist besonders folgende Frage relevant: Dürfen personenbezogene Daten, die im Rahmen der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses gespeichert wurden, in einen Bewerberpool aufgenommen werden? Dies soll es den Unternehmen ermöglichen, bei einer passenden Anfrage die Bewerber wieder kontaktieren zu können. Eine solche Speicherung ist zumindest auf der Grundlage von § 26 Abs. 1 BDSG-neu nicht zulässig, da die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses auf die Bewerbung hin nicht stattgefunden hat. Die entsprechenden Daten wären somit grundsätzlich nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens zu löschen. Ein Verstoß ist auch hier nach Stufe 2 bußgeldbewehrt.

Die Aufnahme in eine Bewerberdatenbank ist allerdings zulässig, wenn der Bewerber in diese vorher eingewilligt hat. Zwar ist eine Einwilligung grundsätzlich schriftlich zu erteilen; für den Fall, dass die Bewerbung online erfolgt, ist allerdings auch eine digitale Einwilligung zulässig. Wichtig ist dabei allerdings, dass die Einwilligung ausdrücklich erfolgt, also beispielsweise über das Anklicken einer Schaltfläche. Ein bloßer Hinweis, dass mit Absenden der Bewerbungsunterlagen auch eine Aufnahme in einen Bewerberpool verbunden ist, der im Nachgang widersprochen werden kann, ist nicht ausreichend. Weiterhin muss die Einwilligung freiwillig erfolgen. Die Nichterteilung darf also keine negativen Auswirkungen in dem laufenden Bewerbungsverfahren haben.

Weiterhin ist wichtig, dass die Einwilligung „informiert″ erteilt werden muss. Dem Einwilligenden müssen also die in Art. 13 DSGVO aufgeführten Informationen spätestens bei Erteilung der Einwilligung vorliegen. Zudem muss er darauf hingewiesen werden, dass die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann. Für bereits bestehende Einwilligungen ist zu beachten, dass diese nach der DSGVO keinen Bestandsschutz genießen. Entsprechen sie nicht den Vorgaben der DSGVO, werden sie am 25. Mai 2018 unwirksam. Wir empfehlen ihnen daher eine Zeitnahe Prüfung ihrer Daten. Etwaige Mängel sollten durch eine rechtswirksame Erneuerung der Einwilligungserklärung umgehend behoben werden.

Auch Entleiher sind datenschutzrechtlich verantwortlich

Wichtig ist zunächst die Klarstellung, dass der Entleiher nicht im Rahmen einer Auftragsverarbeitung für den Verleiher tätig wird. Vielmehr ist er im Verhältnis zu den Zeitarbeitnehmern selbst als datenschutzrechtlich Verantwortlicher anzusehen.

Dies bedeutet, dass sowohl der Verleiher als auch der Entleiher sämtliche Vorgaben der DSGVO umsetzen müssen. Hierzu gehören insbesondere umfangreiche Informations- und Transparenzpflichten (Art. 13 DSGVO). So muss der Verleiher bereits bei der Erhebung der personenbezogenen Daten des Zeitarbeitnehmers diesen darauf hinweisen, dass er die Daten später an einen Dritten, nämlich den Entleiher, weitergeben wird. Auch dieser muss die Zeitarbeitskräfte darüber informieren, wie er mit den über sie vom Verleiher erhaltenen gespeicherten (Art. 14 DSGVO) und ggf. zusätzlich selbst erhobenen Daten (Art. 13 DSGVO) verfährt.

Datenbestände sind sowohl beim Verleiher als auch beim Entleiher zu löschen, wenn diese nicht länger benötigt werden, also ihr Zweck entfallen ist. Ein legitimer Zweck kann sich insbesondere daraus ergeben, dass Rechtsvorschriften die Speicherung der Daten für einen bestimmten Zeitraum verlangen, wie es z.B. bei § 7 Abs. 2 S. 4 AÜG oder den steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Aufbewahrungsfristen der Fall ist. Solange eine solche Aufbewahrungsfrist läuft, kann der Zeitarbeitnehmer die Löschung der betroffenen Daten nicht verlangen.

Nach Ablauf müssen die gespeicherten Daten allerdings gelöscht werden, wenn die Speicherung nicht durch andere Zwecke oder etwa eine Einwilligung des Betroffenen erlaubt wird. Einer entsprechenden Löschungsaufforderung bedarf es dazu nicht. Die – grundsätzlich mögliche – Weiterverarbeitung von Daten zu einem anderen als dem ursprünglichen Erhebungszweck (Art. 6 Abs. 4 DSGVO) ist derzeit noch wenig konturiert. Sie sollte als Rechtsgrundlage für eine Verarbeitung nur zurückhaltend und unter Einholung rechtlicher Beratung im Einzelfall verwendet werden.

Verfahrensverzeichnis und Datenschutzfolgenabschätzung

Zwar nicht gänzlich neu, aber deutlich weitreichender als nach bisheriger Rechtslage schreibt die DSGVO den Verantwortlichen die Führung eines Verfahrensverzeichnisses vor (Art. 30 DSGVO). Neu ist in diesem Zusammenhang, dass auch die Auftragsverarbeiter (also z.B. externe Cloud-Dienstleister oder auch interne Shared-Service-Stellen wie HR oder Payroll) ein solches Verzeichnis zu erstellen haben. In diesem müssen sämtliche Datenverarbeitungsvorgänge genau u.a. hinsichtlich ihres Zwecks, der verarbeiteten Datenkategorien, Löschfristen und der Datenübermittlung an Dritte beschrieben werden.

Eine Ausnahmeregelung gibt es für Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Diese ist allerdings bei genauerem Hinsehen nicht viel wert, denn sie gilt nur für Unternehmen, die höchstens gelegentlich personenbezogene Daten verarbeiten (Art. 30 Abs. 5 DSGVO). Das dürfte indes bei keinem Personaldienstleister zutreffen, denn die Verarbeitung der Daten der Bewerber und der Zeitarbeitskräfte erfolgt hier permanent. Die Führung eines Verfahrensverzeichnisses ist also hier dringend anzuraten; ein Verstoß unterfiele Bußgeldstufe 1.

Ebenfalls nicht gänzlich neu, aber auch erweitert sieht die DSGVO vor, dass Verantwortliche eine sogenannte Datenschutzfolgenabschätzung (das aktuelle BDSG nennt dies „Vorabkontrolle″) im Vorfeld von solchen Verarbeitungen durchzuführen haben. Diese haben jedoch voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen zur Folge. Beispielsweise, weil eine besonders umfangreiche Datenverarbeitung oder die Verarbeitung von sensiblen Daten erfolgt (Art. 35 DSGVO). Im Falle von Bewerberdaten kann dies in Betracht kommen, wenn diese nicht nur gespeichert, sondern systematisch und automatisiert analysiert werden, um z.B. eine Bewertung der Fähigkeiten der Bewerber oder ein Profiling vorzunehmen. Im Rahmen der Datenschutzfolgenabschätzung muss der Verantwortliche eventuelle Gefahren für die Freiheiten und Rechte der Betroffenen analysieren und entsprechende Maßnahmen zur Sicherheit der Daten treffen. Ein Unterlassen unterfiele ebenfalls Bußgeldstufe 1.

DSGVO kennt kein Konzernprivileg

Bei Zeitarbeitsunternehmen, die in einem Konzernverbund organisiert sind, ist der konzerninterne Versand von Daten der Bewerber und Zeitarbeitskräfte oft an der Tagesordnung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die DSGVO (wie auch schon das aktuelle BDSG) kein Konzernprivileg kennt. Der Datenversand innerhalb eines Konzerns ist also grundsätzlich erst einmal unzulässig. Es sei denn, es gibt hierfür eine Rechtsgrundlage in einer der o.g. Ausprägungen. Denkbar wäre hier in erster Linie eine Einwilligung. Denn der Versand der Daten an Konzernunternehmen zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses mit dem Vertragsarbeitgeber dürfte zumindest im Regelfall nicht erforderlich sein. Die in Betracht kommende Rechtsgrundlage ist im Einzelfall anhand des jeweiligen Zwecks und der konkret übermittelten Daten zu prüfen. Ein Verstoß unterliegt wiederum der Bußgeldkategorie 2.

Datenschutzbeauftragter europaweit verpflichtend

Die DSGVO hat den Datenschutzbeauftragten nach dem Vorbild des BDSG nunmehr europaweit eingeführt und die Voraussetzungen, wann dieser zu bestellen ist, weitgehend vereinheitlicht.

Sie orientiert sich dabei an einem risikobezogenen Ansatz ohne konkrete Schwellenwerte hinsichtlich der Mitarbeiterzahl. Der Bundesgesetzgeber hat im BDSG-neu jedoch von einer Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und zusätzlich den bereits geltenden Schwellenwert von in der Regel mindestens zehn Personen übernommen, die ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind (§ 38 BDSG-neu). Wichtig und leicht zu übersehen ist, dass Unternehmen, die Datenverarbeitungen durchführen, die einer Datenschutzfolgenabschätzung unterliegen, unabhängig von diesem Schwellenwert einen Datenschutzbeauftragten bestellen müssen (§ 38 Abs. 1 S. 2 BDSG-neu).

Dieser kann als interner oder externer Datenschutzbeauftragter, im Falle eines Konzerns auch als Konzerndatenschutzbeauftragter bestellt werden (Art. 37 Abs. 2 DSGVO).

Externe Beratung oftmals unumgänglich

Die Reform des Datenschutzrechtes ist einschneidend und stellt die Wirtschaft – und dabei insbesondere Personaldienstleister, die in einem erheblichen Umfang mit den personenbezogenen Daten ihrer Zeitarbeitnehmer „arbeiten″ müssen – vor nicht unerhebliche Herausforderungen. Deren Bewältigung erfordert in der Regel sogar eine externe Beratung.

Vor dem Hintergrund der (drohenden) hohen Bußgelder, die verhängt werden können, wenn und soweit datenschutzrechtliche Anforderungen nicht erfüllt werden, kann jedem Zeitarbeitsunternehmen nur dringend angeraten werden, die Änderungen im Datenschutzrecht ernst zu nehmen und sich rechtzeitig um eine gesetzeskonforme Umsetzung zu kümmern. Die Uhr tickt dabei – bis zum Inkrafttreten der DSGVO Ende Mai 2018 ist es nicht mehr lang.

An dieser Stelle möchten wir Sie auf die Veranstaltungsreihe „Kompaktseminar Zeitarbeit″ aufmerksam machen, die für Zeitarbeitsunternehmen im April 2018 mit Vorträgen von branchenkundigen Referenten in Hamburg, Stuttgart, Nürnberg, Düsseldorf, und Leipzig durchgeführt wird. U.a. hält dort Herr Dr. Alexander Bissels einen Vortrag, der sich mit der jüngeren Entwicklung der AÜG-Reform befasst; im Anschluss haben die Teilnehmer die Möglichkeit, eine Stunde Fragen zu aktuellen Fällen aus ihrer Praxis zu stellen. Eine der (nächsten) großen Herausforderungen für Personaldienstleister wird die ohne Übergangsfrist zum 25.05.2018 umzusetzende neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) abzubilden, die das nationale Recht überlagern wird und mit sehr hohen Bußgeldern bei Verstößen ein nicht unerhebliches Risiko für Sie als Personaldienstleister darstellen kann. Erfahren Sie von Herrn Jan Schiller, was durch die DSGVO auf Sie zukommt und was Sie bei der Implementierung der neuen Bestimmungen beachten müssen.

Hier finden Sie die konkreten Termine, das vollständige Programm und die Möglichkeit, sich zu einer der Veranstaltungen anzumelden: Update Zeitarbeit – Kompaktseminar

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Leiharbeit in verschiedenen Ländern Mittel- und Osteuropas sowie der Türkei

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Leiharbeit – auch als Arbeitnehmerüberlassung oder Zeitarbeit bezeichnet – hat in den meisten Ländern (Ost-)Europas in den vergangenen Jahren einen Boom erlebt. Bis auf wenige Ausnahmen wie beispielsweise Serbien oder Bosnien-Herzegowina ist die Arbeitnehmerüberlassung als Mittel der Arbeitsmarktgestaltung anerkannt und auch geregelt.

Vorteile der Leiharbeit

Aufgrund des flexiblen Arbeitseinsatzes kann der Entleiher (kurzfristig) die Anzahl von Arbeitskräften aufstocken. So können beispielsweise Produktionsspitzen oder ein saisonal bedingtes erhöhtes Arbeitsaufkommen bewältigt werden, ohne dass man sich langfristig an Arbeitnehmer binden muss. Auf diese Weise können die mit „festen“ Arbeitsverhältnissen verbundenen wirtschaftlichen Risiken vermieden werden.

Verschärfung der Rechtslage

Leiharbeit ist im Ländervergleich in Mittel- und Osteuropa teils sehr unterschiedlich geregelt. Doch lässt sich beobachten, dass die Regelungsdichte in den vergangenen Jahren zugenommen hat.

Die Rechtslage zum Schutz der Leiharbeitnehmer hat sich in vielen Ländern verschärft, was jedenfalls in der EU auf die Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG zurückzuführen sein dürfte. Allein im Jahre 2017 sind in Polen und in Deutschland grundlegende Gesetzesänderungen zur Leiharbeit in Kraft getreten.

Registrierungs- und/oder Erlaubnispflicht

In allen von uns untersuchten Ländern, die Leiharbeit zulassen, besteht eine Registrierungs- und/oder Erlaubnispflicht, wobei sich Erlaubnisvoraussetzungen im Einzelnen unterscheiden.

Im Anwendungsbereich der EU-Richtlinie darf die Arbeitnehmerüberlassung nur befristet erfolgen. In manchen EU-Ländern gibt es, wie nunmehr auch in Deutschland, konkrete Höchstüberlassungszeiträume. In Bulgarien und in Slowenien darf der Anteil an Leiharbeitnehmern in einem Unternehmen bestimmte Schwellenwerte nicht überschreiten.

Strenge Regeln auch außerhalb der EU

Auch außerhalb der EU gibt es durchaus strenge Regeln, die zu beachten sind. So gilt z. B. auch in Russland der Grundsatz, dass Leiharbeitnehmer genauso behandelt und bezahlt werden müssen, wie die Stammbelegschaft (“equal treatment and equal pay“).

Zudem existieren in vielen Ländern Verbote für bestimmte Tätigkeiten, bei denen ein Rückgriff auf Leiharbeitnehmer streng untersagt ist.

Risiken illegaler Arbeitnehmerüberlassung

Bei allen wirtschaftlichen Vorteilen des Einsatzes von Leiharbeitnehmern ist daher stets auch Vorsicht geboten. Die Risiken einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung sind teils erheblich und reichen von der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher bis hin zu empfindlichen Geldstrafen (z. B. bis zu EUR 200.000,00 in der Slowakische Republik) oder gar einem Strafbarkeitsrisiko.

Gesetzliche Rahmenbedingungen der Leiharbeit im Überblick

Unsere CEE German Desk Leiharbeitsbroschüre verschafft Ihnen einen ersten Überblick über die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Leiharbeit in 16 verschiedenen Ländern. Die Leiharbeitsbroschüre ist daher interessant für Unternehmen, die in diesen Ländern aktiv sind und sich mit arbeitsrechtlichen Themen rund um den Personaleinsatz befassen.

Der Beitrag Leiharbeit in verschiedenen Ländern Mittel- und Osteuropas sowie der Türkei erschien zuerst auf CMS Blog.

Schülerpraktikum im Betrieb – ein Leitfaden

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Viele Schüler und Schülerinnen suchen einen guten Praktikumsplatz und Betriebe wollen Schülern gerne die Praxis zeigen. Im Schülerpraktikum gelten allerdings viele Regeln und Pflichten, die zu beachten sind. Der folgende Beitrag soll die ersten Kenntnisse über das Schülerpraktikum vermitteln.

Das Schülerpraktikum bietet nicht nur einen Einblick in das Berufsleben

Das Praktikum soll den Schülern und Schülerinnen einen Einblick in das Berufsleben geben. Außerdem lernen sie, ihre Stärken und Schwächen besser einzuschätzen. Diese ersten Erfahrungen sollen ihnen dabei helfen, Entscheidungen für das spätere Berufsleben selbstverantwortlich zu treffen. Allgemein können die Schüler und Schülerinnen berufliche Situationen und verschiedene Aufgabengebiete kennen lernen. Allerdings bekommen sie keine Vergütung, weil die Schüler und Schülerinnen nicht zu dem Betrieb gehören.

Regelungen zum Schülerpraktikum treffen die Bundesländer

Wann und wie das Praktikum stattfindet, wird auf Ebene der Bundesländer geregelt. Wir befassen uns mit den Regeln in NRW.

Das Schülerpraktikum wurde mit Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 21. Oktober 2010 in NRW geregelt. Es wird in der 9. oder 10. Klasse absolviert und dauert normalerweise zwei bis drei Wochen. Einzelheiten entscheidet die Schulkonferenz (siehe Ziffer 6.1). Die Ziele des Praktikums sind ebenfalls im Runderlass geregelt (Ziffer 6). Dort ist auch festgelegt, dass die Schülerpraktikanten weiter Schüler der Schule und nicht Arbeitnehmer des Betriebs sind (Ziffer 6.5).

Für das Schülerpraktikum gelten zeitlichen Beschränkungen

Kinderarbeit ist in Deutschland verboten. Das Verbot gilt bei einem Schülerpraktikum nicht (§ 5 Abs. 2 JArbSchG). Insgesamt dürfen die Schüler und Schülerinnen nur leichte und für sie geeignete Tätigkeiten erfüllen. Kinder bis 15 Jahre dürfen am Tag höchstens 7 Stunden arbeiten und in der Woche 35 Stunden (§ 7 Abs. 1 JArbSchG). Jugendliche ab 15 Jahren dürfen dagegen 8 Stunden am Tag arbeiten und in der Woche 40 Stunden (§ 8 Abs. 1 JArbSchG). Wenn an einem Tag weniger als 8 Stunden gearbeitet wird, können dafür an anderen Arbeitstagen derselben Woche 8 ½ Stunden gearbeitet werden (§ 8 Abs. 2a JArbSchG).

Die Pausen müssen im Voraus festgelegt werden und wenn 4 ½ Stunden bis 6 Stunden gearbeitet wird, muss der Schüler oder die Schülerin mindestens 30 Minuten Pause haben. Wenn mehr als 6 Stunden gearbeitet wird, muss eine einstündige Pause eingelegt werden (§ 11 Abs. 2 JArbSchG).

Insgesamt darf nicht länger als 4 ½ Stunden ohne Unterbrechung gearbeitet werden (§ 11 Abs. 1 JArbSchG) und die Arbeitszeiten dürfen nur zwischen 6-20 Uhr liegen (§ 14 Abs. 1 JArbSchG). Außerdem dürfen die Schüler und Schülerinnen nur 5 Tage in der Woche beschäftigt werden (§ 15 Abs. 1 JArbSchG). Samstags und sonntags darf nicht gearbeitet werden.

Doch es gibt auch wenige Ausnahmen. Wird ausnahmsweise am Wochenende gearbeitet, dann muss dies zum Beispiel in Krankenanstalten, im Verkehrswesen, beim Sport oder im ärztlichen Notdienst sein (§ 16 Abs. 1 JArbSchG). Bei einem Praktikum im Büro muss das Wochenende also frei bleiben. Bei Wochenendarbeit wird dann an einem anderen Tag der Woche frei gegeben (§ 17 Abs. 1 JArbSchG). Zu Beginn der Praktikumszeit muss der Arbeitgeber die Gefährdungen der Arbeit beurteilen (§ 28a Abs. 1 JArbSchG). Gefährliche (§ 22 Abs. 1 JArbSchG) oder tempoabhängige Arbeiten dürfen nicht ausgeübt werden (§ 23 Abs. 1 JArbSchG).

Mit welchen Aufgaben sollen die Schülerpraktikanten betraut werden?

Der Praktikant oder die Praktikantin soll die Berufswelt und den Arbeitsalltag kennen lernen. Es ist dabei nicht der Sinn, Hilfsarbeiten zu erfüllen oder sich zu langweilen. Beispielsweise kann der Arbeitsablauf auch durchs Begleiten eines Mitarbeiters kennen gelernt werden. Allerdings sollen die Schüler und Schülerinnen auch selbständige Aufgaben erarbeiten. Gefährliche oder gesundheitsgefährdende Arbeiten mit viel Lärm, Chemikalien oder Gefahrstoffen sind mit einigen wenigen Ausnahmen verboten. Die Arbeit darf weder die psychische noch die physische Leistungsfähigkeit überschreiten (schwerer Lasten bewegen, dauerndes Stehen, erzwungene Körperhaltung, hohes Maß an Verantwortung) oder die Schüler einer Unfallgefahr aussetzen.

Während der Arbeitszeit darf der Schüler oder die Schülerin nicht den Betrieb stören oder Arbeiter von der Arbeit abhalten.

Natürlich soll der Sinn der gestellten Aufgabe erkennbar sein oder erklärt werden. Zum Ende sollte der Arbeitgeber die gestellte Aufgabe überprüfen oder kontrollieren und gegeben falls korrigieren. Da die Schüler oder Schülerinnen noch keine ersten Erfahrungen haben, müssen ihnen noch viele Aspekte erklärt werden (zum Beispiel wie ein Telefongespräch geführt wird).

Ist der Praktikant oder die Praktikantin versichert?

Für Arbeitnehmer gibt es die gesetzliche Unfallversicherung, die bei Wege- und Arbeitsunfällen eingreift, und den sogenannten „innerbetrieblichen Schadensausgleich“ über den Schäden, die ein Beschäftigter verursacht hat, geregelt werden.

Da das Schülerpraktikum Teil der Schulpflicht ist und somit eine Schulveranstaltung, muss die Schule eine Unfallversicherung für diesen Zeitraum abschließen (Ziffer 6.5 Erlass NRW). Nur auf dem Weg von der Wohnung bis zu dem Betrieb und zurück ist der Praktikant oder die Praktikantin versichert. Man darf also nicht von diesem Weg abkommen. Natürlich gilt die Versicherung auch während den Tätigkeiten im Betrieb. Wenn also ein Unfall geschieht, muss die Versicherung der Schule die Kosten übernehmen.

Zusätzlich muss die Schule auch eine Haftpflichtversicherung abschließen. Die Haftpflichtversicherung greift ein, wenn der Praktikant einen Schaden verursacht (wenn er/sie beispielsweise einen Gegenstand fallen lässt). Geht der Schüler oder die Schülerin allerdings vorsätzlich oder grob fahrlässig mit dem Gegenstand um, muss dieser selbst bezahlt werden.

Bekommt der Schüler oder die Schülerin ein Zeugnis oder eine Bescheinigung?

Ein Arbeitnehmer hat am Ende des Arbeitsverhältnisses einen Zeugnisanspruch (§ 109 GewO). Ein ausdrücklicher Anspruch auf ein Zeugnis ist im Runderlass allerdings nicht vorgesehen.

Der Schüler oder die Schülerin sollte aber am Ende der Praktikumszeit eine Praktikumsbescheinigung erhalten, welche zeigt, dass Einblicke in das Berufsleben geschaffen wurden. Diese Praktikumsbescheinigung kann anschließend zu den Bewerbungsunterlagen hinzugefügt werden. Eine Bescheinigung sollte unter anderem die Zeit des Praktikums, die verschiedenen Tätigkeiten, das Verhalten und die Arbeitsweise darstellen. Es gibt zahlreiche Muster im Internet. Auf Wunsch kann noch ein Abschlussgespräch geführt werden, in dem der Betrieb dem Praktikanten oder der Praktikantin ein Feedback gibt und der Praktikant oder die Praktikantin dem Betrieb. Ein Abschlussgespräch ist in jedem Fall sehr sinnvoll.

Dieser Beitrag wurde im Rahmen eines Schülerpraktikums bei CMS von unserer Praktikantin Kim erarbeitet.

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Bundesliga Schiedsrichter sind keine Arbeitnehmer des DFB

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Eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen-Fußball-Bund e.V. (DFB) und einem Schiedsrichter über dessen Einsatz während einer Spielzeit ist kein Arbeitsvertrag. Schiedsrichter können sich daher nicht darauf berufen, dass die wiederholte Befristung ihres Vertragsverhältnisses zum DFB nach den Befristungsregeln des Teilzeitbefristungsgesetzes (TzBfG)  unzulässig ist. So entschied das LAG Hessen (Az. 9 Sa 1399/16) mit Urteil vom 15. März 2018.

Schiedsrichter – Wesentlicher Teil des Fußballs

Der Profifußball in seiner heutigen Form ist weit mehr als die reine Ausübung eines Sports. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) und der DFB haben sich zu Vereinigungen entwickelt, in denen jährlich mehrere hundert Millionen Euro umgesetzt werden.

Mit dieser Entwicklung hat nicht nur der Druck auf die 22 Spieler auf dem Platz, sondern auch auf die 4 Schiedsrichter, die den ordnungsgemäßen Ablauf der Spiele überwachen sollen, zugenommen. Trotz oder gerade aufgrund der Einführung des Video-Assistenten stehen die Schiedsrichter immer häufiger im Fokus von Vereinen, Zuschauern und Medien. Mit dem Urteil des LAG Hessen steht fest, dass Schiedsrichter sich trotzdem nicht auf den Schutz der Arbeitnehmerschaft berufen können.

Der Schutz der Arbeitnehmerschaft

Die Qualifizierung eines Vertrages als Arbeitsvertrag hat für beide Vertragsparteien weitreichende Folgen. Kündigungsschutzgesetz, Arbeitszeitgesetz, Bundesurlaubsgesetz, Teilzeitbefristungsgesetz, etc. – die gesetzlichen Folgen einer Vertragseinordnung als Arbeitsvertrag sind sehr weitreichend. Umso wichtiger ist die Frage, wann eine vertragliche Regelung als Arbeitsvertrag einzuordnen und die Parteien als Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu qualifizieren sind sodass die genannten Gesetze Anwendung finden.

Seit dem 1. April 2017 sind der Begriff des Arbeitsvertrages und damit zugleich inzident auch der Begriff des Arbeitnehmers gesetzlich definiert. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Arbeitnehmer ist damit derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

Letztlich kommt es für die Beantwortung der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls an. Nach der Rechtsprechung des BAG können die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben.

Einmal Bundesliga Schiedsrichter – immer Bundesliga Schiedsrichter?

Der Kläger war als Schiedsrichter für den DFB tätig. Im Juni 2006 erhielt er erstmals das Angebot, für die Saison 2006/2007 auf die sog. Schiedsrichter-Liste des DFB aufgenommen zu werden. Auf dieser benennt der Schiedsrichterausschuss des DFB diejenigen Schiedsrichter (einschließlich Assistenten und des 4. Offiziellen), die für die Spielleitung in den Lizenzligen (1. und 2. Bundesliga), in der 3. Liga und im DFB-Pokal als geeignet angesehen werden.

Im Juli 2006 erfolgte der Vertragsschluss zwischen dem Kläger und dem DFB – vereinbart wurde, dass der Kläger für eine Saison in den vorgenannten Ligen zum Einsatz kommt. In der Folgezeit wurde der Vertrag des Klägers jedes Jahr um ein weiteres Jahr und somit eine weitere Saison befristet verlängert. Zuletzt schloss der Kläger mit dem DFB einen befristeten Vertrag für die Saison 2014/2015. Mit Schreiben vom 16. Juni 2015 teilte die Schiedsrichterkommission des DFB dem Kläger ohne Angaben von Gründen mit, dass sein Vertrag nicht erneut verlängert werde, sodass der Kläger seinen letzten Einsatz als Schiedsrichter im Mai 2015 hatte.

In der Folge erhob der Kläger Klage gegen den DFB. Er begehrte, weitere Spiele in den Lizenzligen, in der 3. Liga und dem DFB-Pokal pfeifen zu dürfen. Zur Begründung seiner Klage führte der Kläger aus, er sei Arbeitnehmer des DFB. In allen Saisons sei er wie ein Arbeitnehmer weisungsgebunden zu bestimmten Spielen nach einem Dienstplan eingesetzt worden und dabei durch fachliche und inhaltliche Weisungen gebunden gewesen. Die wiederholte Befristung von Vertragsverhältnissen sei gegenüber Arbeitnehmern nach dem TzBfG aber unzulässig. Daher habe er einen Anspruch darauf, weiterhin in den oberen Spielklassen als Schiedsrichter eingesetzt zu werden.

Das LAG Hessen ist der Auffassung des Klägers nicht gefolgt und hat damit die erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt (Az. 6 Ca 1686/16) bestätigt. Nach Auffassung der Gerichte sind Bundesligaschiedsrichter keine Arbeitnehmer. Daher könne der DFB die Verträge mit ihnen wiederholt befristen.

Vertragsverhältnis zwischen DFB und Schiedsrichtern als „lockere Beziehung″

Nach dem LAG Hessen stellt der maßgebliche für eine Saison geschlossene Vertrag keinen Arbeitsvertrag, sondern lediglich eine sog. Rahmenvereinbarung dar. Diese Rahmenvereinbarung diene nur dem Zweck, die Bedingungen der erst im Laufe der Saison abzuschließenden Einzelverträge für die Leitung der einzelnen Spiele zu regeln.

Das Gericht begründet seine Einordnung insbesondere damit, dass die Rahmenvereinbarung keine konkrete Pflicht für die Vertragsparteien vorsehe. So habe weder der Schiedsrichter einen Anspruch auf die Zuweisung bestimmter Spiele, noch habe er eine Pflicht bestimmte Spiele übernehmen zu müssen. Die Rahmenvereinbarung regele daher letztlich nur die Bedingungen der abzuschließenden Einzelverträge für die Leitung der jeweiligen Spiele, die erst im Laufe einer Saison abgeschlossen werden.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen. Vorbehaltlich einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde wird das Urteil daher rechtskräftig werden.

Besonderheiten des Profifußballs im Arbeitsrecht auch in Zukunft zu berücksichtigen

Das LAG Hessen hat die Rechte des DFB durch das Urteil gestärkt und dem größten deutschen Verband damit Rechtssicherheit im Umgang mit den Schiedsrichtern verschafft. Aus rechtlicher Sicht ist für den DFB geklärt, dass seine Profi-Schiedsrichter sich auch zukünftig nicht auf die Rechte eines Arbeitnehmers berufen können.

Die Entscheidung des LAG Hessen ist für den DFB von wesentlicher Bedeutung. Wäre der Klage stattgegeben worden, ist davon auszugehen, dass weitere Schiedsrichter auf dauerhafte Beschäftigung gegen den DFB geklagt hätten. Ein dauerhafter oberklassiger Einsatz von Schiedsrichtern wäre aber kaum mit dem Leistungsprinzip vereinbar gewesen, das im Bereich des Profifußballes besonders stark ausgeprägt ist.

Erneut – wie auch im Fall Heinz Müller – wird deutlich, dass die Besonderheiten des Profifußballes im Arbeitsrecht angemessen zu berücksichtigen sind. Spannend wird vor diesem Hintergrund die zivilrechtliche Entwicklung in den weiteren Bereichen des Profifußballs sein.  Praxisrelevant werden vor allem die Rechte und Pflichten der (Profi-)Fußballer im Verhältnis zu ihren Vereinen sein.

Mediale Aufmerksamkeit haben in jüngster Vergangenheit insbesondere folgende Fragestellungen erlangt: Dürfen Fußballprofis sich zu einem anderen Verein „streiken″? Ist der Verein berechtigt gegen „streikende″ Fußballprofis eine Vertragsstrafe zu verhängen und wenn ja, in welcher Höhe? Nach Auffassung der Autoren können diese Fragestellungen nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Profifußballs angemessen gelöst werden. Das Urteil des LAG Hessen hat gezeigt, dass sich auch die Gerichte dessen bewusst sind.

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Zeitarbeit: Dauer des Urlaubs = equal treatment ≠ equal pay

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Der Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 1. April 2017 die Arbeitnehmerüberlassung wieder einer strengeren Regulierung zugeführt. Neben einer Überlassungshöchstdauer von grundsätzlich 18 Monaten wurden auch die gesetzlichen „Spielregeln″ bezüglich des Ausschlusses des Gleichstellungsgrundsatzes verschärft.

Gleichstellungsgrundsatz als gesetzliche Regel

Wie bereits nach alter Rechtslage ist im AÜG vorgesehen, dass der Personaldienstleister verpflichtet ist, dem überlassenen Arbeitnehmer für die Zeit des Einsatzes bei dem Kunden die in dessen Betrieb für einen vergleichbaren Mitarbeiter „geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgeltes″ zu gewähren (vgl. § 8 Abs. 1 S. 1 AÜG).

Von der Anwendung dieses Gleichstellungsgrundsatzes (sog. equal treatment) kann durch einen Tarifvertrag (u.a. BAP/DGB oder iGZ/DGB) abgewichen werden, soweit dieser insbesondere nicht die in der Lohnuntergrenze für die Zeitarbeit geltenden Mindeststundenentgelte unterschreitet. Auf einen solchen Tarifvertrag können auch nicht-tarifgebundene Personaldienstleister in dem mit dem Zeitarbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrag Bezug nehmen und somit gleichfalls den Gleichstellungsgrundsatz abbedingen (vgl. § 8 Abs. 2 S. 1, 3 AÜG).

Vor Inkrafttreten der AÜG-Reform 2017 konnte durch die Anwendung der entsprechenden Tarifverträge bzw. eine arbeitsvertragliche Verweisung darauf zeitlich unbegrenzt vom Gleichstellungsgrundsatz abgewichen werden. Die laut Gesetz vorgesehene Regel (nämlich Beachtung des Gleichstellungsgrundsatzes) wurde de facto zur Ausnahme „degradiert″, da in nahezu sämtlichen mit Zeitarbeitnehmern abgeschlossenen Arbeitsverträgen zumindest eine Bezugnahme auf ein Tarifwerk der Zeitarbeit vorgesehen ist. Die gesetzlich an sich als Ausnahme vorgesehe Bestimmung (Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz durch die Tarifwerke der Zeitarbeit) wurde damit zur Regel verkehrt.

Abbedingung des equal pay-Anspruchs mit AÜG-Reform eingeschränkt

Im Rahmen der AÜG-Reform hat der Gesetzgeber mit Blick auf die Verkehrung dieses Regel-Ausnahme-Prinzips nachgesteuert und nunmehr vorgesehen, dass ein entsprechender Tarifvertrag „hinsichtlich des Arbeitsentgeltes″ (sog. equal pay) vom Gleichstellungsgrundsatz nur bis zur Vollendung des 9. Monats einer Überlassung an einen Kunden abweichen kann. Eine darüber hinaus gehende zeitliche Abbedingung von equal pay ist ausnahmsweise nur möglich, wenn ein sog. Branchenzuschlagstarifvertrag einschlägig ist, der die näher im Gesetz definierten Anforderungen erfüllt (vgl. § 8 Abs. 4 S. 1, 2 AÜG).

Mit dieser „Korrektur″ beschränkt der Gesetzgeber folglich die Möglichkeiten, vom Gleichstellungsgrundsatz hinsichtlich des Arbeitsentgeltes abzuweichen, auf einen Zeitraum von maximal 9 Monaten, wenn und soweit kein Branchenzuschlagstarifvertrag vorliegt. Vom Gleichstellungsgrundsatz im Übrigen (equal treatment) kann unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen (entweder Anwendung eines Tarifvertrages der Zeitarbeit oder Bezugnahme auf einen solchen) hingegen weiterhin zeitlich unbefristet abgewichen werden.

Klar ist auf Grundlage der gesetzlichen Regelungen, dass durch die AÜG-Reform 2017 nur eine Verschärfung hinsichtlich der möglichen Abbedingung des equal pay-Grundsatzes intendiert ist, um eine unterschiedliche Bezahlung des überlassenen Arbeitnehmers mit einem vergleichbaren Stammbeschäftigten einzudämmen. Davon betroffen ist folglich das dem Zeitarbeitnehmer gewährte Entgelt, das grundsätzlich nach der Vollendung des 9. Einsatzmonates bei einem Kunden der Höhe nach der Vergütung eines vergleichbaren Stammbeschäftigten im Kundenbetrieb entsprechen muss.

Dauer des Urlaubs hat nichts mit equal pay zu tun

In der Praxis finden sich nun immer wieder zumindest missverständliche bzw. unklare Stellungnahmen, nach denen zum equal pay-Grundsatz (betreffend das Entgelt!) auch die Dauer des Urlaubs zählen soll. Dies ist anerkanntermaßen und offensichtlich falsch.

Zum Arbeitsentgelt und damit zum equal pay zählt nicht nur das laufende (Stunden-)Entgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss. Hierunter fallen insbesondere Sonderzahlungen, Zulagen und Zuschläge, Ansprüche auf Entgeltfortzahlung sowie vermögenswirksame Leistungen. Maßgeblich sind daher sämtliche auf den Lohnabrechnungen vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Kunden ausgewiesene Bruttovergütungsbestandteile (vgl. BAG v. 24. September 2014 – 5 AZR 254/13; FW AÜG zu § 8.1 Abs. 2, S. 79). Erfasst wird dabei – zumindest nach Ansicht der Bundesagentur für Arbeit (str.; in diesem Sinne auch: Urban-Crell/Germakowski/Bissels/Hurst/Hurst, § 8 AÜG Rn. 37; a.A. u.a. BeckOK/Motz, § 8 AÜG Rn. 18) – auch das Urlaubsentgelt, also die vom Personaldienstleister während des Urlaubs des Zeitarbeitnehmers fortzuzahlende Vergütung.

Nicht betroffen ist hingegen die Dauer des Urlaubs selbst, die aber natürlich Bestandteil des (zeitlich weiterhin unbegrenzt abdingbaren) equal treatment-Grundsatzes im Übrigen (als „wesentliche Arbeitsbedingung″ i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 AÜG; s. auch: Art. 3 Abs. 1 lit. f, i) der Zeitarbeitsrichtlinie 2008/104/EG) ist (vgl. FW AÜG zu § 8.1 Abs. 2, S. 79).

Bundesagentur für Arbeit: Dauer des Urlaubs ≠ Arbeitsentgelt im engeren Sinne

Dass auch die Bundesagentur für Arbeit die Dauer des Urlaubes nicht als Bestandteil von equal pay (also des „gleichen Arbeitsentgelts″) qualifiziert, ergibt sich aus deren sog. „Fachlichen Weisungen″. Dort heißt es, dass beim Vergleich der wesentlichen Arbeitsbedingungen kein summarischer Vergleich zu ziehen bzw. kein Gesamtvergleich vorzunehmen sei. Es seien jeweils die einzelnen Arbeitsbedingungen zu vergleichen (Sachgruppenvergleich). Beim Arbeitsentgelt seien nicht die einzelnen Bestandteile, z.B. Zulagen, Prämien, laufendes Entgelt, zu vergleichen, sondern es ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen (vgl. FW AÜG zu § 8.1 Abs. 3, S. 80).

Bereits aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der Urlaub und dessen Dauer etwas anderes darstellen als das Arbeitsentgelt im engeren Sinne. Es handelt sich um unterschiedliche Sachgruppen, die nicht miteinander zu vergleichen sind. Arbeitsentgelt ist schlichtweg etwas anderes als die Dauer des Urlaubs; ansonsten hätte dieser sicherlich Aufnahme in den von der Bundesagentur für Arbeit verwendeten Klammerzusatz gefunden, in dem zumindest exemplarisch wesentliche, das Arbeitsverhältnis prägende Elemente des Entgelts aufgeführt sind (u.a. Zulagen, Prämien). Daraus ergibt sich zumindest im Rahmen eines Umkehrschlusses (e contrario), dass die Bundesagentur die Dauer des Urlaubs nicht als Bestandteil von equal pay ansieht. Aufgrund der Verpflichtung des Personaldienstleisters, auch während des Erholungsurlaubes des Zeitarbeitnehmers das Entgelt fortzuzahlen, haftet dem Urlaub natürlich eine geldwerte Komponente an; diese ergibt sich aber ausschließlich aus dem vom equal pay nach der Ansicht der Bundesagentur für Arbeit erfassten „Urlaubsentgelt″ und damit allenfalls mittelbar aus der Dauer des Urlaubs.

Gleichstellung des Zeitarbeitnehmers mit vergleichbaren Beschäftigten (nur) hinsichtlich Vergütung im engeren Sinne

Aus der gesetzlichen Systematik nach § 8 Abs. 2, 4 AÜG folgt, dass eine Gleichstellung des Zeitarbeitnehmers nach dem vollendeten 9. Einsatzmonats bei einem Kunden nur hinsichtlich der Vergütung erfolgen muss. Hier ist der Wortlaut von § 8 Abs. 4 S. 1 AÜG eindeutig, der insoweit ausdrücklich auf das „Arbeitsentgelt″ (und nicht allgemein auf „die wesentlichen Arbeitsbedingungen″, deren Bestandteil der Urlaub ist) Bezug nimmt.

Die Dauer des Urlaubs ist aber – wie bereits dargelegt – kein Arbeitsentgelt. Dies bedeutet, dass – wider mancher Empfehlung in der Praxis – nach dem 9. Einsatzmonat eine Gleichstellung des Zeitarbeitnehmers mit einem vergleichbaren Beschäftigten des Kunden lediglich hinsichtlich der Vergütung im engeren Sinne erfolgen muss. Die Dauer des Urlaubs ist – auch nach neuer Rechtslage – hingegen weiterhin zeitlich unbegrenzt nach Maßgabe von § 8 Abs. 2 AÜG abdingbar; der Personaldienstleister ist daher nicht verpflichtet, dem Zeitarbeitnehmer einen längeren Urlaub anhand der ggf. günstigeren Urlaubsregelung des Kunden zu gewähren oder diesen bei einer equal pay-Betrachtung zu verrechnen.

Echtes „equal pay″ – aber kein  „equal treatment″

Insoweit hat die AÜG-Reform an den bisher maßgeblichen Spielregeln, an denen der Gesetzgeber nur und ausschließlich hinsichtlich der Gleichstellung beim unmittelbaren Arbeitsentgelt nachjustieren wollte, nichts geändert. Die Urlaubsdauer ist kein solches Arbeitsentgelt, das im Rahmen einer Gleichbehandlung nach dem 9. Monat berücksichtigt werden muss. Der Gesetzgeber beabsichtigte durch die AÜG-Reform zwar ein echtes „equal pay″ nach einer gewissen Einsatzdauer, nicht jedoch ein „equal treatment″ im Übrigen einzuführen.

Die weiteren Einzelheiten dazu entnehmen Sie bitte unserer April-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com oder kira.falter@cms-hs.com).

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Vorvertrag zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots: Gestaltungsmöglichkeiten nutzen!

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Durch einen Vorvertrag wird die Verpflichtung begründet, demnächst einen Hauptvertrag zu schließen. Dieser Hauptvertrag kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sein.

Wird ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot – egal ob in einem Vor- oder einem Hauptvertrag – ungenügend vereinbart, können sowohl die Unwirksamkeit der Abrede als auch ihre Unverbindlichkeit die Folge sein. Schon bei der Formulierung eines wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbots stellen sich mithin die ersten Schwierigkeiten ein. Die Unverbindlichkeit führt zu einem Wahlrecht des Arbeitnehmers*, sich von dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu lösen oder daran festzuhalten. Der Arbeitnehmer kann also entweder Konkurrenztätigkeiten durchführen oder auf Konkurrenztätigkeit verzichten und dafür eine Karenzentschädigung erhalten.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in einer Entscheidung vom 10. Januar 2018 (Az.: 7 Sa 185/17) die in der Praxis immer wieder vorkommende Gestaltungsmöglichkeit eines Vorvertrages zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot für Arbeitgeber als zulässig erachtet. Bei dieser Gestaltungsmöglichkeit kann der Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidung, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot notwendig ist, aufschieben. Das Landesarbeitsgericht hat die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weitergeführt und zudem konkretisiert, welche Anforderungen an die Formulierung des Vorvertrages zu stellen sind.

Kombination von Arbeitsvertrag und Anlage – Hauptvertrag oder Vorvertrag?

Ein ehemaliger Vertriebsmitarbeiter einer Netzwerktechnikfirma begehrte nach Ende seines Arbeitsverhältnisses von dem Unternehmen die Zahlung einer Karenzentschädigung. Er war der Ansicht, zwischen ihm und dem Unternehmen sei ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart worden.

In seinem Arbeitsvertrag fand sich folgender § 20:

§ 20 nachvertragliches Wettbewerbsverbot/Vorvertrag

Der Mitarbeiter erklärt sich bereit, auf Verlangen des Unternehmens ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Dauer von maximal zwei Jahren (aber auch kürzer) zu vereinbaren, das der Anlage 1 zu diesem Vertrag entspricht. Das Verlangen kann gestellt werden, solange der Arbeitsvertrag nicht von einer Vertragspartei gekündigt wurde.

In der Anlage 1 war dem Arbeitsvertrag ein ausformuliertes nachvertragliches Wettbewerbsverbot beigefügt. Die Parteien haben am selben Datum sowohl den Arbeitsvertrag als auch die Anlage 1 unterschrieben.

Der Kläger vertrat die Auffassung, mit der Unterschrift des Arbeitsvertrages sowie der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag sei ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot abgeschlossen worden. Es handele sich nicht um einen bloßen Vorvertrag, bei dem die endgültige Entscheidung über den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes zu einem späteren Zeitpunkt dem Unternehmen überlassen bliebe.

Seine Auffassung begründete der Vertriebsmitarbeiter wie folgt: Bereits aus dem Wortlaut der unterschriebenen Anlage 1 ergebe sich der Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Auf Seiten des Unternehmens sei kein anerkennenswertes Interesse gegeben, sich die Entscheidung über den Abschluss eines Wettbewerbsverbots durch einen Vorvertrag vorzubehalten. Selbst wenn es sich bei der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag aber um einen Vorvertrag handeln sollte, so sei dieser nach Ansicht des Klägers unverbindlich. Er habe dann nach seiner Auffassung ein Wahlrecht, ob er das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gegen sich gelten lassen wolle oder nicht.

Die Beklagte argumentierte dagegen, es handele sich schon ausweislich der Formulierung von § 20 des Arbeitsvertrags um einen Vorvertrag. Die Ausformulierung in der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag habe stattgefunden, damit exakt bestimmt werden könne, welchen Inhalt ein Wettbewerbsverbot auf Verlangen der Beklagten habe. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags habe im Hinblick auf die vereinbarte Probezeit und die Neueröffnung der Niederlassung, in der der Kläger tätig wurde, gerade noch kein verbindliches nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden sollen. Der Vorvertrag sei für den Mitarbeiter darüber hinaus auch nicht unverbindlich. Da das Recht, den Abschluss des nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu verlangen, ausdrücklich auf einen Zeitpunkt beschränkt wurde, zu dem das Arbeitsverhältnis noch nicht von den Parteien gekündigt worden ist, habe der Kläger nicht befürchten müssen, nach Ausspruch einer Kündigung von der Beklagten für eine Konkurrenztätigkeit gesperrt zu werden. Da die Beklagte den aufgrund des Vorvertrags bestehenden Anspruch auf Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nicht geltend gemacht habe, bestehe kein Anspruch des Klägers auf die eingeklagte Karenzentschädigung.

BAG: Vorverträge grundsätzlich auch bei Wettbewerbsverboten zulässig

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in einer Entscheidung vom 14. Juli 2010 – 10 AZR 291/10 mit einem Vorvertrag befasst, der es dem Arbeitgeber ohne jede zeitliche Begrenzung erlaubte, den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zu verlangen.

Im Gegensatz zum vorliegenden Fall sollte der Arbeitgeber auch noch nach Kündigungserklärung den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots einfordern können. Einen solchen Vorvertrag hielt das Bundesarbeitsgericht für unverbindlich.

Das Bundesarbeitsgericht führte zum Vorvertrag zunächst grundsätzlich aus:

Vorverträge sind aufgrund der Vertragsfreiheit auch bei Wettbewerbsverboten im Grundsatz zulässig. Es kann dafür ein berechtigtes Interesse bestehen, wenn bei Abschluss des Arbeitsvertrags eine künftige Entwicklung des Mitarbeiters, die Weiterentwicklung der schutzwerten wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers oder dessen finanzielle Belastbarkeit nicht hinreichend absehbar sind.

Unbilligkeit eines zeitlich unbeschränkten Vorvertrages zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot

Im Anschluss an eine Entscheidung aus dem Jahr 1969 (BAG vom 18. April 1969 – 3 AZR 154/68) fordert das Bundesarbeitsgericht aber, dass für den Arbeitnehmer nicht bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses unklar sein dürfe, ob er eine Konkurrenztätigkeit aufnehmen darf oder nicht. Sollte der Arbeitgeber auch nach Ausspruch einer Kündigung noch den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots einfordern können, könne der Arbeitnehmer nie sicher sein, welchen Anschlussarbeitsplatz er annehmen dürfe. Es bestünde die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer eine Anschlussbeschäftigung bei einem Konkurrenzunternehmen annehme und der aktuelle Arbeitgeber erst dann den Abschluss des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots einfordere. Der Arbeitnehmer könnte die Verpflichtung gegenüber seinem Anschlussarbeitgeber dann nicht erfüllen und wäre diesem gegenüber im schlimmsten Fall zum Schadensersatz verpflichtet. Der Vertragsbruch dem Anschlussarbeitgeber gegenüber wäre nur mit einem Verstoß gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot möglich. Eine derartige „Zwickmühle″ würde das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers unbillig erschweren. Die Folge dieser Unbilligkeit des Vorvertrages ist dessen Unverbindlichkeit. Der Arbeitnehmer hat ein Wahlrecht, ob er an dessen Bestand festhalten möchte oder nicht.

Die bisherige Rechtsprechung behandelte somit den Fall, dass der Arbeitgeber bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verlangen konnte. Ob eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers auch dann vorliegen kann, wenn die Option des Arbeitgebers bis zum Zeitpunkt einer Kündigungserklärung oder Abschluss eines Aufhebungsvertrags beschränkt wird, ließ das Bundesarbeitsgericht offen. Dazu äußerte sich nun das Landesarbeitsgericht Düsseldorf.

LAG Düsseldorf: Vorvertrag zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot wirksam

Das Landesarbeitsgericht ist der Ansicht, es handele sich im oben geschilderten Fall um einen Vorvertrag, nicht um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Dieser Vorvertrag sei auch wirksam und für den Arbeitnehmer nicht nur unverbindlich.

§ 20 des Arbeitsvertrags sei bereits nach seinem Wortlaut eindeutig und klar. Hierzu das Landesarbeitsgericht:

Der Kläger hat sich nach § 20 verpflichtet, auf Verlangen der Beklagten ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, das inhaltlich der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag „entspricht″. Ausgehend von diesem Wortlaut hat der Kläger sich mithin dazu verpflichtet – eventuell, nämlich erst auf Verlangen der Beklagten – zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft ein der Anlage 1 entsprechendes Wettbewerbsverbot mit der Beklagten abzuschließen.

Der Vorvertrag sei auch verbindlich, da der Kläger nicht wie in den bisher entschiedenen Fällen des Bundesarbeitsgerichts in seinem beruflichen Fortkommen unangemessen beschwert sei. Durch die zeitliche Begrenzung bis zu einer Kündigungserklärung oder dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags kann sich der Arbeitnehmer während des bestehenden Arbeitsverhältnisses uneingeschränkt auch bei Konkurrenzunternehmen bewerben. Kündigt er dann das Arbeitsverhältnis, weil er eine Stelle bei einem Konkurrenten antreten will, muss er keine Erschwernis durch den bisherigen Arbeitgeber in Form eines dann eingeforderten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots befürchten.

Berechtigtes Interesse am Abschluss eines Vorvertrages bei neuen Mitarbeitern

Bei der Beklagten habe auch ein berechtigtes Interesse an einem Vorvertrag bestanden. Der Kläger arbeitete in einer erst zeitlich mit seinem Tätigkeitsbeginn eröffneten Niederlassung. Wie sich die Niederlassung und die Zusammenarbeit mit dem Kläger entwickeln würden, sei nicht abzusehen gewesen. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, nicht sofort über den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zu entscheiden, sei insbesondere bei einem Vertriebsmitarbeiter naheliegend.

Da das Landesarbeitsgericht insbesondere auch auf die unklare Entwicklung der Zusammenarbeit mit dem Kläger abstellt, wird man davon ausgehen können, dass ein solches berechtigtes Interesse bei neuen Mitarbeitern regelmäßig gegeben ist.

Hinweise für die Praxis – Gestaltungsmöglichkeit des Arbeitgebers

Mit der Entscheidung vom 10. Januar 2018 hat das Landesarbeitsgericht eine in der Praxis immer wieder vorkommende Gestaltungsmöglichkeit bestätigt. Die Vorteile des Vorvertrags liegen auf der Hand:

Bei Abschluss des Arbeitsvertrags ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Gesamtpaket für den Arbeitgeber am einfachsten zu verhandeln und zu rechtfertigen. Im späteren Verlauf wird der Arbeitnehmer aus unterschiedlichen Gründen vielleicht nicht bereit sein, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu unterschreiben. Dieser aus verhandlungstechnischer Sicht günstige Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags hat allerdings den Nachteil, dass zu diesem Zeitpunkt für den Arbeitgeber oftmals noch nicht fest steht, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei dem konkreten Arbeitnehmer sinnvoll ist. Diesen Nachteil kann man durch den Abschluss eines Vorvertrags umgehen. Dem Arbeitgeber bleibt so die Möglichkeit, zunächst die Probezeit und den tatsächlichen Einsatz des Mitarbeiters abzuwarten, bevor er die Verpflichtung der Zahlung einer Karenzentschädigung eingeht.

Falls Sie von der Möglichkeit eines Vorvertrags keinen Gebrauch gemacht haben gilt: Ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot bereits verbindlich vereinbart worden und nicht mehr im Interesse des Arbeitgebers, so bleibt diesem im laufenden Arbeitsverhältnis die Möglichkeit des einseitigen Verzichts auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nach § 75a HGB oder eine diesbezügliche Einigung mit dem Arbeitnehmer.

* Zur besseren Lesbarkeit verzichten wir auf eine geschlechterspezifische Differenzierung. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für alle Geschlechter.

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Widerspruchsrecht bei Betriebsübergang – Kein Zurück nach sieben Jahren

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Arbeitnehmer haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber innerhalb eines Monats nach ordnungsgemäßer Information über den Betriebsübergang zu widersprechen. In der Praxis stellt sich nicht selten die Frage, welche Folgen eine unvollständige und/oder fehlerhafte Information der betroffenen Arbeitnehmer nach sich zieht.

Die Antwort hierauf war bislang schwierig, weil das Gesetz diesen Fall nicht behandelt. Klar war nur, dass die einmonatige Widerspruchsfrist nicht zu laufen beginnt und das Widerspruchsrecht deshalb den Grenzen der Verwirkung unterliegt. Wann aber Verwirkung eintritt, ließ sich nur anhand von Einzelfällen in der Rechtsprechung vage prognostizieren. Das BAG hat nun in seiner Entscheidung vom 24. August 2017 (Az.: 8 AZR 265/16) mehr Klarheit zur Verwirkung des Widerspruchsrechts gebracht.

Gesetzliche Informationspflicht und Widerspruchsrecht

Kommt es zu einem Betriebsübergang, d.h. gehen Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern automatisch von Gesetzes wegen der Übertragung eines Betriebs oder Betriebsteils auf den Erwerber über, müssen die Arbeitnehmer vom bisherigen Arbeitgeber oder Erwerber informiert werden. Für diese Information sieht § 613a Abs. 5 BGB folgende Pflichtbestandteile vor:

  • Zeitpunkt oder geplanter Zeitpunkt des Übergangs
  • Grund für den Übergang
  • rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
  • hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommene Maßnahmen.

Nach einer ordnungsgemäßen Information haben die Arbeitnehmer einen Monat Zeit, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber zu widersprechen (§ 613a Abs. 6 BGB). Wenn sie mit dem Übergang einverstanden sind, müssen sie nicht aktiv werden und können ihre Tätigkeit nach dem Betriebsübergang schlicht beim Erwerber fortsetzen.

Grenze der Verwirkung: Wechselwirkung zwischen Zeit- und Umstandsmoment

Bei einer unvollständigen und/oder fehlerhaften Information der Arbeitnehmer beginnt die einmonatige Widerspruchsfrist nicht zu laufen und das Widerspruchsrecht kann bis zur Grenze der Verwirkung ausgeübt werden. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und schließt die Geltendmachung von Rechten wegen sog. illoyaler Verspätung aus.

Dabei genügt es nicht, dass der Berechtigte sein Recht für längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Es müssen vielmehr Umstände hinzukommen, die den Eindruck erwecken, der Berechtigte wolle sein Recht oder Anspruch nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment).

Zeit- und Umstandsmoment beeinflussen sich nach der Rechtsprechung wechselseitig im Sinne „kommunizierender Röhren″. Das heißt: Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die eine Geltendmachung für den Verpflichteten unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch oder Recht verwirken. Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Betriebsübergang verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den Erwerber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen des Berechtigten und des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (BAG, Urteil v. 17. Oktober 2013 – 8 AZR 974/12).

Durch die bloß widerspruchslose Weiterarbeit bzw. Vertragsfortführung beim Erwerber kann nach der bisherigen Rechtsprechung die Verwirkung nicht herbeigeführt werden. Zur Weiterarbeit beim Erwerber müssen weitere Umstände hinzutreten, die erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer an der Vertragsbeziehung zum bisherigen Arbeitgeber nicht mehr festhalten will und sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wird (BAG, Urteil v. 15. März 2012 – 8 AZR 700/10). An dieser Rechtsprechung hält das BAG in seinem aktuellen Fall fest.

Nach grundlegender Information und sieben Jahren ist das Widerspruchsrecht verwirkt

Sofern zur widerspruchslosen Weiterarbeit beim Erwerber eine „grundlegende Information″ nach § 613a Abs. 5 BGB hinzukommt und sich die Weiterarbeit beim Erwerber über einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren erstreckt, liegen nach dem aktuellen Urteil des BAG ein Umstands- und Zeitmoment vor, die das Widerspruchsrecht verwirken lassen.

Eine grundlegende Information muss nach Auffassung des BAG enthalten:

  • den Übergang des Arbeitsverhältnisses
  • den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs
  • den Gegenstand des Betriebsübergangs
  • den Betriebserwerber sowie
  • das Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer

Erfolgt eine solche grundlegende Information, geht die widerspruchslose Weiterarbeit beim Erwerber über ein bloßes Unterlassen hinaus und begründet das Umstandsmoment einer Verwirkung. An das Zeitmoment sind in diesem Fall allerdings hohe Anforderungen zu stellen. Die widerspruchslose Weiterarbeit muss also über einen erheblichen Zeitraum erfolgen. Diesen Zeitraum definiert das BAG nun unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen mit sieben Jahren, wobei diese frühestens mit dem Betriebsübergang beginnen.

In dem zu entscheidenden Fall, war die Klägerin mit einem fehlerhaften Informationsschreiben vom 26. Juli 2007 über einen Betriebsübergang zum 1. September 2007 informiert worden. Das Informationsschreiben stellte das Haftungssystem des § 613a Abs. 1 und 2 BGB nicht zutreffen dar, enthielt aber die beschriebenen grundlegenden Informationen.

Die Klägerin arbeitete auch nach dem Betriebsübergang bei dem Erwerber bis sie am 30. Juli 2014 dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprach. Da nach der Auffassung des BAG eine Verwirkung erst sieben Jahre später, also am 31. August 2014 und damit einen Monat nach dem Widerspruch der Klägerin eingetreten wäre, war der Widerspruch am 26. Juli 2014 wirksam und bestand damit mit dem bisherigen Arbeitgeber über den 1. September 2007 hinaus ein Arbeitsverhältnis fort.

Das BAG wiederholt in dieser Entscheidung auch seine ständige Rechtsprechung, dass es zwischen der fehlerhaften Information und dem nicht ausgeübten Widerspruchsrecht keines Kausalzusammenhanges bedarf. Es ist im Grunde unerheblich, warum das Widerspruchsrecht zunächst nicht ausgeübt bzw. erst später ausgeübt wird.

Der Einwand des bisherigen Arbeitgebers, dass ein „Lawinen- oder Nachahmeffekt″ droht und das Konzept der Beschäftigungssicherung für die beim bisherigen Arbeitgeber verbliebenen Arbeitnehmer gefährdet, ist nach Auffassung des BAG nicht relevant.

Sieben Jahre Unsicherheit, ob Betriebsübertragung erfolgreich war

Das Urteil ist einerseits begrüßenswert als es Klarheit darüber verschafft, wann ein Widerspruchsrecht bei unvollständiger und/oder fehlerhafter Information der Arbeitnehmer verwirkt. Nämlich dann, wenn die Information der Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 5 BGB die vom BAG aufgestellten grundlegenden Informationen zu einem Betriebsübergang enthält und der Arbeitnehmer auf dieser Basis ab Betriebsübergang mindestens sieben Jahre beim Erwerber tätig ist. Das sind klare Regeln.

Auf der anderen Seite wissen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber mit dieser Rechtsprechung erst nach sieben Jahren, ob die Übertragung des Betriebs oder Betriebsteils erfolgreich war. Das ist eine lange Zeit der Rechtsunsicherheit, auf die sich die Praxis einstellen muss. Eine frühere Verwirkung herbeizuführen dürfte nur ausnahmsweise oder in Einzelfällen gelingen, denn dafür wäre als alternatives Umstandsmoment zur bloßen Weiterbeschäftigung beim Erwerber nach der Rechtsprechung eine Verfügung des Arbeitnehmers über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses beim Erwerber notwendig, eine Änderung des Arbeitsvertrages wäre hingegen nicht ausreichend.

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Rahmenüberlassungsverträge: Einhaltung der Schriftform bei der Konkretisierung nun doch notwendig?

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Seit dem 1. April 2017 gelten für den Abschluss von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen neue Regeln: Der Einsatz der Zeitarbeitnehmer ist von dem Personaldienstleister und dem Kunden in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor der Mitarbeiter überlassen wird (sog. Offenlegungspflicht gem. § 1 Abs. 1 S. 5 AÜG). Darüber hinaus ist die Person des Zeitarbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag vor der Überlassung zu konkretisieren (sog. Konkretisierungspflicht gem. § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG).

Probleme in der Praxis

Insbesondere die letztgenannte Pflicht bereitet in der Praxis mit Blick auf einen gewünschten flexiblen Fremdpersonaleinsatz Probleme – gerade wenn und soweit verlangt wird, dass die namentliche Bezeichnung der einzusetzenden Mitarbeiter der Beachtung der strengen gesetzlichen Schriftform vor dem geplanten Beginn der Überlassung bedarf.

Dies ist regelmäßig nicht darstellbar, wenn der Kunde – wie im „daily business″ regelmäßig – kurzfristig einen Zeitarbeitnehmer anfragt oder einen Austausch verlangt. Es ist in diesem Fall kaum oder nur mit großem Aufwand darstellbar, dass vom Personaldienstleister vor Aufnahme der Tätigkeit des Zeitarbeitnehmers eine im Original von diesem unterzeichnete Erklärung erstellt wird, die vor dem Einsatzbeginn auch noch beim Kunden zugeht. Vor diesem Hintergrund schien der Abschluss eines schriftlichen Rahmenarbeitnehmerüberlassungsvertrags, auf dessen Grundlage sodann eine Konkretisierung in Textform (also insbesondere per Email oder Fax) erfolgen kann, eine praxistaugliche Lösung darzustellen. Die BA formuliert in deren FW wie folgt (Zu § 1 Ziff. 1.1.6.7 Abs. 1 und 2, S. 20):

(1) Zweck der Regelung [Anm.: gemeint ist § 1 Abs. 1 S. 5, 6 AÜG] ist es, die Transparenz bei Fremdpersonaleinsätzen zu erhöhen und missbräuchliche Gestaltungen des Fremdpersonaleinsatzes in Form der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung zu vermeiden. Bereits vor der Überlassung müssen Verleiher und Entleiher die Überlassung eines Leiharbeitnehmers in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnen und die Person des Leiharbeitnehmers konkretisieren. Die Konkretisierung durch namentliche Benennung der zu überlassenden Person (Leiharbeitnehmer) kann im Überlassungsvertrag oder nach Satz 6 unter Bezugnahme auf diesen Vertrag erfolgen. Letzteres wird insbesondere relevant, wenn der Überlassungsvertrag als Rahmenvertrag über ein Arbeitskräftekontingent ausgestaltet ist. […]

(2) Das Schriftformerfordernis des § 12 Absatz 1 Satz 1 AÜG, §§ 126, 126a BGB umfasst den gesamten Überlassungsvertrag einschließlich aller Nebenabreden. Je nachdem, wie Ver- und Entleiher den Überlassungsvertrag im Rahmen der Privatautonomie ausgestalten, kann auch die namentliche Benennung der zu überlassenden Leiharbeitnehmer und damit die Konkretisierung der Schriftform unterliegen. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn die Überlassung bestimmter Arbeitnehmer wesentlicher Inhalt der vertraglichen Abrede ist. Die Konkretisierung unterliegt hingegen dann nicht der Schriftform des Überlassungsvertrages, wenn der Leiharbeitnehmer erst im Zuge der Erfüllung des Überlassungsvertrags durch den Verleiher unter Bezugnahme auf den Überlassungsvertrag namentlich benannt wird. Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Überlassungsvertrag als Rahmenvertrag über ein Arbeitskräftekontingent ausgestaltet ist (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9232 Seite 20). In jedem Fall ist ein geeigneter Nachweis über die Konkretisierung z.B. in Textform zu den Geschäftsunterlagen zu nehmen und aufzubewahren (vgl. § 7 Absatz 2 AÜG).

BA: Konkretisierung in Textform teilweise zulässig

Nach Ansicht der BA ist es also zulässig, die Konkretisierung in Textform – und damit beschleunigt z.B. durch eine Email oder ein Fax – vorzunehmen, wenn „der Überlassungsvertrag als Rahmenvertrag über ein Arbeitskräftekontingent″ ausgestaltet ist.

Die Praxis reagierte darauf, indem tatsächlich verbreitet Rahmenverträge abgeschossen wurden, die mitunter vorsehen, dass „bis zu XX Zeitarbeitnehmer″ überlassen werden, wobei regelmäßig ergänzend eine Pflicht des Kunden, dieses Kontingent abzunehmen, und eine Pflicht des Personaldienstleisters, dieses Kontingent zu liefern, ausgeschlossen wird.

Mit dieser Konstruktion hätten die Vertragsparteien zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Zum einen wäre über die Kontingentabrede die Konkretisierung des dann tatsächlich überlassenen Mitarbeiters gem. § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG per Textform und damit in einer praxisnahen Art und Weise auch kurzfristig vor dem Einsatz darstellbar. Zum anderen wird gleichzeitig ein vertraglich verpflichtender Abnahme- bzw. ein Lieferdruck für den Kunden bzw. den Personaldienstleister verhindert.

Oft verwendetes Modell von der BA (wohl) nicht anerkannt

Dieses Modell wird von der BA bzw. einzelnen Prüfteams – so die Erkenntnisse aus den ersten Prüfungen nach der neuen Rechtslage – allerdings nicht anerkannt. Der Redaktion liegen Unterlagen der BA vor, aus denen sich ergibt, dass ein Rahmenvertrag, auch mit einer Kontingentabrede, nicht ohne weiteres die Konkretisierung per Textform ermöglicht.

Die BA beanstandet, dass in dem geprüften Rahmenvertrag eine schuldrechtliche Verpflichtung noch nicht eingegangen wird, da sich erst im Bedarfsfall entscheidet, ob überhaupt eine Überlassung stattfinden soll. Sodann wird festgestellt, dass die durchgeführten Überlassungen der Zeitarbeitnehmer hinsichtlich der erforderlichen Konkretisierung dem Schriftformerfordernis unterliegen sollen.

„Überlassung von bis zu XX Mitarbeitern″ als Formulierung (wohl) nicht anerkannt

Im Ergebnis bedeutet dies, dass nach Ansicht der BA über einen (schriftlich geschlossenen) Rahmenüberlassungsvertrag eine Konkretisierung der eingesetzten Zeitarbeitnehmer in Textform nur eingeschränkt möglich ist – nämlich dann, wenn ein ausdrücklich bestimmtes Kontingent an zu überlassenen Mitarbeitern vereinbart ist und dieses die Parteien auch bindet, indem eine entsprechende Anzahl von Zeitarbeitnehmern abgenommen bzw. geliefert wird.

Formulierungen „Überlassung von bis zu XX Mitarbeitern″ werden nicht anerkannt, sondern nur „harte Regelungen″, z.B. „Überlassung von XX Zeitarbeitnehmern″. Zwar ist die Auffassung der BA zu kritisieren, da – insbesondere unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung – ein Kontingentvertrag dort nur exemplarisch erwähnt wird, diese ist aber keinesfalls abschließend zu verstehen, sodass auch ein Rahmenüberlassungsvertrag ohne die Nennung eines Kontingents ausreichend sein muss, um wirksam im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG in Textform konkretisieren zu können.

Kontingent muss nicht schuldrechtlich verpflichtend sein

Darüber hinaus lässt sich der Gesetzbegründung nicht entnehmen, dass ein Kontingent „schuldrechtlich verpflichtend″, d.h. mit einer Abnahme- bzw. Lieferpflicht verbunden sein muss. Dies lässt sich ebenfalls nicht aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes ableiten, das die Parteien verpflichten möchte, sich ausdrücklich zur Durchführung der Arbeitnehmerüberlassung zu bekennen.

Dies geschieht aber bereits durch den (schriftlich abgeschlossenen) Rahmenüberlassungsvertrag und durch die Bezugnahme auf diesen durch die sich anschließende Konkretisierung der überlassenen Zeitarbeitnehmer. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob diese in Textform erfolgt. Die Parteien geben durch den Rahmenüberlassungsvertrag zu erkennen, dass sie nichts anderes als eine Arbeitnehmerüberlassung durchführen wollen.

Aus Schutzgesichtspunkten lassen sich folglich für den nachgelagerten zweiten Schritt der Konkretisierung keine Erwägungen fruchtbar machen, erneut ein strenges Schriftformerfordernis zu verlangen. Dies erhöht weder die gesetzgeberisch intendierte Transparenz bei Fremdpersonaleinsätzen, noch wird auf diese Art und Weise die gesetzgeberisch mit der Offenlegungs- und Konkretisierungspflicht intendierte missbräuchliche Gestaltung des Fremdpersonaleinsatzes in Form der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung vermieden.

Probleme durch die strenge Auffassung der BA

Letztlich stellt sich für den Personaldienstleister die Frage, wie er mit dieser strengen Auffassung der BA umzugehen gedenkt. Er könnte natürlich die Konfrontation suchen und selbst nach einer Beanstandung das bisher praktizierte Modell des Rahmenüberlassungsvertrages ohne oder zumindest mit einem „weichen″ Kontingent fortführen. Damit provoziert dieser aber im Rahmen einer Folgeprüfung erlaubnisrechtliche Schritte und riskiert dabei, dass diesem die Erlaubnis entzogen wird. Hiergegen kann dieser zwar im (einstweiligen) Rechtsschutz in Anspruch nehmen, jedoch kann nicht abschließend vorhergesagt werden, welcher Ansicht die angerufenen Gerichte tatsächlich folgen werden. Wird das Verfahren abschlägig beschieden, muss der Personaldienstleister seine Geschäftstätigkeit einstellen bzw. eine neue Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis beantragen.

Umstellung der Prozesse als denkbarer Ausweg

Denkbar wäre auch eine Umstellung der Prozesse im Sinne der BA. Die Vereinbarung eines fixen Kontingentes dürfte aber nur in Ausnahmefällen eine wirklich praxistaugliche Lösung darstellen, wenn und soweit der Kunden tatsächlich längerfristig Bedarf an einer bestimmten Anzahl an zu überlassenen Mitarbeitern hat.

Als praxistaugliche Alternative rücken damit wieder sog. Vollmachtmodelle in den Fokus. Sie ermöglichen es dem Personaldienstleister – unter Befreiung von § 181 BGB (Verbot des Insichgeschäftes) – einen Einzelarbeitnehmerüberlassungsvertrag auf eine entsprechende Anfrage des Kunden und auf Grundlage einer im Zweifel vorab abgeschlossenen Rahmenvereinbarung (ohne Kontingent) sowohl für sich als auch den Kunden zu unterzeichnen. Durch die namentliche Nennung des Arbeitnehmers in dem Einzelüberlassungsvertrag erfolgt dann – unter Einhaltung der Schriftform – eine den Anforderungen der BA entsprechende Konkretisierung. Diese Möglichkeit stellt sicher, dass kurzfristig und unter Einhaltung der strengen Schriftform Personal geliefert werden kann. Es bedarf jedoch einer gewissen Überzeugungsarbeit am bzw. beim Kunden, dass dieser tatsächlich eine entsprechende Vollmacht zugunsten des Personaldienstleisters erteilt.

Um dessen Bedenken dagegen zu zerstreuen, kann in der Rahmenvereinbarung bzw. der Vollmacht selbst ein bestimmter Bestellprozess festgelegt werden, der einzuhalten ist, bevor der Personaldienstleister überhaupt von der Vollmacht Gebrauch machen darf: Z.B. die Übersendung des Entwurfs des Einzelarbeitnehmerüberlassungsvertrages an den Kunden, nachdem dieser eine Personalanfrage gestellt hat, und Unterzeichnung durch den Personaldienstleister erst, nachdem der Kunde in Textform bestätigt hat, dass er mit dem Abschluss des im Entwurf übermittelten Einzelarbeitnehmerüberlassungsvertrages einverstanden ist.

Alternativ dürfte die Möglichkeit bestehen, ein sog. Leistungsbestimmungsrecht (des Kunden) zu vereinbaren, durch das dieser einseitig (und formfrei) insbesondere die Zahl und den Lieferzeitpunkt von zu überlassenden Arbeitnehmern festlegen kann. Hierdurch wird – im Sinne der BA – einseitig für beide Parteien eine schuldrechtliche Verbindlichkeit herbeigeführt. Nachteilig wirkt sich für den Personaldienstleister natürlich aus, dass mit Ausübung des Leistungsbestimmungsrechtes durch den Kunden eine (verbindliche) Lieferpflicht begründet wird. In diesem Zusammenhang bieten sich vertragliche Gestaltungsoptionen an, den Umfang des Leistungsbestimmungsrechtes im Sinne des Personaldienstleisters zu begrenzen (z.B. hinsichtlich der Anzahl der zu überlassenden Arbeitnehmer, Reaktionszeiten, Folge bei Nichtlieferung etc.).

Personaldienstleister kommen nicht um Reaktion herum

Selbst wenn die Umstellung der entsprechenden Abläufe und insbesondere auch die ggf. damit verbundene Anpassung der bislang verwendeten Rahmenvereinbarung zeitaufwendig sind, dürften die Personaldienstleister unter Beachtung der engen Ansicht der BA zu „bindenden Kontingentverträgen″ nicht umher kommen, darauf zu reagieren, möchten diese Beanstandungen und mögliche erlaubnisrechtliche Schritte in der Zukunft vermeiden (einschließlich Verfahren wegen der damit gleichzeitig verwirklichten Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 30.000,00 € geahndet werden kann).

Hinzu kommt natürlich auch eine arbeitsrechtliche Unsicherheit, wenn sich die betroffenen Zeitarbeitnehmer diese „Flanke″ zu Nutze machen, um aufgrund eines (vermeintlichen) Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG ein fingiertes Arbeitsverhältnis zu dem Kunden für sich zu reklamieren.

Ein „weiter so, wie bisher″ kann vor diesem Hintergrund im Ergebnis risikobehaftet sein, selbst wenn noch nicht abschließend geklärt ist, ob die obige Auffassung zur Notwendigkeit der „schuldrechtlichen Verbindlichkeit″ von Rahmenüberlassungsverträgen allgemein von der BA in Nürnberg oder „nur″ von einzelnen Prüfteams in der Praxis vertreten wird.

Die weiteren Einzelheiten dazu entnehmen Sie bitte unserer März-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com oder kira.falter@cms-hs.com).

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Gute Nachrichten aus Bremen: Bezugnahme auf das Tarifwerk iGZ/DGB ist wirksam!

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Neben der Umsetzung der AÜG-Reform und den damit verbundenen rechtlichen Schwierigkeiten aufgrund offener Rechtsfragen gibt es noch weitere „Baustellen″ in der Branche, die nach wie vor nicht abschließend geklärt sind. Dies gilt insbesondere für die AGB-rechtliche Wirksamkeit von arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklauseln auf die Tarifwerke der Zeitarbeit (BAP/DGB oder iGZ/DGB). Würde diese verneint, gilt für den Einsatz des Zeitarbeitnehmers bereits ab dem ersten Tag der equal pay-/equal treatment-Grundsatz.

Verbunden wäre dies mit den entsprechenden Risiken, von den betroffenen Mitarbeitern auf Nachzahlungen in Anspruch genommen zu werden. Wirtschaftlich einschneidender ist darüber hinaus, dass die DRV auf das nicht gezahlte equal pay für einen Zeitraum von mindestens vier Jahren Sozialversicherungsbeiträge nachverlangen kann – und zwar unabhängig davon, ob der Zeitarbeitnehmer seine equal pay-Ansprüche gegenüber dem Personaldienstleister geltend gemacht hat oder ob dieser solche aufgrund der Anwendung von Verfallfristen oder einer Verjährung überhaupt nicht mehr durchsetzen kann.

Kippen die Bezugnahmeklauseln, träte ein weiteres „CGZP-Szenario″ analog ein – allerdings für die gesamte tarifanwendende Branche. Daher verdient eine Entscheidung des LAG Bremen Aufmerksamkeit, die sich genau mit dieser Frage befasste (Urteil v. 6. Dezember 2017 – 3 Sa 64/17; Vorinstanz: ArbG Bremen-​Bremerhaven v. 16. März 2017 – 5 Ca 5482/16). Im Ergebnis mit einem für die Zeitarbeit positiven Ergebnis: die verwendete Bezugnahmeklausel auf das Tarifwerk iGZ/DGB hielt der vom Gericht durchgeführten AGB-Kontrolle Stand.

Parteien streiten über Differenzvergütung nach dem equal pay-Grundsatz

Inhaltlich streiten die Parteien insbesondere um eine Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay. In dem mit dem klagenden Zeitarbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 11. November 2013 ist Folgendes geregelt:

Tarifliche Regelung

Auf das Arbeitsverhältnis finden im Sinne einer dynamischen Verweisung die folgenden von der Tarifgemeinschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes mit dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (IGZ e.V.) abgeschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung:

  • Manteltarifvertrag Zeitarbeit (MG V) in der aktualisierten Fassung vom 01.07.2010
  • Entgeltrahmentarifvertrag Zeitarbeit (ERTV) in der Fassung vom 01.07.2010
  • Entgelttarifvertrag Zeitarbeit in der Fassung vom 01.07.2010
  • Tarifvertrag Beschäftigungssicherung Zeitarbeit in der Fassung vom 01.07.2006

Die jeweils maßgeblichen Tarifverträge liegen im Büro des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zur Einsicht aus. Für das Arbeitsverhältnis gelten die gesetzlichen Bestimmungen, die o.a. Tarifverträge sowie die Regelungen dieses Arbeitsvertrages.

LAG Bremen: Kläger hat keinen Anspruch auf Differenzvergütung

Der Kläger verlangt von der Beklagten für den Zeitraum von April 2014 bis einschließlich August 2015 equal pay. Er rügt unter anderem die AGB-rechtliche Wirksamkeit der obigen Bezugnahmeklausel auf die Tarifverträge iGZ/DGB.

Nach Ansicht des LAG Bremen hat der Kläger keinen Anspruch auf die geltend gemachte Differenzvergütung nach § 10 Abs. 4 S. 1 AÜG a.F. Die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die wesentlichen Arbeitsbedingungen des Kunden zu gewähren, sei vorliegend nach § 10 Abs. 4 S. 2 AÜG a.F. ausgeschlossen. Der Grund: Die arbeitsvertraglich vereinbarte Anwendbarkeit tarifvertraglicher Regelungen der Tarifgemeinschaft des DGB mit dem iGZ. Die Inbezugnahme sei nach Maßgabe des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB hinreichend transparent.

Verweisen AGB auf andere Vorschriften, so ist dies nicht intransparent

Verweise eine Regelung in AGB auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führe dies für sich genommen nicht zu einer Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke entsprächen – selbst wenn sie dynamisch ausgestaltet seien – einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Technik. Sie dienten den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses.

Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar sei, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifverträge haben würden, sei unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Bestimmungen seien zumindest bestimmbar. Dies sei zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die – wie im Regelfall – auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag verweisen, ausreichend. Gleiches gelte auch für den Verweis auf ein bestimmtes bzw. bestimmbares tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-​, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen.

Vor diesem Hintergrund sei von der erforderlichen Bestimmbarkeit der vorliegenden Bezugnahmeklausel auszugehen. Dass es sich bei den vom iGZ und den unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften des DGB abgeschlossenen Tarifwerken um „mehrgliedrige Tarifverträge″ handele, stehe der Bestimmbarkeit nicht entgegen.

Verschiedene Erscheinungsformen des mehrgliedrigen Tarifvertrages

Nach ganz überwiegender Meinung (LAG Nürnberg, Urteil v. 11. Oktober 2013 – 3 Sa 699/10; dazu: Bissels, jurisPR-ArbR 25/2014 Anm. 1) gebe es verschiedene Erscheinungsformen des mehrgliedrigen Tarifvertrages im weiteren Sinne. Bilde der Tarifvertrag ein „einheitliches Tarifwerk”, also eine „geschlossene Einheit” (sog. Einheitstarifvertrag), seien die Tarifvertragsparteien einer Seite bei der Ausübung von Rechten und der Erfüllung von Pflichten aus dem schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrages in der Weise aneinander gebunden, dass sie im Verhältnis zur Gegenseite eine „Einheit” darstellten. Die Kündigung des Tarifvertrages könne in diesem Falle nur durch alle Tarifvertragsparteien einer Seite gemeinsam ausgesprochen werden.

Davon zu unterscheiden sei derjenige mehrgliedrige Tarifvertrag, bei dem mehrere selbstständige Tarifverträge lediglich in einer Urkunde zusammengefasst seien („mehrgliedriger Tarifvertrag im engeren Sinne”). Bei diesem seien die Tarifvertragsparteien selbstständig berechtigt und verpflichtet. Sie seien deshalb in der Lage, unabhängig voneinander („autonom”) den Tarifvertrag zu kündigen. Ob  mehrere voneinander unabhängige und lediglich äußerlich in einer Urkunde zusammengefasste Tarifverträge zustande kommen sollten, oder ob ein einziger, alle Beteiligten gemeinsam bindender einheitlicher Tarifvertrag geschlossen werden sollte, hänge vom Willen der Tarifvertragsparteien ab. Dieser sei durch Auslegung zu ermitteln.

LAG Bremen: Einheitliches Tarifwerk im Fall des Klägers

Nach Auffassung des LAG Bremen sei vorliegend ein einheitliches Tarifwerk gegeben. Die unterzeichnenden Mitgliedsgewerkschaften stellten als Tarifgemeinschaft im Verhältnis zur Gegenseite eine „Einheit″ dar (LAG Nürnberg, Urteil v. 11. Oktober 2013 – 3 Sa 699/10: BZA/DGB; LAG Düsseldorf, Urteil v. 29. Dezember 2014 – 7 Sa 1053/13: iGZ/DGB).

Ein wesentliches Indiz für einen Einheitstarifvertrag liege darin, dass das Tarifwerk gerade nicht als mehrgliedrig bezeichnet werde. Das BAG habe in der Benennung des AMP-Tarifwerkes als mehrgliedrig ein wesentliches Indiz für die Mehrgliedrigkeit gesehen (BAG, Urteil v. 13. März 2013 – 5 AZR 1954/11). Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass beim Fehlen dieser Bezeichnung nach dem Willen der Tarifvertragsparteien ein Einheitstarifvertrag geschlossen werden solle. Damit liege bereits keine intransparente Bezugnahmeklausel vor.

Zu demselben Ergebnis führe die Annahme eines sog. „mehrgliedrig-​einheitlichen“ Tarifwerks (LAG Baden-​Württemberg, Urteil v. 04. Juni 2013 – 22 Sa 73/12). Ein arbeitsvertraglicher Verweis auf dieses bedeute wegen der Einheitlichkeit des Tariftextes in aller Regel, dass es für die Auslegung der Bezugnahmeklausel auf die Auswahl des konkret anwendbaren Tarifvertrages nicht ankommen solle.

Unabhängig von der Tarifzuständigkeit der Gewerkschaften sowie der Branchenzugehörigkeit des Personaldienstleisters und des Kunden solle die in Bezug genommene Vertragsurkunde des mehrgliedrigen Tarifvertrages anwendbar sein. Dies entspreche dem Willen der vertragschließenden Parteien und sei angesichts der Gepflogenheiten in der Zeitarbeitsbranche die einzig praktikable Lösung.

Entscheidung des LAG Bremen richtungsweisend

Die Entscheidung des LAG Bremen ist ein erfreulich deutliches Signal für die Branche. Gleichzeitig ist sie eine Absage an die Versuche von Zeitarbeitnehmern, über eine (vermeintliche) AGB-rechtliche Unwirksamkeit der Bezugnahmeklausel auf ein Tarifwerk der Zeitarbeit Nachzahlungsansprüche auf equal pay zu realisieren. Die Erwägungen, die von dem Gericht bzgl. des iGZ/DGB-Tarifwerks angestellt werden, sind dabei auf die BAP/DGB-Tarifverträge 1:1 zu übertragen.

Entscheidung zwischen einheitlichem oder mehrgliedrigen Tarifvertrag von großer Bedeutung

Die Frage, ob ein einheitlicher oder ein mehrgliedriger Tarifvertrag im engeren Sinne vorliegt, ist im Ergebnis nicht nur von rechtstheoretischer Bedeutung. Vielmehr wirkt sich deren Beantwortung auch auf die Gestaltung der betreffenden arbeitsvertraglichen Regelung aus. In der ersten Variante, die auch das LAG Bremen vorliegend bejaht, bedarf es in der Bezugnahmeklausel keiner weiteren Kollisionsregelung. Denn es handelt sich um einen einzigen Tarifvertrag, der einheitlich zwischen dem BAP bzw. iGZ und den DGB-Gewerkschaften abgeschlossen wurde. Dieser Tarifvertrag gilt daher für jede Überlassung, unabhängig davon, welcher Branche der Kunde zuzuordnen ist.

In der zweiten Variante dürfte nach Ansicht des BAG – zusätzlich zu der Bezugnahmeklausel – grundsätzlich eine Kollisionsregelung erforderlich sein (a.A. mit guten Argumenten vertretbar). Diese muss für den Zeitarbeitnehmer genau und hinreichend transparent anordnen, welcher Tarifvertrag zwischen dem BAP bzw. iGZ und einer konkreten DGB-Gewerkschaft für den betreffenden Einsatz anwendbar sein soll (z.B. für einen Einsatz in einem Kundenbetrieb der M+E-Branche die zwischen BAP oder iGZ und der IG Metall abgeschlossenen Tarifverträge).

Aufgrund der Qualifizierung als einheitliches Tarifwerk war in dem hiesigen Fall eine entsprechende Kollisionsbestimmung nicht mehr erforderlich und wurde – insoweit konsequent – vom LAG Bremen nicht mehr vertieft mit Blick auf die AGB-rechtliche Wirksamkeit der Bezugnahmeklausel geprüft. Die Ausführungen des Gerichts zu einem „mehrgliedrig-einheitlichen“ Tarifwerk lassen zudem den Rückschluss zu, dass das LAG Bremen aufgrund der Besonderheiten in der Zeitarbeit eine entsprechende Kollisionsregelung richtigerweise selbst dann nicht als erforderlich ansehen würde, selbst wenn es sich um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne handeln würde.

Qualifizierung der Tarifwerke als einheitlich erscheint günstig

Die Qualifizierung der Tarifwerke der Zeitarbeit als einheitlich mag dabei aus AGB-rechtlicher Sicht für den Personaldienstleister günstig erscheinen. Denn es bedarf – wie bereits dargestellt – keiner Kollisionsklausel und es kommt nicht auf deren AGB-rechtliche Wirksamkeit an. Problematisch – und in den vorliegenden gerichtlichen Entscheidungen nicht bzw. nicht vertieft geprüft – ist aber die Frage der Tarifzuständigkeit der an dem Tarifabschluss beteiligten DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeit. Ist auch nur eine davon nicht tarifzuständig, ist der gesamte Einheitstarifvertrag unwirksam. Die tarifliche Einheit steht und fällt damit, dass alle auf Arbeitnehmerseite beteiligten Gewerkschaften laut ihrer Satzung für die Zeitarbeit zuständig sind und demgemäß entsprechende Tarifverträge abschließen dürfen.

In diesem Zusammenhang werden insbesondere in der Literatur Zweifel an der Tarifzuständigkeit der DGB-Gewerkschaften für die Zeitarbeit angemeldet (vgl. Rieble, BB 2012, 2177; Fischer, RdA 2013, 326). Allerdings beziehen sich diese (älteren) Stellungnahmen noch auf einen Zustand der jeweiligen Satzungen, der in der Tat zumindest als „diffus″ zu bezeichnen war. Inzwischen haben die DGB-Gewerkschaften diese allerdings angepasst und „nachgeschärft″. Das BAG hat zuletzt sogar ausdrücklich die Tarifzuständigkeit der IG Metall für die Überlassung von Zeitarbeitnehmern in M+E-Betriebe bestätigt – allerdings aufgrund der aktuellen Satzungslage (BAG, Urteil v. 22. Februar 2017 – 5 AZR 252/16). Die Frage nach der Tarifzuständigkeit aller an dem Abschluss eines (einheitlichen) Tarifvertrags beteiligten DGB-Gewerkschaften dürfte sich vor diesem Hintergrund im Zweifel realistischer Weise nur in älteren Fällen stellen, in denen diese ihre Satzungen (noch) nicht modifiziert haben.

Tarifzuständigkeit nicht vom LAG Bremen überprüft

Diese Problematik ist allerdings weder in dem Rechtsstreit vor dem LAG Bremen noch in weiteren Verfahren aufgeworfen worden, die sich in der jüngeren Vergangenheit mit der Wirksamkeit der Bezugnahmeklausel auf die Tarifwerke der Zeitarbeit befasst haben. Diese sind im Übrigen – wie der Rechtsstreit in Bremen – erfreulicherweise zugunsten des beklagten Personaldienstleisters entschieden worden:

Das LAG Rheinland-Pfalz hat bzgl. der Verweisung auf das Tarifwerk iGZ/DGB argumentiert, dass – wie auch das LAG Bremen – ein Einheitstarifvertrag vorliegen dürfte, konnte die abschließende Beantwortung der Frage aber offen lassen, da in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregelung vorgesehen war, die bestimmte, welcher Tarifvertrag – unterstellt dieser wäre tatsächlich mehrgliederig im engeren Sinne – für den konkreten Einsatz zur Anwendung kommen sollte (Urteil v. 02. März 2016 – 7 Sa 352/15). Gegen diese Entscheidung ist inzwischen Revision eingelegt worden (Az.: 4 AZR 341/16). Ein Termin für die Verhandlung vor dem BAG ist noch nicht bestimmt worden.

Das LAG Sachsen-Anhalt hat bestätigt, dass es sich bei dem Tarifwerk iGZ/DGB um einen Einheitstarifvertrag handele (Urteil v. 28. Juni 2016 – 2 Sa 421/15). Das Gericht ging davon aus, dass, selbst wenn ein mehrgliedriger Tarifvertrag im engeren Sinne vorliegen sollte, keine Intransparenz bestehe. Denn in dem Arbeitsvertrag sei eine Kollisionsregelung bzgl. des konkret anzuwendenden Tarifvertrags vereinbart worden. Die zunächst beim BAG eingelegte Revision (Az. 4 AZR 589/16) wurde nicht durch ein Urteil entschieden; die Parteien haben sich kurz vor dem anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung auf einen Vergleich verständigt.

Das LAG Bremen hat aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen die Revision zum BAG zugelassen, die inzwischen eingelegt worden ist (Az.: 5 AZR 66/18). Gegebenenfalls wird die Frage der rechtlichen Qualität der Tarifwerke der Zeitarbeit in Bälde dann doch einer höchstrichterlichen Klärung zugeführt. Die weitere Entwicklung bleibt insoweit abzuwarten.

Zeitarbeitsunternehmen sollten Bezugnahmeklauseln prüfen

Bereits jetzt sollten Zeitarbeitsunternehmen jedoch die jüngeren Entscheidungen in der Rechtsprechung zum Anlass nehmen, die von diesen in den Standardarbeitsverträgen verwendeten Bezugnahmeklauseln zu überprüfen und bei Bedarf entsprechend anzupassen – dies gilt insbesondere, wenn diese nach wie vor keine Kollisionsklausel enthalten.

Eine solche sollte zwingend aufgenommen werden, um für den Fall gerüstet zu sein, dass das BAG höchstrichterlich entscheidet, dass die Tarifwerke der Zeitarbeit als mehrgliedrig im engeren Sinne zu qualifizieren sind und vor diesem Hintergrund tatsächlich eine Kollisionsregelung – trotz der Besonderheiten in der Zeitarbeit – erforderlich werden sollte, um eine AGB-rechtliche Intransparenz zu vermeiden.

Die weiteren Einzelheiten dazu entnehmen Sie bitte unserer März-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, in dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen kostenfrei zu beziehen, schreiben Sie uns bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com oder kira.falter@cms-hs.com).

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Konzernbetriebsrat bei ausländischer Konzernobergesellschaft?

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Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung hat das LAG Nürnberg am 21. Juli 2016 (Az.: 5 TaBV 54/15) entschieden, dass die Errichtung eines Konzernbetriebsrats nicht zulässig ist, wenn sich die Konzernobergesellschaft im Ausland befindet. In einem solchen Fall ist das BetrVG auf die Konzernobergesellschaft nicht anwendbar, so dass die Errichtung eines Konzernbetriebsrats nach § 54 BetrVG ausscheidet.

Die Rechtsbeschwerde zu dieser Rechtsfrage der Anwendbarkeit des § 54 BetrVG auf Unternehmenszusammenschlüsse mit Leitung im Ausland ist beim Bundesarbeitsgericht anhängig (7 ABR 60/16). Die Entscheidung ist für den 23. Mai 2018 angekündigt.

Herrschende Konzernobergesellschaft mit Sitz in der Schweiz

Im konkreten Fall hatten die Betriebsratsgremien dreier in Deutschland ansässiger Unternehmen eines Konzerns einen Konzernbetriebsrat errichtet. Gesamtbetriebsräte existieren nicht.

Als Konzernunternehmen wurde eine vierte operative GmbH einbezogen, sowie eine fünfte, die nach Auffassung der Arbeitnehmervertreter als Holding fungiere und bei der der Konzernbetriebsrat zu errichten sei. Diese fünfte Gesellschaft ist Alleingesellschafterin der weiteren vier Gesellschaften – sie übt jedoch selbst keinerlei Leitungsmacht aus.

Die herrschende Konzernobergesellschaft, die auch die Anteile an der Holdinggesellschaft in Deutschland hält, hat ihren Sitz in der Schweiz, von wo aus sie alle Gesellschaften in Deutschland steuert.

Errichtung eines Konzernbetriebsrats

Nach § 54 Abs.1 S.1 BetrVG kann ein Konzernbetriebsrat durch Beschlüsse der Betriebsräte der konzernangehörigen Unternehmen errichtet werden. Voraussetzung ist das Vorliegen eines Unterordnungskonzerns, d.h. das Vorliegen einer Unternehmensstruktur, in der ein oder mehrere untergeordnete Unternehmen der einheitlichen Leitung eines herrschenden Unternehmens unterstellt sind, § 18 Abs.1 AktG. Diese untergeordneten Unternehmen sind zwar an sich rechtlich selbständig (§ 17 Abs. 1 AktG), sie unterliegen aber unmittelbar oder mittelbar dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens.

Voraussetzung für die Errichtung eines Konzernbetriebsrats ist nach bislang herrschender Rechtsprechung, dass der Sitz der Konzernobergesellschaft im Inland liegt oder der Konzern über eine im Inland ansässige Teilkonzernspitze verfügt, die diese Steuerungsfunktion inne hat. Dieses letztere Konzept des sogenannten „Konzerns im Konzern“ liegt vor, wenn innerhalb von Konzernstrukturen einer inländischen, abhängigen Gesellschaft die Leitungsmacht hinsichtlich wesentlicher personeller, sozialer und / oder wirtschaftlicher Angelegenheiten übertragen ist.

BAG bisher: Bildung eines Konzernbetriebsrats nicht möglich, wenn Konzernobergesellschaft aus dem Ausland die sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten steuert

Problematisch wird es, wenn – wie im vorliegenden Fall des LAG Nürnberg (5 TaBV 54/15) – die im Inland ansässige Holdinggesellschaft gerade über keine Leitungsmacht gegenüber ihren Tochtergesellschaften verfügt und deren personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten von der im Ausland ansässigen Konzernobergesellschaft gesteuert werden.

In der Literatur umstritten ist, ob das BetrVG im Hinblick auf die Errichtung eines Konzernbetriebsrats auch in einer solchen Konstellation angewendet werden kann und die Bildung eines Konzernbetriebsrats ermöglicht wird. Das Bundesarbeitsgericht lehnt dies bislang ab.

Ziel der Errichtung eines Konzernbetriebsrats (im Inland)

Ziel der Errichtung eins Konzernbetriebsrats ist es, die Arbeitnehmer der abhängigen Unternehmen an bindenden Leitungsentscheidungen der Konzernspitze in wesentlichen sozialen, personellen und wirtschaftlichen Bereichen zu beteiligen. Mitbestimmung soll dort ermöglicht werden, wo die Leitungsentscheidungen getroffen werden.

Diesem Zweck würde es zuwider laufen, wenn dem Konzernbetriebsrat auf Arbeitgeberseite leidglich Vertreter einer Holdinggesellschaft gegenüber stünden, die keinerlei Leitungsmacht (und damit keinerlei Entscheidungsbefugnis) über die der Mitbestimmung unterliegenden Gegenstände inne haben. Ein gleichwohl gebildeter Konzernbetriebsrat – ohne die Möglichkeit, Einfluss auf die Belange der in den konzernangehörigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer nehmen zu können – wäre letztlich funktionslos.

Schließlich könnte der inländische Konzernbetriebsrat seine Beteiligungsrechte gegenüber der im Ausland ansässigen Konzernobergesellschaft nicht geltend machen, da diese nach dem Territorialprinzip nicht den Regelungen des BetrVG unterliegt.

Gleichwohl soll nach einigen Stimmen in der Literatur auch in einer solchen Konstellation eine inländische Arbeitnehmervertretung für die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen im Inland etabliert werden können.

Weiterer Verlauf: Verkündung des BAG am 23. Mai 2018

Das LAG Nürnberg hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Das BAG hat die Verkündung einer Entscheidung für den 23. Mai 2018 angekündigt. Es bleibt also spannend! Wir werden berichten, ob der 7. Senat an der bisherigen Rechtsprechung festhalten wird.

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Insolvenzrechtliche Einordnung des Nachteilsausgleichs

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Gemäß § 113 Abs. 3. iVm Abs. 1 BetrVG kann ein Arbeitnehmer vom Unternehmer die Zahlung einer Abfindung verlangen, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und in der Folge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

Diese Bestimmung findet nach ständiger Rechtsprechung des BAG auch im Insolvenzverfahren Anwendung. Führt der Insolvenzverwalter eine nach § 111 BetrVG geplante Betriebsänderung durch, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, ist er ebenfalls gegenüber den Arbeitnehmern haftbar.

Um der Haftung aus § 113 Abs. 3 iVm Abs. 1 BetrVG zu entgehen, ist es für den Insolvenzverwalter von entscheidender Bedeutung, sich zu vergewissern, wann die Durchführung der Betriebsänderung beginnt. Denn das haftungsauslösendes Ereignis im Rahmen des § 113 BetrVG ist der Beginn der Durchführung der Betriebsänderung. Eben dieser Zeitpunkt ist auch entscheidend für die Einordnung des Nachteilsausgleichs als Masseschuld oder als Insolvenzforderung. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 7. November 2017 (Az.: 1 AZR 186/16) entschieden.

Vom Widerruf der Spielbankenzulassung zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis hin zur Kündigung der Arbeitsverhältnisse

Der Kläger war Arbeitnehmer bei der S-GmbH (im Folgenden „Insolvenzschuldnerin″ genannt), der Beklagte war deren Insolvenzverwalter. Die Insolvenzschuldnerin unterhielt Spielbetriebe an mehreren Standorten. Im Mai 2011 stellte die Insolvenzschuldnerin ihre betriebliche Tätigkeit ein. Alle Arbeitnehmer wurden von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.

Die Insolvenzschuldnerin beantragte im Juli 2011 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beklagte – zu diesem Zeitpunkt als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt – versuchte sich in der Folgezeit erfolglos mit dem Gesamtbetriebsrat über einen Interessenausgleich zu einigen.

Anfang 2012 wurde die Zulassung der Insolvenzschuldnerin zum Betrieb einer öffentlichen Spielbank widerrufen. Am 6. Februar 2012 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Wenige Wochen später erklärte der Gesamtbetriebsrat die Verhandlung eines Interessenausgleichs für gescheitert. Der Beklagte kündigte am 23. April 2012 die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter, auch das des Klägers.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass ihm ein Nachteilausgleichsanspruch gegen den beklagten Insolvenzverwalter zustehe und dieser als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren sei. Der Beklagte habe eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG (hier: Betriebsstillegung) umgesetzt. Einen hinreichenden Interessenausgleichsversuch habe der Beklagte vor Ausspruch der Kündigungen nicht unternommen. Der Beklagte hafte daher nach 113 Abs 3. iVm Abs.1 BetrVG. Dieser Anspruch sei als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren, da der Ausspruch der Kündigungen (am 23. April 2012) als haftungsauslösendes Ereignis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (am 6. Februar 2012) erfolgt sei.

Der Beklagte tritt der Auffassung des Klägers entgegen: Er habe einen hinreichenden Interessenausgleichsversuch mit dem Betriebsrat unternommen. Jedenfalls sei ein etwaiger Anspruch auf Nachteilsausgleich nicht als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren, da die Betriebsänderung spätestens mit dem Widerruf der Spielbankenzulassung (Anfang 2012) begonnen habe und damit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Das Bundesarbeitsgericht hat der Klage (wie auch die Vorinstanzen) vollumfänglich stattgegeben. Die Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs im Sinne des 113 Abs 3. iVm Abs.1 BetrVG seien gegeben. Der beklagte Insolvenzverwalter habe die Betriebsänderung durchgeführt, ohne mit dem (Gesamt-)Betriebsrat den gebotenen Versuch eines Interessenausgleichs hinreichend unternommen zu haben. Die Betriebsänderung sei auch für die Entlassung des Klägers kausal geworden. Da die Betriebsänderung nach Insolvenzeröffnung durchgeführt worden ist, sei der Anspruch als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren.

Beginn der Durchführung der Betriebsänderung mit Ausspruch der Kündigungen

Zunächst ist das BAG der Frage nachgegangen, wann die Betriebsänderung durchgeführt wurde und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Durchführung (erst) mit dem Ausspruch der Kündigungen erfolgt sei:

Nach dem BAG werde eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG ab dem Zeitpunkt durchgeführt, in welchem der Unternehmer mit der Betriebsänderung beginnt und damit vollendete Tatsachen schafft. Bei einer Betriebsstilllegung – wie im streitgegenständlichen Fall – erfolge die Umsetzung, sobald der Unternehmer unumkehrbare Maßnahmen zur Auflösung der betrieblichen Organisation ergreift.

Nach diesen Maßstäben sei die Betriebsänderung (erst) mit dem Ausspruch der Kündigungen erfolgt. Erst hierdurch sei die betriebliche Organisation Insolvenzschuldnerin unwiderruflich aufgelöst worden. Nicht als Beginn der Durchführung der Betriebsänderung könne bereits die tatsächliche Einstellung der betrieblichen Tätigkeit an allen Standorten im Mai 2011 oder der spätere Widerruf der Zulassung zum Spielbetrieb Anfang 2012 angesehen werden. Diese Umstände seien keine Maßnahmen zur Auflösung der betrieblichen Organisation dar, weil der Betrieb der Insolvenzschuldnerin im Sinn des Vorhaltens der Belegschaft zu diesen Zeitpunkten noch bestanden habe. Diese Ereignisse seien, wie auch andere Umstände rechtlicher oder tatsächlicher Art, allenfalls Anlass für eine Betriebsänderung, stellen aber nicht die Betriebsänderung selbst oder den Beginn ihrer Durchführung dar.

Auch mit den Freistellungen der Mitarbeiter im Mai 2011 habe die die Betriebsstillegung nicht begonnen. Die Freistellung sei vorliegend – mangels anderweitiger vertraglicher Abreden – widerruflich und damit umkehrbar gewesen. Sie lasse daher den Bestand des Arbeitsverhältnisses unberührt und sei nicht mit einer Kündigung gleichzusetzen.

Interessenausgleich bei Beginn der Durchführung der Betriebsänderung nicht hinreichend versucht

Zum Zeitpunkt der Durchführung der Betriebsänderung, d.h. zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigungen, habe der beklagte Insolvenzverwalter einen Interessenausgleich nicht hinreichend versucht. Er habe es insbesondere unterlassen, die Einigungsstelle anzurufen. Dem BAG zufolge müsse der Unternehmer vor der Durchführung einer Betriebsänderung im Zusammenhang mit einem Interessenausgleichsversuch grundsätzlich die Einigungsstelle anrufen. Andernfalls könne von einem hinreichenden Versuch nicht ausgegangen werden.

Im Insolvenzfall gelte – so das BAG – nichts anderes. Da die Betriebsänderung für die Entlassung des klagenden Arbeitnehmers auch kausal geworden sei, seien die Anspruchsvoraussetzungen des Nachteilsausgleichs damit gegeben.

Qualifizierung des Nachteilsausgleichsanspruchs als Masseverbindlichkeit

Entgegen der Auffassung des beklagten Insolvenzverwalters sei der Anspruch auf Nachteilsausgleich auch als Masseverbindlichkeit einzuordnen.

Wie eingangs dargelegt, ist für die insolvenzrechtliche Einordnung des Nachteilsausgleichs der Zeitpunkt der Durchführung der Betriebsänderung entscheidend. Liegt der Beginn der Betriebsänderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist der Anspruch als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren. Sofern die Betriebsänderung vor Insolvenzeröffnung beginnt, ist der Nachteilsausgleich als Insolvenzforderung einzuordnen.

Für die Einordnung als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 InsO) kommt es nach Auffassung des BAG mithin nicht auf den Zeitpunkt der Planung der Betriebsänderung an, der (aber) die Pflicht zum Interessenausgleichsversucht auslöst

Keine Beschränkung des Anspruchs der Höhe nach

Letztlich ist das BAG noch dem Einwand des beklagten Insolvenzverwalters entgegen getreten, dass jedenfalls eine Begrenzung des Nachteilsausgleichs der Höhe nach im insolvenzrechtlichen Verfahren vorzunehmen sei. Das BAG hält insoweit an seiner Rechtsprechung fest, dass weder eine analoge Anwendung des § 123 Abs. 1 InsO, noch die (besondere) Insolvenzsituation eine Beschränkung des Anspruchs zugunsten des Insolvenzverwalters rechtfertige.

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(Transit)Fahrten durch Deutschland: Mindestlohnpflicht auch für ausländische Arbeitgeber?

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Mit Wirkung zum 1. Januar 2015 wurde durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland eingeführt. Seither hat nach § 20 MiLoG grundsätzlich jeder in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des verbindlichen Mindestlohns, derzeit also EUR 8,84 brutto pro Zeitstunde.

Bedeutung für (die Beauftragung von) Transport- und Logistikunternehmen

Ob sich das MiLoG mit seinen Anforderungen auch an Unternehmen richtet, die ihren Sitz ausschließlich im Ausland haben, ist in der Rechtsprechung bisher ungeklärt. Dabei hat diese Fragestellung insbesondere in der Transport- und Logistikbranche eine nicht unerhebliche Bedeutung und wurde bereits vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns kontrovers diskutiert.

Insbesondere bei sog. Transitfahrten ausländischer Unternehmen stellt sich die Frage, ob Arbeitnehmer, die Deutschland für die Zustellung von Waren passieren (nur Transit) oder Ware in Deutschland ausliefern/aufnehmen (sog. Kabotage-Fahrten), um anschließend wieder ins Ausland zurückzukehren, einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für die Zeiten der Tätigkeit in Deutschland haben. Denn diese Arbeitnehmer üben ihre Tätigkeit zumindest kurzzeitig in Deutschland aus.

Besondere Bedeutung erlangt die Fragestellung auch dann, wenn deutsche Unternehmen ausländische Subunternehmer – etwa für die Ausführung der Transitfahrten – beauftragen. In diesem Fall haftet das deutsche Unternehmen neben dem ausländischen Unternehmen – und zwar verschuldensunabhängig – für die Mindestlohnpflichten des ausländischen Subunternehmers. Die Thematik hat auch deswegen eine große praktische Relevanz, weil die Nichteinhaltung der Vorschriften des MiLoG eine Ordnungswidrigkeit darstellen kann, die mit hohen Geldbußen belegt werden kann.

Anwendbarkeit des MiLoG auf ausländische Arbeitgeber umstritten

Die für die Logistikbranche höchst praxisrelevante Frage, ob das MiLoG auch auf Transitfahrten Anwendung findet, ist bisher nicht geklärt.

In § 20 MiLoG ist vorgesehen, dass Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet sind, ihren „im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern″den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen. Nach dem Wortlaut sollen also auch Arbeitnehmer von ausländischen Arbeitgebern unter den gesetzlichen Mindestlohn fallen, wenn diese in Deutschland beschäftigt werden. Eine bestimmte Mindestdauer für die Inlandstätigkeit wird nicht gefordert. Für eine Erstreckung des MiLoG auch auf Transitfahrten könnte weiter sprechen, dass der Gesetzgeber gerade auf eine möglichst umfassende Geltung des gesetzlichen Mindestlohns – auch bei nur sehr kurzzeitigen Tätigkeiten in Deutschland – abzielte.

Gegen die Anwendbarkeit des MiLoG auf ausländische Arbeitgeber werden im Wesentlichen zwei Argumente vorgebracht. Zum einen wird vertreten, dass der Begriff der „Beschäftigung″ nach § 20 MiLoG anhand des Beschäftigungsbegriffs des Sozialversicherungsrechts zu bestimmen sei (Bissels/Falter/Evers, ArbR 2015, 4). Danach ist eine Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine solche Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers, d.h. regelmäßig des Arbeitgebers.

Legt man ein solches Begriffsverständnis zugrunde, so erscheint eine Beschäftigung im Inland und damit eine Anwendbarkeit des MiLoG fraglich, wenn der Arbeitgeber seine Betriebsorganisation (z.B. seinen Fuhrpark, seine Verwaltung, sein Betriebsgelände) im Ausland vorhält und der Arbeitnehmer dort eingebunden ist sowie weisungsgemäß eine Transitfahrt in Deutschland ausführt. Denn in diesem Fall wird der Arbeitnehmer lediglich anlässlich eines auslandsgeprägten Beschäftigungsverhältnisses vorübergehend im Inland eingesetzt. Eine Beschäftigung im Inland ist hierin nicht zu erkennen.

Zum anderen wird die Anwendbarkeit des MiLoG auf ausländische Unternehmen auch unter dem Aspekt einer möglichen Unionsrechtswidrigkeit der Vorschrift diskutiert.Demnach verstoße die Ausdehnung des gesetzlichen Mindestlohns auf ausländische Arbeitgeber gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die hier maßgebliche Vorschrift (Art. 56 AEUV) verlange insbesondere auch die Aufhebung aller Beschränkungen, die geeignet sind, Tätigkeiten eines ausländischen Dienstleisters zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Die Vertreter dieses Ansatzes beziehen sich dabei auf die Rechtsprechung des EuGH zu Tariftreueregelungen. Danach stellt die Verpflichtung zur Zahlung eines Mindestentgelts eine zusätzliche wirtschaftliche Belastung dar, die nach Ansicht des EuGH geeignet ist, die Erbringung von Dienstleistungen in Deutschland zumindest weniger attraktiv zu machen.

Finanzgericht Berlin-Brandenburg bestätigt Zweifel an der Anwendbarkeit des MiLoG

Mit der Entscheidung des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg vom 7. Februar 2018 hat nun erstmals auch ein deutsches Gericht ernsthafte Zweifel an der Anwendbarkeit des MiLoG auf im EU-Ausland ansässige Unternehmen der Transport- und Logistikbranche und deren Arbeitnehmer artikuliert (Az.: 1 V 1175/17). Das Gericht setzte in dem Verfahren die Vollziehung einer Prüfungsverfügung einer Zollbehörde aus und begründete dies im Wesentlichen mit der weiterhin ungeklärten Streitfrage, ob das MiLoG auf ein im EU-Ausland ansässiges Unternehmen überhaupt Anwendung finden kann. Das Gericht sah die Rechtslage insoweit als offen an und befand, dass die Rechtsfragen zu komplex seien, um sie in dem Eilrechtsschutzverfahren zu entscheiden. Das Gericht betonte dabei, dass seine Entscheidung dazu führe, dass die Vorschriften des MiLoG „partiell nicht durchgesetzt werden können″; dies sei jedoch durch das Klageverfahren, d.h. das Hauptsacheverfahren (das sich dem Eilrechtsschutzverfahren anschließt), zu klären. Es bleibt abzuwarten, ob das Gericht, das auch über das Verfahren in der Hauptsache zu entscheiden hat, die streitgegenständlichen Fragen dem EuGH zur Entscheidung vorlegen wird.

Bereits zuvor hatte sich auch schon das Bundesverfassungsgericht mit der Frage der Anwendbarkeit des MiLoG auf ausländische Unternehmen befasst. Das Bundesverfassungsgericht musste die Frage jedoch im Ergebnis nicht entscheiden, da es die Verfassungsbeschwerde mehrerer ausländischer Transport- und Logistikunternehmen im Jahr 2015 bereits aus Zulässigkeitsgründen nicht zur Entscheidung angenommen hat (Az.: 1 BvR 555/15). Es stellte insofern nur fest, dass unklar sei, was unter einer Beschäftigung im Inland nach § 20 MiLoG zu verstehen ist und ob die Mindestlohnpflicht für ausländische Unternehmen der Transportbranche mit Unionsrecht zu vereinbaren sei.

Die Entscheidung des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg lässt bereits eine gewisse Tendenz erkennen, dass die Rechtsprechung eine Anwendbarkeit des MiLoG auf ausländische Unternehmen und somit auch auf Transitfahrten ablehnen könnte.

Grenzen der Anwendbarkeit des MiLoG bleiben weiterhin unklar

Auch wenn das Finanzgericht Berlin-Brandenburg die bestehenden rechtlichen Zweifel an der Anwendbarkeit des MiLoG auf ausländische Arbeitgeber teilt, bleibt die Frage in der Rechtsprechung weiterhin ungeklärt. Die Entscheidung des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg stützt jedoch die von diversen Seiten geäußerte Kritik an der Anwendbarkeit des MiLoG in den entsprechenden Fällen und wird von betroffenen Unternehmen sicher aufgegriffen.

In jedem Fall gilt: Solange keine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Thematik vorliegt, sollten sich Transport- und Logistikunternehmen – aufgrund der weitreichenden Pflichten nach dem MiLoG und den mit einem Verstoß hiergegen verbundenen empfindlichen Rechtsfolgen – mit dieser Thematik und möglichen Lösungen befassen.

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Geschäftsführer einer GmbH sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig

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Der GmbH-Geschäftsführer ist gemäß der einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften §§ 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG, 14 KSchG kein Arbeitnehmer. Die Frage, ob er sozialversicherungspflichtig ist, richtet sich ausschließlich nach den Regelungen des Sozialversicherungsrechts und hier mangels spezialrechtlicher Normen nach den allgemeinen Regeln.

Grundsatz der Sozialversicherungspflicht

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV sind in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften unter anderem Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, versicherungspflichtig. Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts ist definiert in § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV als die nicht selbstständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Durch den Zusatz „insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“ wird deutlich, dass eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auch in anderen Rechtsbeziehungen erbracht werden kann, so bei der Tätigkeit von Organen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV voraus, dass der Beschäftigte persönlich abhängig tätig ist. Die Stellung des Geschäftsführers zur GmbH bestimmt sich neben den Regelungen des GmbH-Gesetzes insbesondere nach dem Gesellschaftsvertrag und dem schuldrechtlichen Dienstvertrag des Geschäftsführers. Ausgangspunkt ist die gesetzliche Regelung des § 37 Abs. 1 GmbHG. Hiernach sind Geschäftsführer gegenüber der GmbH verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nicht ein anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind. Grundsätzlich unterliegt ein GmbH-Geschäftsführer daher den Weisungen der Gesellschafterversammlung, ist mithin weisungsabhängig tätig und unterliegt deshalb der Sozialversicherungspflicht.

Ausnahme bei Weisungsfreiheit

Von diesem Grundsatz erkennt das Bundessozialgericht Ausnahmen aufgrund gesellschaftsrechtlicher bzw. satzungsrechtlicher Regelungen, aufgrund Regelungen des schuldrechtlichen Geschäftsführerdienstvertrages oder diesen ergänzende Vereinbarungen an. Das BSG reduziert die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung von Geschäftsführern einer GmbH im Ergebnis auf die Frage, ob der Beschäftigte einem Weisungsrecht unterliegt oder ob er über die Rechtsmacht verfügt, ihm unangenehme Weisungen jederzeit verhindern zu können (BSG, Urteil v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R). Ist die GmbH als Arbeitgeberin in der Lage, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen, so ist von einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV auszugehen. Verfügt der Geschäftsführer dagegen über die Rechtsmacht, ihm nicht angenehme Weisungen zu verhindern, so ist regelmäßig von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen. Davon ist z.B. auszugehen, wenn der Geschäftsführer mindestens 50 % der Anteile der GmbH hält.

Bei Minderheitsgesellschaftern ist eine Sperrminorität erforderlich, um Weisungsfreiheit annehmen zu können. Eine Sperrminorität bezeichnet den Geschäftsanteil mit dem Gesellschafter oder Anteilshalter Beschlüsse verhindern können. Sie kann im Gesellschaftsvertrag und/oder im Anstellungsvertrag vereinbart werden. Diese Sperrminorität muss dabei ihrerseits so ausgestaltet sein, dass sie dem Minderheitsgesellschafter nicht ohne seinen Willen entzogen werden kann. In seinem Urteil vom 11. November 2015 hat es das BSG nicht für ausreichend erachtet, dass dem Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer in seinem Anstellungsvertrag mit der GmbH ein Vetorecht bei der Bestimmung weiterer Geschäftsführer und bei grundsätzlichen Entscheidungen, die die Geschäfte der GmbH betreffen, eingeräumt wurde. Das dem Geschäftsführer nur schuldrechtlich als Bestandteil des Anstellungsvertrags eingeräumte Vetorecht teile das rechtliche Schicksal des Anstellungsvertrags und sei insoweit nicht „kündigungsfest“ im Sinne uneingeschränkt damit verbundener Einflussmöglichkeiten (BSG, Urteil v. 11. November 2015 – B 12 KR 10/14 R).

Als weitere Ausnahme von der Sozialversicherungspflicht ist ebenfalls denkbar, dass der Geschäftsführer an der Gesellschaft nicht beteiligt ist, aber Anteile an einer Muttergesellschaft hält. Weiterhin ist denkbar, dass dem Geschäftsführer durch schuldrechtliche Vereinbarung eine weisungsfreie Tätigkeit ermöglicht wird, etwa im Rahmen des Geschäftsführerdienstvertrages.

Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 15. März 2018 – B 12 KR 13/17 R, B 12 R 5/16 R

Die geltende höchstrichterliche Rechtsprechung hat das BSG in zwei Urteilen erneut bestätigt.  Im ersten Fall verfügte der klagende Geschäftsführer lediglich über einen Anteil von 45,6 % am Stammkapital. Eine mit seinem Bruder als weiteren Gesellschafter der GmbH getroffene „Stimmbindungsabrede″ änderte an der Annahme der Sozialversicherungspflicht genauso wenig wie dessen Angebot an den klagenden Geschäftsführer, weitere Anteile zu erwerben. Im zweiten Fall verfügte der klagende Geschäftsführer sogar lediglich über einen Anteil von 12% des Stammkapitals. Das BSG bestätigte auch hier den Grundsatz der Sozialversicherungspflicht. Ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, sei nur dann nicht abhängig beschäftigt, wenn er die Rechtsmacht besitze, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen. Dies sei regelmäßig der Fall, wenn er mehr als 50 % der Anteile am Stammkapital halte (Mehrheitsgesellschafter). Ist der Gesellschafter kein Mehrheitsgesellschafter, sei eine abhängige Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht ausnahmsweise auch anzunehmen, wenn er exakt 50 % der Anteile halte oder bei einer noch geringeren Kapitalbeteiligung kraft ausdrücklicher Regelung im Gesellschaftsvertrag (Satzung) über eine umfassende („echte″/qualifizierte) Sperrminorität verfüge, sodass es ihm möglich sei, ihm erteilte Weisungen zu verhindern. Das war hier nicht der Fall.

In beiden Fällen betonte das BSG, dass es nicht darauf ankomme, dass ein Geschäftsführer im Außenverhältnis weitreichende Befugnisse und Freiheiten hinsichtlich der Arbeitsgestaltung habe. Entscheidend sei vielmehr der Grad der rechtlich durchsetzbaren Einflussmöglichkeiten auf die Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung.

Praxistipp: Gesellschaftsvertraglichen Regelungen und Vereinbarungen im Geschäftsführeranstellungsvertrag prüfen

Die höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt, dass die Geschäftsführertätigkeit von Minderheitsgesellschaftern regelmäßig nur dann sozialversicherungsfrei ist, wenn dem jeweiligen Gesellschaftsgeschäftsführer eine Sperrminorität eingeräumt ist. Diese muss beständig und umfassend sein, d.h. nicht ohne Zustimmung des Gesellschaftergeschäftsführers zurückgenommen werden können. Weiterhin muss es sich um eine Sperrminorität handeln, die für alle Gesellschafterbeschlüsse greift, welche die im Geschäftsführeranstellungsvertrag niedergelegten Rechte beeinträchtigen könnten. Dies ergeht so auch aus der Rechtsprechung der Instanzgerichte, die dem BSG folgen. Sie betonen, dass es für eine selbstständige Tätigkeit nicht ausreiche, wenn der Minderheitsgesellschafter als Geschäftsführer rein faktisch weisungsfrei agieren kann, diese Weisungsfreiheit aber nicht rechtlich abgesichert ist.

Für die rechtliche Absicherung ist weniger die Frage entscheidend, ob die Sperrminorität schuldrechtlich oder gesellschaftsrechtlich niedergelegt ist. Entscheidend kommt es darauf an, dass sie nicht ohne Zustimmung des Gesellschaftergeschäftsführers zurückgenommen werden könne. Dies ist z.B. nicht der Fall, wenn der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass ein dort geregeltes einstimmiges Stimmrecht jedes Gesellschafters durch jeden Beteiligten mit einer Frist von vier Wochen kündbar ist (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 18. Mai 2016 – L 4 R 296/15).

Um eine Selbständigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrecht zu gewährleisten, sollten die gesellschaftsvertraglichen Regelungen und die Bestimmungen des Geschäftsführeranstellungsvertrags so ineinander verschränkt werden, dass sie eine Weisungsfreiheit ergeben, die ohne Zustimmung des betroffenen Geschäftsführers nicht zurückgenommen werden kann. 

Es ist zudem noch darauf hinzuweisen, dass auch die in der Praxis häufig verwendete Konstellation eines Mehr-Personen-Verhältnisses in der Regel nicht zu einer Sozialversicherungsfreiheit führt. Bei einer solchen Gestaltung ist der jeweilige Geschäftsführer in einer A-GmbH alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer und somit von der Sozialversicherungspflicht eindeutig befreit. Die A-GmbH schließt nun mit der B-GmbH, bei der kein Geschäftsführeranstellungsvertrag besteht, einen Dienstleistungsvertrag, der vorsieht, dass der alleinige Gesellschafter der A-GmbH für die B-GmbH tätig wird. In einer solchen Konstellation wird überwiegend Sozialversicherungspflicht auch für die Tätigkeit bei der B-GmbH angenommen, wenn faktisch eine abhängige Beschäftigung besteht (vgl. hierzu z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 25. April 2017 – L 11 R 1911/16).

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